Ältere Personen auf Straße
ORF.at/Dominique Hammer
OECD-Vergleich

Nur in zwei Ländern früherer Pensionsantritt

Eine aktuelle Auswertung der OECD zeigt einen wohlbekannten Befund: In Österreich wechseln die Menschen im internationalen Vergleich früh aus dem Arbeitsleben in den Ruhestand. Unabhängig von dieser Aussendung, aber fast gleichzeitig, beschloss der Nationalrat mit den Stimmen der Regierungsparteien Anreize für längeres Arbeiten.

Während das durchschnittliche Pensionsantrittsalter 2022 im OECD-Raum bei Männern bei 64,4 Jahren und bei Frauen bei 63,6 Jahren lag, traten in Österreich Männer ihre Pension mit 61,6 Jahren, Frauen mit 60,9 Jahren an. Nur in Frankreich und Belgien ist die Schere zwischen dem gesetzlichen und dem effektiven Pensionsantrittsalter bei den Männern größer als hierzulande, wo die Differenz 3,4 Jahre beträgt, so ein weiteres Ergebnis der am Mittwoch veröffentlichten OECD-Studie „Pensionen auf einen Blick“ („Pensions at a Glance“).

Parallel zum früheren Pensionsantritt ist die Lebenserwartung nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt in Österreich mit 21,6 Jahren für Männer und 25,5 Jahren für Frauen spürbar höher als im OECD-Schnitt, wo Männer erwartungsgemäß noch 18,6, Frauen 22,8 Jahre in der Pension leben.

Bei Kosten auf Rang vier

Dementsprechend sind auch die Staatsausgaben in Österreich im Vergleich der Industriestaatengruppe vergleichsweise hoch. Die höchsten staatlichen Ausgaben für Pensionen gab es im Jahr 2019 in Italien und Griechenland mit jeweils rund 16 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Dahinter folgten Frankreich (13,4) und Österreich mit 13 Prozent des BIP. Im Allgemeinen geben diese Länder zwischen einem Viertel und einem Drittel der gesamten öffentlichen Ausgaben für Pensionen aus. Am anderen Ende des Spektrums liegen Chile, Island, Irland, Korea und Mexiko, wo weniger als vier Prozent des BIP für staatliche Pensionen ausgegeben werden. In 22 der 38 OECD-Staaten wird die Pension automatisch an die Inflation angepasst.

In 23-OECD-Staaten ist die Erhöhung des regulären Pensionsantrittsalters geplant, wodurch das durchschnittliche Pensionsalter von heutigen Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern auf 66,3 Jahre bei Männern und 65,8 Jahre bei Frauen steigt.

Grafik zum Pensionsantrittsalter
Grafik: APA/ORF; Quelle: OECD

OECD: Mehr Prävention und Fortbildung

Die OECD empfiehlt, angesichts des steigenden Anteils der Bevölkerung ab 65 Jahren die Beschäftigung und Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitskräfte zu fördern.

Wichtig sind dabei laut OECD vor allem gesundheitliche Prävention und Weiterqualifizierung, damit die Arbeitskräfte in eine weniger belastende Tätigkeit wechseln können, bevor ihre Gesundheit leidet.

NEOS: Diese Rechnung kann sich nicht ausgehen

Bestätigt in ihren Forderungen nach Reformen im Pensionssystem sahen sich durch die OECD-Studie am Mittwoch unter anderem NEOS, die Industriellenvereinigung (IV) sowie der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria. „Wer in der Schule in Mathematik aufgepasst hat, wird schnell zu dem Schluss kommen, dass sich diese Rechnung nicht ausgehen kann“, kritisierte NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker in einer Aussendung. Wenn das marode Pensionssystem nicht bald tiefgreifend reformiert werde, würden die Jungen in 30, 40 Jahren keine ordentliche Pension mehr bekommen, warnte er.

Die Agenda Austria kritisierte, dass in mehr als der Hälfte der OECD-Länder das gesetzliche Pensionsantrittsalter in der Zukunft weiter erhöht werde, in Österreich dieses Problem aber seit Jahren von der Politik ignoriert werde. Die Industriellenvereinigung forderte ebenfalls einmal mehr geeignete Anreize für den längeren Verbleib älterer Menschen im Erwerbsleben.

Für automatische Anpassung an Lebenserwartung

Der Verein Aktion Generationengerechtigkeit stimmte ebenfalls in den Chor ein und forderte, dass die OECD-Studie Auftakt für eine Pensionsreform in Österreich sein müsse. Konkret soll etwa die Korridorpension mit 63 statt mit 62 beginnen, das gesetzliche Pensionsantrittsalter automatisch an die Lebenserwartung angepasst werden, die Gesundheitsvorsorge ausgebaut und die Invaliditätspension durch präventive Maßnahmen zurückgedrängt werden, so die Forderungen.

Anreize für längeres Arbeiten beschlossen

ÖVP und Grüne beschlossen am Mittwoch im Nationalrat Maßnahmen, die Menschen dafür belohnt, wenn sie länger arbeiten. Wer über das Regelpensionsalter hinaus arbeitet, erhält künftig einen höheren Pensionszuschlag. Außerdem übernimmt der Bund einen Teil der fälligen Pensionsbeiträge. Dazu wird eine Toleranzgrenze beim erlaubten Zuverdienst für all jene eingeführt, die eine Korridor- oder Schwerarbeitspension beziehen.

Die von der Regierung eingesetzte Alterssicherungskommission war im November in aktuellen Bewertungen zum Ergebnis gekommen, dass die Ausgaben für die Pensionen bis 2028 stark von derzeit 28,3 auf 39,3 Milliarden steigen werden. Laut dem Langfristgutachten seien die Pensionen aber bis 2070 gesichert, so das Sozialministerium. Auch das Ministerium betonte aber, das System sei nur bezahlbar, wenn die Menschen später in Pension gehen, also das faktische an das gesetzliche Antrittsalter angeglichen wird.

Arbeiterkammer und Pensionistenverband kalmierten nach Bekanntwerden der Studien der Kommission. Es gebe kein Pensionsloch. Der Anstieg in den kommenden Jahren ergebe sich aus dem Pensionseintritt der Babyboomer-Jahrgänge und sei schon in den Langfristprognosen einberechnet. Die Wirtschaftsverbände sahen das freilich anders.