Ägyptischer Präsident Abdel Fattah al-Sisi
Reuters/Khaled Desouki
Ägypten wählt

Sisi trotz Krise vor dritter Amtszeit

Ab Sonntag wird im bevölkerungsreichsten Land der arabischen Welt gewählt. Inmitten der Wirtschaftskrise schreiten Millionen Ägypter und Ägypterinnen bis Dienstag zur Wahlurne. Erwartet wird, dass Amtsinhaber Abdel Fattah al-Sisi die Wahl für sich entscheiden wird. Seine Gegenkandidaten sind kaum bekannt, und der aussichtsreichste Oppositionelle sieht sich mit Schikanen und einem Prozess konfrontiert.

Seit zehn Jahren steht Sisi an der Spitze Ägyptens. 2013 war er nach einem Militärputsch an die Macht gekommen. 2014 wurde er zum ersten Mal zum Präsidenten gewählt und regiert den Staat seitdem mit harter Hand. Zu erwarten ist, dass ihn die Wahlbehörden auch diesmal mit großem Abstand zum Gewinner der Abstimmung erklären dürften. Nur dank einer Verfassungsänderung von 2019 darf er für eine dritte Amtszeit kandidieren, die zudem von vier auf sechs Jahre verlängert wurde, also bis 2030 dauern würde.

Ägypten hat etwa 105 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen, 65 Millionen davon sind Medienberichten zufolge wahlberechtigt. Weite Teile der Bevölkerung leiden unter starken Preissteigerungen und harten Sparmaßnahmen der Regierung. Nach offiziellen Zahlen lebt etwa ein Drittel der Bevölkerung in Armut, die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein.

Die Wahl, die nun über drei Tage stattfindet, hätte eigentlich erst im kommenden Jahr stattfinden sollen. Dass Sisi den Urnengang nun vorgezogen hat, erklären sich Fachleute mit der hohen Inflation. Sisi wolle im Amt bestätigt werden, bevor er Sparmaßnahmen einführt. Mit einem Wahlsieg könne er jeglichen Dissens über seine Vorhaben gegen die Inflation unterdrücken.

Opposition: Sisi verdrängt Wirtschaftskrise

Sisi präsentierte sich in den vergangenen Jahren bisher als Garant für Stabilität in einer unbeständigen Region. Auch in diesem Jahr setzt er im Wahlkampf auf Sicherheit – eine Botschaft, die angesichts des Kriegsausbruchs im Gazastreifen besonders viel Zuspruch erhält. Aber gegen die Wirtschaftskrise, die das Land heimsucht, hatte Sisi bisher keine geeigneten Mittel gefunden. Die Währung verlor seit März 2022 die Hälfte ihres Werts, die Inflation bewegt sich in Rekordhöhen.

Wahlplakat von Abdel Fattah al-Sisi an einem Markstand
APA/AFP/Khaled Desouki
Sisi will weitere sechs Jahre das Land regieren – seit 2013 steht er an der Spitze Ägyptens

Politisch gesehen sei die aktuelle Lage in Israel und im Gazastreifen für Sisi ein „ein gottgegebenes Geschenk“, heißt es aus der Opposition. So könne sich Sisi ins rechte Licht stellen und dabei die Wirtschaftskrise in den Hintergrund rücken lassen. Sisi hatte angekündigt, seinen Wahlkampf einzuschränken, um Gelder für die Gaza-Hilfe zu sparen. Örtliche Medien berichteten allerdings über riesige Wahlplakate mit seinem Gesicht an Straßenrändern und Gebäuden.

Der Kampagnensprecher von Sisi teilte in einem Fernsehinterview mit, dass der amtierende Präsident große Erfolge feiern konnte und sich großer Beliebtheit im Land erfreue. Allerdings sehen das nicht alle so. Nach der Ankündigung einer Kandidatur um eine dritte Amtszeit kam es an der Nordküste des Landes zu einem seltenen Protest. Dutzende junge Menschen rissen Banner von Sisi herunter und trampelten darauf herum. Ein Banner wurde angezündet, wie auf Videos zu sehen war.

Proteste sind in Ägypten äußerst selten. Die Meinungs- und die Versammlungsfreiheit in dem Land sind stark eingeschränkt, Demonstrationen sind faktisch verboten. Kritiker und Kritikerinnen werden in Ägypten Menschenrechtsaktivisten zufolge mit drastischen Methoden verfolgt und ihre Stimmen unterdrückt.

Schein einer Wahl aufrechterhalten

Sisis bisherige Wahlsiege waren deutlich. 2014 wurde er bei einer Wahlbeteiligung von 46 Prozent mit 97 Prozent der Stimmen zum ägyptischen Präsidenten gewählt. 2018 war die Wahlbeteiligung noch niedriger, Sisi gewann mit 97 Prozent der Stimmen den Urnengang. Bei beiden Wahlen berichteten Medien sowie Menschenrechtsaktivisten und -aktivistinnen von Behinderungen, Unstimmigkeiten und von möglichen Wahlfälschungen. Die Kampagne von Sisi betonte, dass die Wahlen frei und fair durchgeführt werden.

Ahmed el-Tantawy
Reuters/Amr Abdallah Dalsh
Ahmed Tantawi hat die Hürde für die Kandidatur nicht geschafft – wohl auch wegen diverser Schikanen

Sisis Konkurrent im Jahr 2018 war Musa Mustafa. Er kam auf knapp drei Prozent der Stimmen. Im Wahlkampf hatte der Gegenkandidat beteuert, er werde Sisi unterstützen. Der großteils unbekannte Politiker galt als Alibikandidat, um den Schein einer demokratischen Wahl aufrechtzuerhalten. Fünf Jahre später sieht es kaum anders aus. Die drei Kandidaten, die sich qualifizieren konnten, sind unbekannt und hielten sich mit Kritik an Sisi zurück.

Linker Oppositioneller schaffte Kriterien nicht

Kandidaten mussten von mindestens 20 Parlamentsmitgliedern unterstützt werden oder 25.000 Unterschriften von wahlberechtigten Bürgern und Bürgerinnen aus 15 verschiedenen Regionen des Landes sammeln. Das hat der aussichtsreichste Oppositionelle in Ägypten nicht geschafft. Ahmed Tantawi übte in der Vergangenheit scharfe Kritik an Sisi und gehörte zu den wenigen Parlamentsmitgliedern, die sich der Verfassungsreform von 2019 entgegenstellten.

Allerdings verfehlte Tantawi das Kandidaturziel. Zuvor waren Dutzende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Tantawi festgenommen worden. Zudem gab es Berichte über Schikanen gegen diejenigen, die ihre Unterschrift für den linken Oppositionellen leisten wollten, und darüber, dass sein Handy mit Spionagesoftware ausgespäht wurde. Nun läuft gegen Tantawi auch ein Prozess wegen angeblicher Verstöße im Zuge des Wahlprozesses.