Nach oben fotografierter Innenhof eines Wohnhauses
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Zu spät, zu wenig

Kritik vor Beschluss der Mietpreisbremse

Ende August hat sich die Bundesregierung auf einen Mietpreisdeckel verständigt. Er soll den Anstieg der Kategorie- und Richtwertmieten und der Mieten im gemeinnützigen Wohnbau in den nächsten Jahren bremsen. Vor dem geplanten Beschluss noch diese Woche wird einmal mehr Kritik an der aktuellen Variante laut: Zu spät, zu wenig, „Tropfen auf dem heißen Stein“, ein „Mietenstopp“ müsse her, heißt es.

Im ursprünglichen Gesetzesentwurf hieß es, dass die Richtwert- und Kategoriemieten laut Mietrechtsgesetz (MRG) im Altbau, am häufigsten in Wien, sowie im gemeinnützigen Miet- bzw. Genossenschaftswohnbau in den Jahren 2024 bis 2026 um maximal fünf Prozent pro Jahr angehoben werden dürften – und nur einmal pro Jahr. Am Dienstag wurde der Gesetzesvorschlag noch einmal adaptiert.

Bisher wurden die Richtwerte bei Verträgen mit Wertsicherungsklausel kumuliert alle zwei Jahre und mit Stichtag 1. April an die Inflationsrate angepasst. Laut Bundesregierung betrifft der Deckel 1,25 Millionen Verträge. Wer allerdings nicht davon profitiert, sind Mieterinnen und Mieter in freien Verträgen im Neubau. Laut Mietervereinigung Österreichs (MVÖ) sind das an die 425.000 Vertragsverhältnisse – und das ist nur ein Kritikpunkt.

Noch eine Änderung

Zuletzt hieß es, ÖVP und Grüne wollten die Bremse für 2024 und 2025 auf 2,5 Prozent Mieterhöhung pro Jahr bzw. maximal fünf Prozent für zwei Jahre einziehen. Im darauffolgenden Jahr solle die Erhöhung auf fünf Prozent begrenzt werden, wie aus einem Abänderungsantrag zu dem Mietendeckel hervorgeht. Wesentliche Änderung gegenüber dem ursprünglichen Plan: Für 2024 entfallen die Erhöhungen bei den Kategoriemieten.

Für alle geregelten Mietverhältnisse werde mit der Änderung garantiert, dass die Erhöhungen auf das Jahr gerechnet nicht höher als 2,5 Prozent ausfallen, sagte die grüne Abgeordnete Nina Tomaselli am Montag der APA. Am stärksten dürfte der Deckel bei gemeinnützigen Wohnungen greifen, für die 2024 auf Basis der Inflation von 2022 und 2023 eine besonders kräftige Erhöhung zu erwarten gewesen wäre.

Neue Berechnungsmethode ab 2027

Ab 2027 soll außerdem wie bereits angedacht ein neues Valorisierungssystem gelten, wie aus dem Antrag weiter hervorgeht. Für die Mietzinserhöhungen soll dann nicht mehr die Vorjahresinflation herangezogen werden, sondern der Mittelwert der Teuerung der vergangenen drei Jahre.

Zimmer einer Altbauwohnung
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Ab 2027 soll eine neue Berechnungsmethode gelten

Übersteigt die Inflationsrate fünf Prozent, „ist der fünf Prozentpunkte übersteigende Teil nur zur Hälfte zu berücksichtigen“, heißt es in dem Abänderungsantrag. Damit könne man eine weitere Mietkostenexplosion abfedern, sollte die Inflation in der Zukunft erneut kräftig anziehen, so Tomaselli am Montag. Beschlossen werden soll der Mietpreisdeckel laut Vorschau für die Plenarwoche am Freitag.

„Wir sorgen für Entlastung“

„Wir sorgen für Entlastung, auch bei den Mieten“, sagte ÖVP-Wohnbausprecher Johann Singer anlässlich des im Ausschuss für Bauten und Wohnen beschlossenen Abänderungsantrages zum 3. Mietrechtlichen Inflationsmilderungsgesetz (3. MILG) am Dienstag.

„Der nun gesetzte Schritt gilt für die nächsten drei Jahre – damit erhöhen wir die Planbarkeit für den größten Teil der Mieterinnen und Mieter, und ihnen bleibt mehr Geld in den Brieftaschen.“ Die Entlastung, so die ÖVP, betreffe 1,25 Millionen Verträge bzw. 2,5 Millionen Mieter.

Keine „Bremse“ bei freien Verträgen

Einen rückwirkenden Mietpreisdeckel, wie ihn der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die Arbeiterkammer (AK) fordern, wird es allerdings nicht geben. Bereits erfolgte Mietzinssteigerungen werden folglich nicht rückgängig gemacht. Ebenso enthält der Antrag, der als einfaches Gesetz – also ohne Zweidrittelmehrheit – beschlossen werden kann, keine Eindämmung der Preise von freien Mietverträgen. Ursprünglich hatte die schwarz-grüne Koalition auch Maßnahmen für diese Kategorie in den Raum gestellt.

Wärmedämmung an einem Neubau
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Kritik an fehlender Bremse im Neubau

„Mietenstopp muss kommen“

ÖGB und AK forderten Nachbesserungen. Der Deckel bei fünf Prozent sei mittlerweile de facto wirkungslos, da die Inflation demnächst unter diesen fünf Prozent liegen werde, so die ÖGB-Ökonomin Angela Pfister. „Ein Mietenstopp muss kommen, solange die Inflation so hoch ist – und zwar rückwirkend“, so Pfister am Montag in einer Aussendung

Es müssten „also die enormen Erhöhungen der letzten Jahre zurückgenommen und für die Zukunft auf maximal zwei Prozent begrenzt werden“. Laut Berechnungen der AK steigen die freien Mieten von 2022 bis 2026 um 29 Prozent, die Richtwertmieten um 24 und die Kategoriemieten um 34 Prozent. „Die Mietpreisbremse kommt zu spät und ist zu wenig, denn die größten Mietteuerungen waren schon 2022 und 2023“, so AK-Präsidentin Renate Anderl am Dienstag in einer Aussendung.

Für Gemeinnützige trifft Deckel die Falschen

Kritik an der Regelung kam neuerlich auch von den gemeinnützigen Bauträgern. So werde bei deren „ohnehin günstigen Mieten“ angesetzt, während die hohen Marktmieten der privaten Vermieter weiter ungebremst steigen könnten, hieß es in einer Mitteilung des Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen Österreichs (GBV).

Hinzu komme, dass der Mietpreisdeckel zu deutlichen Einnahmenausfällen führe und der Neubau von bezahlbaren Wohnungen sowie die Sanierung des Altbestandes dadurch noch schwieriger würden. Der Deckel „trifft die Falschen“, die „wahren Preistreiber“ seien nicht unter den Gemeinnützigen zu finden.

„Ein Schritt nach vorne und vier Schritte zurück“

Mit Kritik meldete sich auch die MVÖ zu Wort. Auch der neue Vorschlag der Bundesregierung halte nicht, was er verspreche. Positiv strich die Interessenvertretung hervor, dass die Kategoriemieten erst 2025 statt schon im nächsten Jahr erhöht werden sollen. Aber: „Leider folgt auf die kurzfristige Verbesserung auf längere Sicht eine systematische Schlechterstellung.“

Der Mietendeckel sei „ein Schritt nach vorne, weil die Regierung mit ihrem Handeln endlich einräumt, dass die Miethöhen in Österreich zum Problem geworden sind. Vier Schritte zurück, weil es bedauerlich ist, dass erstens selbst nach Jahren keine Lösung für ungeregelte Mietverhältnisse getroffen wurde, dass zweitens Kategoriemieter, drittens Richtwertmieter und viertens Genossenschaftsmieter durch die jährliche Erhöhung systematisch schlechter gestellt werden als bisher.“

„Tropfen auf dem heißen Stein“

„Für Richtwertmieten ändert sich gegenüber dem bisherigen Regierungsentwurf gar nichts“, kritisierte die SPÖ in einer Aussendung. „Richtwertmieten wären 2024 ohnedies nicht erhöht worden – bereits nach bisheriger Gesetzeslage nicht.“ Dazu komme, dass die Erhöhung der Kategoriemieten laut Regierungsantrag nur aufgeschoben und nicht ausgesetzt werden soll, monierte SPÖ-Klubobmann Philip Kucher.

Von der SPÖ Wien hieß es am Dienstag in einer Aussendung, die Maßnahme sei „ein Tropfen auf dem heißen Stein“ und „Showpolitik“. Sie entlaste die Menschen bei Weitem nicht ausreichend, es brauche einen Deckel wie in Wien, wo die Bundeshauptstadt die Valorisierung der Kategorie- und Richtwertmieten in den Gemeindebauten für die beiden kommenden Jahre ganz ausgesetzt habe.

FPÖ: „Echter Mietenstopp wäre erforderlich“

Für die FPÖ kommt die Mietpreisbremse zu spät, schließlich sei die hohe Inflation bereits in den Mieten eingepreist. Wie bereits im Vorfeld angekündigt werde die FPÖ der schwarz-grünen Mietpreisbremse nicht zustimmen, teilten die Freiheitlichen in einer Aussendung mit.

Die Mietpreisbremse komme „erst dann, wenn augenscheinlich der schlimmste Inflationstsunami bereits in die Mieten eingepreist wurde. Die fünfprozentige Schwelle ist deutlich zu hoch – die Menschen können sich das Wohnen jetzt schon nicht mehr leisten. Ein echter Mietenstopp wäre erforderlich.“