Zentrale der Deutschen Bahn in der deutschen Hauptstadt Berlin
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Nach Staatshilfen 2022

Empörung über Boni bei Deutscher Bahn

Der Fahrbetrieb bei der Deutschen Bahn (DB) hat sich nach dem Warnstreik Ende letzter Woche wieder normalisiert, pünktlich mit dem Winterfahrplan macht sie allerdings erneut Schlagzeilen. Der Grund diesmal: nachträgliche Boni für das Management in Höhe von fünf Millionen Euro auf Basis eines eigenen Vergütungssystems. Das Medienecho in Deutschland ist groß.

„Trotz Ausfällen und Verspätungen“ gebe es nachträglich für 2022 fast fünf Millionen Euro „variable Vergütung“ für den Vorstand der DB, wie die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) am Montag titelte. So werden Prämien oder Boni bei den deutschen Staatsbetrieben genannt. „Boni trotz verfehlter Ziele: Weitere Millionen für die Bahnchefs“, hieß es in einem Exklusivbericht des Norddeutschen Rundfunks (NDR).

NDR, Westdeutscher Rundfunk (WDR) und „SZ“ hatten nach eigenen Angaben Einsicht in entsprechende Unterlagen bzw. Berechnungsmodelle: Bisher „geheim gehaltene Dokumente zeigen, wie sich die Summen errechnen“, berichtete die „Tagesschau“ am Montag.

Kreatives Rechenmodell

Möglich mache das ein eigenes Berechnungsmodell, das „alte Vergütungssystem“, wie die „SZ“ schrieb. Laut diesem können Bereiche, in denen Ziele verfehlt wurden, mit solchen, in denen das Soll erreicht wurde, praktisch gegengerechnet werden. Es gebe folglich Boni trotz Verfehlung etwa der Ziele bei Pünktlichkeit und Kundenzufriedenheit.

Abgestellte Züge vor dem Frankfurter Hauptbahnhof
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Boni für den DB-Vorstand stoßen in Deutschland auf kein positives Echo

Das Echo in der „SZ“ war am Montag nicht sonderlich positiv. Die DB sorge auch ohne Schneechaos und Streiks wie zuletzt „für viel Verdruss. Die Liste der Ausfälle und Verspätungen ist lang. Kein Zugverkehr, Beeinträchtigungen im Fahrplan“. Einmal liege das „an Bauarbeiten im teils maroden Schienennetz, mal funktioniert die Technik nicht, mal fällt Personal aus. Viele Fahrgäste sind frustriert.“ Trotzdem gebe es nun einen „kräftigen Nachschlag“ für das Management.

Mit Ende der Strompreisbremse fließt das Geld

Der Hintergrund: Bei den Ansprüchen des Vorstands auf Boni handelt es sich um alte Anrechte aus dem Vorjahr. Die Prämien waren 2022 nicht ausbezahlt worden, weil die DB quasi Subventionsempfängerin war und die Strompreisbremse, die es auch in Deutschland gibt, in Anspruch genommen hatte.

Ein entscheidendes Detail: Die Strompreisbremse läuft in Deutschland Ende des Jahres aus, dann entfielen – auch für 2022 – die Einschränkungen auch für Unternehmen, „die sich vom Staat helfen ließen“, wie die „SZ“ schrieb. Das bedeute, DB-Chef „Richard Lutz und die anderen Vorstandsmitglieder haben Anspruch auf die für das Geschäftsjahr 2022 zurückgehaltenen Tantiemen. Das Staatsunternehmen muss sie auszahlen.“

Auch Ex-CDU-Generalsekretär bekommt noch Geld

Dass Lutz und seine acht Kolleginnen und Kollegen im Vorstand „auf diese Boni verzichten, ist nicht absehbar“. Eine Anfrage der „SZ“ sei unbeantwortet geblieben. Die Boni werden auf rund vier Millionen Euro Grundgehalt für die neuen Vorstandsmitglieder aufgeschlagen, sie bekommen damit insgesamt neun Millionen Euro. Auch Ronald Pofalla, seinerzeit Kanzleramtsminister unter der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und CDU-Generalsekretär, soll für seine Zeit im DB-Vorstand, die im letzten Jahr endete, 245.000 Euro bekommen.

Laut den deutschen Medienberichten übertraf die DB die eigenen Ziele im Bereich „Frauen in Führung und Mitarbeitenden-Zufriedenheit“ 2022 geringfügig. Der Bonus für diesen Bereich sei aber offenbar deutlich erhöht worden: auf 175 Prozent, hieß es. Die damaligen Konzernvorstände sollen allein für dieses Ziel rund 1,6 Millionen Euro erhalten.

Beste Noten und „Fahrgastverdruss“

Auch beim Thema CO2-Einsparung habe die DB ihr selbst gestecktes Ziel den Unterlagen zufolge übererfüllt, und zwar um zwei Prozentpunkte, berichteten NDR, WDR und „SZ“. Dafür soll Lutz knapp 440.000 Euro an Bonuszahlungen erhalten. Über das Bonussystem bei der DB entscheidet der Aufsichtsrat, in dem Vertreter der deutschen Bundesregierung und der Gewerkschaften sitzen. „Die drei guten und besten Noten führten dazu, dass es jetzt trotz des Fahrgastverdrusses wegen unpünktlicher Züge die Tantiemen gibt.“

Deutsche-Bahn-Vorstandschef Richard Lutz
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Auch für DB-Chef Richard Lutz gibt es einen Bonus

Das System soll allerdings im kommenden Jahr umgestellt werden. DB-Vorstände hätten dann einen höheren Anteil ihres Gehalts als Fixum, der Anteil der Boni solle sinken. Die DB erklärte gegenüber dem Recherchenetzwerk, zu Angelegenheiten des Aufsichtsrats äußere sich das Unternehmen nicht.

Im Konzernbericht für 2022 heißt es, die Gesamtvergütung der Vorstandsmitglieder bestehe aus einer fixen Grundvergütung, einer erfolgsabhängigen Jahrestantieme und einem langfristigen Bonusprogramm mit mehrjähriger Bemessungsgrundlage. Im Fokus dieser langfristigen Anreize stünden „langfristige verkehrs- und klimapolitische Ziele sowie die nachhaltige Bonität und Rentabilität des DB-Konzerns“. Planlaufzeit sind jeweils vier Jahre.

Streiks: Im Clinch mit Lokführergewerkschaft

Die DB beschäftigt aktuell noch ein anderes Thema: Streiks. Die Verhandlungen über den Kollektivvertrag (KV), in Deutschland Tarifvertrag, mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) sind festgefahren, von Donnerstag auf Freitag gab es einen Streik sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr, nur ein Notfahrplan blieb aufrecht, alle anderen Züge im Fern-, Nah- und Schnellbahnverkehr fielen aus.

Eingeschneiter ICE-Zug der Deutschen Bahn am Bahnhof München
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Wetter setzte der DB zusätzlich zu

Der Streik der GDL war bereits der zweite in der diesjährigen Tarifrunde. Über Weihnachten und bis zum 7. Jänner will die GDL nun nicht mehr streiken, danach könnten die Züge allerdings auch einmal länger als einen Tag stehen bleiben, hieß es zuletzt. Eine Urabstimmung über unbefristete Streiks läuft. Damit nicht genug, hatten in den beiden letzten Wochen Schnee und Eis der DB vor allem im Süden Deutschlands zugesetzt, zahlreiche Verbindungen fielen aus.