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IMAGO/photothek/Sebastian Rau
Festhalten an Fossilen

Wirbel um OPEC-Brief bei COP28

Bei der Weltklimakonferenz in Dubai (COP28) sorgt der Aufruf der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC), jegliche Beschlüsse gegen fossile Energien zu blockieren, für Wirbel. Es sei „widerwärtig“, dass sich die OPEC-Länder ehrgeizigen Beschlüssen bei den Klimaverhandlungen entgegenstellten, sagte die Umweltministerin des derzeitigen EU-Ratsvorsitzlandes Spanien, Teresa Ribera, am Samstag in Dubai.

Bei ihrer Rede im High-Level-Segment hat Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Samstag vor dem Plenum der UNO-Klimakonferenz in Dubai bekanntgegeben, dass Österreich 35 Millionen Euro für Frühwarnsysteme und zur Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen zur Verfügung stellen wird. Davon geht der Großteil mit 20 Millionen Euro an den „Adaptation Fund“.

Anpassung sei wichtig, so Gewessler. Wenn man aber die Klimakrise nicht bekämpfe, sei eine Anpassung irgendwann nicht mehr möglich. Fossile Brennstoffe würden das Klima anheizen. „Deshalb sind wir vor allem auch gefordert, eine echte Energietransformation einzuleiten. Rein in die Erneuerbaren – und schnell und konsequent raus aus den Fossilen. Nur so schützen wir unseren einzigen Planeten, auf dem wir alle leben“, sagte Gewessler in ihrer Rede.

OPEC-Aufruf gegen Abkehr von Gas

Ein Brief der Organisation erdölexportierender Länder – der OPEC – mit der Aufforderung, jegliche Beschlüsse gegen fossile Energien zu blockieren, sorgt bei der Weltklimakonferenz für Wirbel. Es sei „widerwärtig“, dass sich die OPEC-Länder ehrgeizigen Beschlüssen bei den Klimaverhandlungen entgegenstellten, sagte die Umweltministerin des derzeitigen EU-Ratsvorsitzlandes Spanien, Teresa Ribera, am Samstag in Dubai.

EU fordert „produktives Ergebnis“

Zuvor hatte die OPEC mit einem Statement gegen den Ausstieg aus fossiler Energie für Disput gesorgt. Die EU setze sich mit einer „großen Mehrheit“ der fast 200 in Dubai vertretenen Länder dafür ein, dass „ein bedeutsames und produktives Ergebnis“ hinsichtlich einer Abkehr von klimaschädlichen fossilen Energien zustande komme, betonte Ribera.

In einem Brief, der der Nachrichtenagentur AFP nach eigenen Angaben vorliegt, hatte OPEC-Generalsekretär Haitham al-Ghais am Mittwoch an die 13 Mitgliedsstaaten seiner Organisation sowie weitere zehn mit ihr verbündete Länder geschrieben, es bestehe „äußerste Dringlichkeit“, sich in Dubai Beschlüssen zur Abkehr von fossilen Energien zu widersetzen.

„Proaktiver“ Widerstand eingefordert

„Es scheint, dass der ungerechtfertigte und unverhältnismäßige Druck gegen fossile Energien einen Kipppunkt mit unumkehrbaren Konsequenzen erreichen könnte“, zitierte die AFP weiter aus dem von Ghais an die OPEC-Länder versandten Schreiben. Sie sollten daher „proaktiv jeden Text oder jede Formulierung zurückweisen“, die sich grundsätzlich gegen fossile Energien richte.

Der Sprecher des irakischen Ölministeriums, Assem Dschihad, signalisierte AFP-Anfgaben zufolge die Unterstützung seines Landes für das OPEC-Schreiben. Bagdad weise „Versuche zurück, fossile Brennstoffe ins Visier zu nehmen und die Rechte der Erzeugerländer und ihrer Bevölkerung zu verletzen“.

„Erstaunt“ und „wütend“

Frankreichs Energieministerin Agnes Pannier-Runacher äußerte sich am Samstag „erstaunt“ und „wütend“ über das OPEC-Schreiben. Fossile Energien seien für mehr als 75 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, sagte die Ministerin in Dubai. „Wir müssen aussteigen, wenn wir die globale Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzen wollen.“ Das Beharren der OPEC gefährde „die schwächsten Länder und die ärmsten Bevölkerungsgruppen, die die ersten Opfer dieser Situation sind“.

Cansin Leylim von der US-Umweltorganisation 350.org erklärte, der „verzweifelte Widerstand“ der OPEC offenbare „ihre Angst vor einem Gezeitenwechsel“, der in den COP28-Diskussionen deutlich geworden sei. Eine Handvoll von 350.org-Aktivisten veranstaltete am Samstag einen kurzen Sitzstreik am OPEC-Pavillon bei der COP28.

Demo in Wien

Demonstriert wird am Samstag auch in Wien. Beim gemeinsamen Demozug von „Fridays For Future Wien“ und „Humus“ gibt es nach Angaben der Veranstalter mit „Full Fossil Phase Out Now“ eine eindeutige Botschaft. Die Europäische Union habe eine gewaltige Verhandlungsmacht und müsse ihrer Verantwortung sowohl bei der Weltklimakonferenz als auch daheim gerecht werden, so die Forderung vonseiten der NGOs.

„Nach 28 Jahren globaler Klimaverhandlungen ist die Zeit gekommen, wo wir das Problem beim Namen nennen müssen. Raus aus Kohle, Öl und Gas. So muss es auch im Abschlusstext stehen“, verdeutlichte Klimaaktivistin Paula Dorten in einer Aussendung vor dem Start der Demonstration.

„Nicht verhandelbar“

Das 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen sei „nicht verhandelbar“, und das bedeute „ein Ende der fossilen Brennstoffe“, sagte die Klimabeauftragte der Marshallinseln, Tina Stege, deren Land derzeit den Vorsitz der „High Ambition Coalition“ innehat. Zu der Allianz gehören neben im Klimaschutz ehrgeizigen Industrieländern auch zahlreiche vom Klimawandel stark betroffene Entwicklungs- und Inselstaaten.

„Nichts gefährdet den Wohlstand und die Zukunft aller Menschen auf der Erde, einschließlich aller Bürger der OPEC-Länder, mehr als fossile Brennstoffe“, warnte Stege.

„Nach wie vor ein dickes Brett“

Der kanadische Klimaminister Steven Guilbeault, der eine Schlüsselrolle in den Diskussionen auf der COP28 spielt, äußerte sich in einem AFP-Interview „ziemlich zuversichtlich“, dass fossile Brennstoffe im endgültigen Text erwähnt werden. Aber: „Egal, was in dem Text steht: Wir bewegen uns auf eine Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu“, sagte der Minister. Angesichts der weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien werde die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ohnehin abnehmen.

Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock sieht in den Bemühungen um mehr Klimaschutz nach wie vor viel Widerstand bei Ländern, die auf Brennstoffe wie Öl und Gas setzen. Es gehe darum, „den Weg aus der fossilen Welt“ zu beschreiben, sagte die deutsche Politikerin am Samstag in Dubai. „Das ist alles andere als einfach. Das ist nach wie vor ein dickes Brett, weil es immer noch diejenigen gibt, die ihre Machtpolitik aus der Vergangenheit auch in die Zukunft führen wollen, auch mit machtpolitischen fossilen Instrumenten.“

Die 28. UNO-Klimakonferenz soll offiziell am Dienstag enden. Am Freitag hatte die zweite Verhandlungswoche begonnen, bei der zahlreiche Regierungsvertreter, darunter auch Klimaschutzministerin Gewessler, in die politischen Verhandlungen direkt eingestiegen sind. Ruhig sei die Stimmung, und wenn auch nicht schlecht, so „von euphorisch weit entfernt“, resümierte sie. „Bitte, lasst uns die Arbeit beenden“, betonte COP-Präsident Ahmed al-Dschaber zum Auftakt der zweiten Verhandlungswoche und hielt ein „beispielloses Ergebnis“ für möglich.

Aserbaidschan wohl nächster COP-Gastgeber

Aserbaidschan kann nach eigenen Angaben indes die nächste Weltklimakonferenz ausrichten. „Ich freue mich zu verkünden, dass es einen allgemeinen Konsens über Aserbaidschans Kandidatur für die Ausrichtung der COP29 gibt“, erklärte der Umweltminister des öl- und gasreichen Landes, Muchtar Babajew, am Samstag in einer Rede in Dubai. Zuvor hatten Armenien und Bulgarien ihre Bewerbungen für die Ausrichtung der Konferenz Ende kommenden Jahres zurückgezogen.

Dass Armenien und Aserbaidschan um die Rolle des Gastgeberlandes konkurriert hatten, hatte dazu beigetragen, dass die Entscheidung über den nächsten Ausrichtungsort der UNO-Klimaverhandlungen monatelang blockiert war. Am Donnerstag verkündeten die beiden seit Jahrzehnten verfeindeten Länder jedoch gemeinsame vertrauensbildende Maßnahmen für eine Annäherung.

Dazu zählt auch, dass Armenien seine Bewerbung für die Ausrichtung der Weltklimakonferenz 2024 zurückzog. In der Folge verzichtete auch das EU-Land Bulgarien „im Geiste des guten Willens“ auf seine Kandidatur.