Sitzung der UNO-Klimakonferenz in Dubai
IMAGO/TT/Henrik Montgomery
Abkehr von fossiler Energie

Freude und Ärger nach COP28-Einigung

Der bei der UNO-Klimakonferenz (COP28) in Dubai erzielte Kompromiss zur Abkehr von fossilen Brennstoffen sorgt bei Politik, Fachleuten und NGOs für gemischte Reaktionen. Während Konferenzpräsident Ahmed al-Dschaber von einem „historischen Paket“ sprach, hätten sich einige Staaten, darunter Österreich, den vollständigen Ausstieg aus Öl, Kohle und Gas erhofft. Empört zeigten sich die besonders bedrohten Inselstaaten.

Beim Beschluss fühlten sie sich übergangen, hieß es. Samoas Chefverhandlerin Anne Rasmussen sagte im Namen der kleinen, vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Inseln vor dem Plenum, die Gruppe der Inselstaaten habe sich noch koordinieren müssen und sei nicht rechtzeitig im Raum gewesen, um Stellung zu beziehen. Rasmussen zufolge sei „ein schrittweiser Fortschritt“ erreicht worden, gebraucht werde aber ein „exponentieller Schritt zum Wandel“.

Der Abschlusstext zur globalen Bestandsaufnahme, dem „Global Stocktake“, würde Dschaber zufolge die Pariser Klimaziele in Reichweite halten, also die Erderwärmung bis 2050 auf 1,5 Grad zu begrenzen. Der „Global Stocktake“ überprüft im Fünfjahresrhythmus die Umsetzung der nationalen Klimaziele, die sich Staaten zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens gegeben haben, und fand jetzt zum ersten Mal statt.

COP28 einigt sich auf Schlussdokument

Die Weltklimakonferenz (COP28) in Dubai hat einen Beschluss zum „Übergang“ weg von fossilen Energien gefällt. COP-Präsident Ahmed al-Dschaber verkündete die Entscheidung im Konferenzplenum, nachdem keines der fast 200 Länder Einwände erhoben hatte.

Nach einer zweiten Verhandlungsnacht hatte der COP-Präsident Mittwochfrüh den überarbeiteten zentralen Beschlusstext vorgelegt. Er ruft zu einem „Übergang weg von fossilen Energieträgern in den Energiesystemen“ auf und ist damit der erste Beschluss einer UNO-Klimakonferenz, der die Zukunft aller fossilen Energien betrifft – neben Kohle also auch Erdöl und Erdgas.

„Zeitalter fossiler Brennstoffe muss enden“

„Die Wissenschaft sagt uns, dass eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad ohne den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unmöglich ist. Das wurde auch von einer wachsenden und breiten Koalition von Ländern auf der COP28 anerkannt“, schrieb UNO-Generalsekretär Antonio Guterres auf X (Twitter). „Das Zeitalter fossiler Brennstoffe muss enden – und es muss mit Gerechtigkeit enden.“

UNO-Klimachef Simon Stiell würdigte den Beschluss als Schritt in die richtige Richtung – der aber nicht ganz ausreiche. Zugleich verwies er nach den hitzigen Debatten der vergangenen zwei Wochen auf die Schwierigkeit, unter allen Regierungen Konsens herzustellen.

Er verwies auch auf die Fortschritte, die durch die UNO-Konferenzen der letzten Jahrzehnte erreicht worden waren. „Ohne sie stünde uns eine Erderwärmung um fast fünf Grad bevor, ein klares Todesurteil für unsere Spezies.“ Derzeit steuere der Planet auf eine Erhitzung auf knapp drei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu. „Das bedeutet immer noch großes menschliches Leid, weshalb die COP28 noch einen Schritt hätte weiter gehen müssen.“

EU und USA: Zufrieden trotz Zugeständnissen

Die EU äußerte sich trotz des abgeschwächten Beschlusstexts zufrieden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sah in dem Ergebnis „eine gute Nachricht für die ganze Welt“, da nun ein multilaterales Abkommen vorliege, das die Emissionsreduzierung bis 2050 auf null beschleunigen werde, „mit dringenden Maßnahmen in diesem kritischen Jahrzehnt“. „Zum ersten Mal nach 30 Jahren könnten wir jetzt den Anfang vom Ende der fossilen Energieträger erreichen“, sagte EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra.

Weltklimakonferenz

Bei der Conference of the Parties (COP) kommen die EU und die 197 beteiligten Staaten zusammen, die 1992 in Rio de Janeiro die UNO-Rahmenkonvention zum Klimawandel unterzeichnet haben. Die COP findet jährlich in einer anderen Stadt statt, die zweiwöchigen Verhandlungen dienen der Formulierung eines Beschlusstextes.

US-Klimabeauftragter John Kerry gab sich ebenfalls zufrieden, auch wenn sich seine Regierung klarere Formulierungen im Abschlusstext gewünscht hätte. Kerry erinnerte an die Erkenntnisse der Wissenschaft: Um das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel bei der Erderwärmung zu halten, müsse die Menschheit die Emissionen bis 2030 um mindestens 43 Prozent und bis 2035 um 60 Prozent reduzieren.

Er kündigte zusammen mit der chinesischen Delegation an, dass beide Staaten ihre langfristigen Klimaschutzstrategien erneut aktualisieren wollen. China und die USA sind die beiden größten Verursacher klimaschädlicher Treibhausgase.

Gewessler: „Der Hammer ist gefallen“

„Der Hammer ist gefallen, der Beschluss ist gefasst“, sagte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne). „Die Welt verabschiedet sich von den fossilen Energien. Das ist ein riesiger Schritt nach vorne“, hielt Gewessler fest. Diese Worte würden eine neue Ära im globalen Klimaschutz einleiten, denn erstmals benenne die Weltklimakonferenz die Ursache der Klimakrise konkret und unmissverständlich.

Kein UNO-Kompromiss sei „perfekt, aber dieser bringt uns einer Welt näher, in der wir das Ziel, die globale Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, noch erreichen“, schrieb Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der seinen COP28-Besuch krankheitsbedingt absagen musste, auf X. Die Erwartungen an die Klimakonferenz waren gering, lautete das Fazit vonseiten der SPÖ. NEOS-EU-Abgeordnete Claudia Gamon unterstrich die Rolle der EU und betonte zugleich, dass sich zurückzulehnen keine Option sei. Als „Jahrmarkt der Eitelkeiten“ wurde die Konferenz vom FPÖ-EU-Abgeordneten Roman Haider bezeichnet.

Saudi-Arabien äußerte hingegen im Namen der arabischen Gruppe „Dankbarkeit“ für den Kompromiss. Saudi-Arabien und andere Ölstaaten hatten sich gegen den Beschluss einer vollständigen weltweiten Abkehr von Öl, Kohle und Gas vehement gewehrt.

Der Konferenzbeschluss ruft zu einer Verdreifachung der weltweiten Kapazitäten an erneuerbaren Energien bis 2030 und einer Verdopplung der Energieeffizienz im gleichen Zeitraum auf. Er enthält aber auch Verweise auf „Übergangsenergien“ wie Erdgas und die umstrittenen Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO2, was Umweltorganisationen als Hintertür zur Verzögerung der Energiewende kritisieren.

Sitzung der UNO-Klimakonferenz in Dubai
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Der erzielte Kompromiss zur Abkehr von fossilen Brennstoffen sorgt für ein geteiltes Echo

NGO-Reaktionen fallen durchwachsen aus

Die Allianz für Klimagerechtigkeit, eine Plattform von 27 zivilgesellschaftlichen Organisationen in Österreich, begrüßte zwar den Appell zum Ende der fossilen Energie, ortete aber auch „gefährliche Scheinlösungen“. Die notwendige Unterstützung für besonders von der Erderhitzung betroffene und geschädigte Menschen werde anerkannt, reiche jedoch bei Weitem nicht für die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte, die Ziele für Anpassungsmaßnahmen seien „zahnlos“.

„Die fossile Industrie, die mit ihrem skrupellosen Handeln das Klima zerstört und Menschenleben bedroht, hat ein Ablaufdatum erhalten. Das ist ein wichtiger Schritt nach vorne und ein echter Hoffnungsschimmer am Horizont“, zog Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace Österreich, Bilanz. Besorgniserregend sei jedoch, dass das Abschlussdokument Schlupflöcher enthält, auch Greenpeace kritisierte, dass „Scheinlösungen wie der Kohlenstoffspeicherung oder Atomkraft Tür und Tor“ geöffnet würden.

„Der Arbeitsauftrag für (Europaministerin Karoline, ÖVP, Anm.) Edtstadler und (Finanzminister Magnus, ÖVP, Anm.) Brunner ist klar: Ein lückenfreier Klimaplan und Ausstieg aus allen klimaschädlichen Subventionen in Österreich muss jetzt folgen“, so Klara König von „Fridays for Future“ Österreich (FFF). Sven Harmeling, klimapolitischer Leiter von CARE International, hielt fest, dass das Zeitalter der fossilen Brennstoffe zu Ende gehe, doch „leider haben die Länder im Globalen Süden noch nicht die Unterstützung erhalten, die sie zur Bewältigung der Klimakrise benötigen“.

Expertin: „Reines Greenwashing“

Die COP28 stehe keinesfalls für einen historischen Durchbruch, sagte Experte Reinhard Steurer der APA. Klimaforscher Daniel Huppmann sprach im Ö1-Mittagsjournal von einem „wichtigen Signal“, Forscherin Helga Kromp-Kolb von „einem Schritt weiter“, aber „dass er nicht ausreichend ist, liegt auf der Hand“.

Das Schlussdokument der COP28 trage der Dramatik und der Größe der Bedrohung durch die drohende Klimakatastrophe keinesfalls Rechnung, hieß es von „Scientists for Future“ in einer Mitteilung. Doch der klare Aufruf zu einem Ausstieg aus fossilen Energien sei ein „sehr wichtiges und längst überfälliges Signal“.

„Die COP28-Klimakonferenz war reines Greenwashing“, sagte die Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Es ist kein ‚historisches Paket‘, wie der Konferenzpräsident behauptet – weder im positiven noch im negativen Sinne.“