Schleusen des Panamakanals in Panama City
Reuters
Zu wenig Wasser

Panamakanal als Flaschenhals für Wirtschaft

Vor der Einfahrt in den Panamakanal stauen sich seit Monaten die Frachtschiffe. Grund ist der extrem niedrige Wasserstand in der wichtigen Wasserstraße in Mittelamerika. Wartezeiten seien nicht mehr kalkulierbar, heißt es. Reedereien weichen mittlerweile auf viel längere und damit teurere Alternativrouten aus. Wird der Panamakanal noch stärker zum Flaschenhals für die Schifffahrt, dürfte das die Weltwirtschaft deutlich spüren.

Der Kanal durchquert auf einer Länge von etwa 82 Kilometern die Landenge von Panama, verbindet den Atlantischen mit dem Pazifischen Ozeanen und erspart Schiffen die weitaus längeren Wege um das Kap Hoorn oder über die Magellanstraße weit im Süden Südamerikas.

Dem Kanal setzt allerdings zunehmend Trockenheit zu. Die Betreibergesellschaft Panama Canal Authority (Autoridad del Canal de Panama) hatte schon vor Monaten begonnen, die Zahl der Durchfahrten pro Tag zu reduzieren, erst von 36 auf 32 und zuletzt auf nur noch 18 pro Tag im November.

Trockenster Oktober seit 1950

Laut der Betreibergesellschaft war der Oktober der trockenste seit 1950. Verantwortlich für das Niedrigwasser sei das Wetterphänomen „El Nino“, das das Wasserreservoir für den Kanal versiegen lässt. Mit Stand Ende Oktober sei die Niederschlagsmenge um 41 Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt gelegen.

Fast ausgetrockneter See in Panama
APA/AFP/Luis Acosta
Der Oktober brachte die geringsten Niederschläge seit zumindest 73 Jahren

Der Wasserstand im Gatunsee, dem riesigen, für den Bau des Panamakanals angelegten Stausee, sei inzwischen auf einen Tiefststand gesunken, erklärt die Panamakanal-Behörde auf ihrer Website. Eine knapp 30 Kilometer lange Teilstrecke der Route führt durch den rund 425 Quadratkilometer großen Stausee. Er wurde durch die Aufstauung des Rio Chagres geschaffen.

Poker um die vorderen Plätze

Reeder mit großen Transportschiffen (Multipurpose Carrier, MPP) würden inzwischen auf andere Routen ausweichen, zumindest für die nächsten Monate, berichtete vor wenigen Tagen die Fachplattform Project Cargo Journal mit Sitz Rotterdam (Niederlande).

Wartende Schiffe vor der Einfahrt in den Panamakanal
APA/AFP/Luis Acosta
Ein seit Monaten gewohntes Bild: Schiffe warten tagelang auf die Einfahrt in den Kanal

Als erste große Reederei habe United Heavy Lift aus Hamburg eine entsprechende Entscheidung getroffen. Die wesentlichen Gründe: Das Niveau der Auktionen für die Durchfahrtsgenehmigungen (Passage-Slots) habe inzwischen ein „exorbitantes Niveau“ erreicht. Manche Reeder würden Unsummen bezahlen, damit ihre Schiffe vorgereiht werden.

Der Grund ist, dass regelmäßig sehr viele Schiffe in Warteposition sind – und auch das kostet viel Geld. Stichwort Wartezeit: Die Hamburger Reederei könne nicht abschätzen, wann Schiffe der Größe wie der ihren den Kanal wieder problemlos durchfahren können.

Größere Sorgen als das Weihnachtsgeschäft

Großbritannien sorgt sich, zumindest hieß es das am Donnerstag in der „Daily Mail“, wegen der Probleme am Panamakanal um Weihnachten – man fürchte einen Engpass bei Geschenken. „Dutzende große Containerschiffe“, beladen mit Smartphones, TV-Geräten und Gewand, säßen fest, Lieferungen würden Europa erst mit wochenlanger Verspätung erreichen.

Die Probleme könnten aber weit über das Weihnachtsgeschäft in Europa hinausgehen, räumte auch das britische Boulevardblatt ein – nämlich dann, wenn Reeder tatsächlich auf die viel längeren und teureren Alternativrouten vom Atlantik in den Pazifik und umgekehrt ausweichen müssen.

Vorerst kein Ende in Sicht

Staus im Panamakanal könnten weitreichende Folgen für die globalen Versorgungsketten haben, die Preise etwa für Lebensmittel und Treibstoffe könnten steigen, wenn Schiffe Verspätung haben. Die Probleme dürften sich bis zum Ende der kommenden Trockenzeit im Mai fortsetzen, vielleicht auch länger. Anstatt wie früher üblich den Kanal in acht bis zehn Stunden zu durchfahren, warteten Frachter aktuell ein, zwei Wochen.

Laut einem Bericht von Fox Weather, einem Kanal des US-Senders Fox News, vom Donnerstag warteten zuletzt an die 80 Transportschiffe auf die Einfahrt in den Panamakanal, die Konkurrenz sei enorm. Einige Reedereien hätten bis zu vier Millionen Dollar (rund 3,7 Mio. Euro) bezahlt, um in der Schlange vorgereiht zu werden. Der normale Auktionspreis habe sich vor einem Jahr umgerechnet um die 160.000 Euro bewegt, rechnete die „Daily Mail“ vor.

Nur teurere Alternative

Reeder könnten sich überlegen, ob sie warten wollen, viel Geld bezahlen wollen, um in der Warteschlange vorgereiht zu werden, oder aber die Routen südlich vorbei an Südamerika zu befahren, hieß es kürzlich in einem Bericht der Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg. Alles das koste Geld und mache Waren teurer. Der Flaschenhals Panamakanal werde wohl noch enger werden.

Containerschiffe beim Überqueren der dritten Schleuse auf der Pazifikseite des Panamakanals
IMAGO/imageBROKER/Diego Lezama
Schiffe in den Schleusen des Kanals. Alle anderen Routen, die Atlantik und Pazifik verbinden, sind viel länger.

Die nächste Zeit werde weniger Kapazitäten, mehr Fahrten, höhere Kosten und eine weniger effiziente Lieferkette bringen, zitierte Bloomberg den Vorstandvorsitzenden von British American Shipping, Paul Snell: „Jeder wird kreativ werden und sich überlegen müssen, was er macht.“

Der Panamakanal wurde am 15. August 1914 eröffnet, erste Anläufe für den Bau der Wasserstraße zwischen Atlantik und Pazifik waren in den 1880er Jahren erfolgt, die Idee dafür ist noch viel älter. Der Bau gestaltete sich schwierig, die Arbeiten waren enorm gefährlich, an die 5.600 Arbeiter kamen ums Leben. Bis 2010 fuhr eine Million Schiffe durch den Kanal, im Schnitt waren es an die 14.000 pro Jahr.