Bauarbeiten an der Bahnstrecke „Tren Maya “ auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan
APA/AFP/Rodrigo Oropeza
Mitten durch den Regenwald

Mexiko startet umstrittenen Maya-Zug

Das große Bahnprojekt Tren Maya mit über 1.500 Kilometer Schienennetz mitten durch den Regenwald spaltet Mexiko. Die Regierung und Teile der Bevölkerung sehen darin Chancen für den Tourismus und neue Arbeitsplätze. Umweltschützer und Indigene schlagen wegen der unvorhersehbaren ökologischen Folgen Alarm. Am Freitag begann der Betrieb der ersten knapp 500 Kilometer.

Diese Strecke führt vom Badeort Cancun an der Karibik-Küste nach San Francisco de Campeche am Golf von Mexiko. Bis Ende Februar soll das Projekt fertiggestellt sein und dann durch fünf Bundesstaaten die karibischen Touristenorte mit den Orten der bekannten Maya-Pyramiden und dem Süden Mexikos verbinden. Nachts soll die Strecke künftig statt von Touristinnen und Touristen von Güterzügen passiert werden. Der mexikanische Präsident Andres Manuel Lopez Obrador erhofft sich von dem Bahnprojekt auch eine wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Südosten des Landes.

Nach den Plänen der Regierung soll Yucatan zu einer „neuen Grenze zu den Vereinigten Staaten“ ausgebaut werden – inklusive des Ausbaus von Häfen. Der wirtschaftlich optimistische Ausblick, den Obrador zeichnet, schadet sicher nicht vor den für 2024 in Mexiko anstehenden Wahlen. Zwar kann er nicht mehr erneut antreten, aber seine Morena-Partei entwickelte sich in den vergangenen Jahren zur stärksten Kraft.

Mayapyramide Chichen Itza auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan
AP/Eduardo Verdugo
Die neue Maya-Bahnstrecke führt an Sehenswürdigkeiten wie der Maya-Pyramide Chichen Itza vorbei

Millionen Bäume gefällt

Umweltschützer wie Indigene sehen keinen Grund für Optimismus in einem der größten Infrastrukturprojekte Lateinamerikas. Sie befürchten irreversible Schäden am Ökosystem, da die Bahntrasse zum Teil den Regenwald – darunter auch das Biosphärenreservat und UNESCO-Weltkulturerbe Calakmul – quert. Die Selva Maya in Mexiko, Guatemala und Belize ist nach dem Amazonas das größte Regenwaldgebiet auf dem amerikanischen Kontinent.

Gefürchtet wird um den Lebensraum von über 100 dort lebenden Säugetier-, fast 400 Vogel- und über 80 Reptilienarten. Zwar hatte Obrador versprochen, für den Bau der Bahntrasse keine Bäume zu fällen. Die Regierung musste aber zugeben, dass rund 3,4 Mio. Bäume gerodet wurden, Umweltschützer gehen von der dreifachen Menge aus.

Umstrittener Maya-Zug in Mexiko eingeweiht

Mit einer offiziellen Zeremonie ist der erste Abschnitt des mexikanischen Bahnprojekts Tren Maya eröffnet worden. Die Strecke führt vom Badeort Cancun an der Karibik-Küste nach San Francisco de Campeche am Golf von Mexiko. Bis Ende Februar soll das Projekt mit über 1.500 Kilometer Schienennetz fertiggestellt sein.

Sorge über Verschlechterung von Wasserqualität

Dreieinhalb Jahre dauerte der Bau des Großprojekts, die Kosten verdreifachten sich seither auf umgerechnet 27 Milliarden Euro. Auch europäische Firmen sind an dem Projekt beteiligt. Der Bau sei zu schnell, mit viel Improvisation und ohne die obligatorischen Umweltschutzgutachten durchgeführt worden, sagte Aaron Hernandez vom mexikanischen Zentrum für Umweltrecht (CEMIDA) gegenüber der dpa. Die ökologischen Kosten sind kaum zu kalkulieren.

Mit Sorge beobachtet werden die Auswirkungen auf die Wasserqualität. Ein Teil der Strecke führt durch ein Karstgebiet mit zahlreichen Höhlen und unterirdischen Flüssen, die ins Meer münden. Werden die Flüsse verschmutzt, trägt das auch zur Verschmutzung des Meeres bei. „Korallenriffe, Algen und die ganze Sauerstoffproduktion werden bereits beeinträchtigt“, sagte eine Höhlentaucherin gegenüber der BBC.

Bauarbeiten an der Bahnstrecke „Tren Maya “ auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan
APA/AFP/Rodrigo Oropeza
Für den Bau der Bahntrasse mussten Millionen Bäume gefällt werden

Zudem wird befürchtet, dass aufgrund des Höhlennetzes höhergelegene Streckenabschnitte einstürzen könnten. Das wies Tren-Maya-Direktor, General Oscar Lozano Aguila, zurück. Die Strecke sei absolut sicher. Der Zug sei eine technische Meisterleistung. Für den Bau der Strecke wurden einige unterirdische Gänge mit Zement verstärkt.

Führung an Militär übergeben

Aufgrund der großen Zahl an Klagen habe Obrador das Projekt zur Angelegenheit nationaler Sicherheit unter Kontrolle des Militärs erklärt. Damit habe es nicht mehr gestoppt werden können, so der Umweltrechtsexperte Hernandez. Zwar urteilte der Oberste Gerichtshof Mexikos im Mai, dass der Zug und andere Arbeiten daran nicht willkürlich zu Fragen der „nationalen Sicherheit“ erklärt werden könnten. Obrador setzte die Einstufung allerdings kurz darauf wieder in Kraft. Die Armee ist auch am Bau mehrerer Hotels entlang der Bahntrasse beteiligt.

Mitten im Bauprozess wurde laut BBC noch der Streckenplan geändert, da Luxushotels dafür lobbyiert hatten, nicht zu nah an den Schienen zu sein. Der ursprüngliche Plan hatte eigentlich vorgesehen, dass die Gleise zum Großteil parallel zu bereits bestehenden Straßen verlaufen und auch bestehende Schienentrassen verwenden.

Der mexikanische Präsident Andres Manuel Lopez Obrador
APA/AFP/Francisco Robles
Mexikos Präsident Andres Manuel Lopez Obrador setzte das riesige Infrastrukturprojekt trotz aller Widerstände durch

Bericht: Fast 3.000 Haushalte vertrieben

Umfragen zufolge erhoffen sich 80 Prozent der Befragten mit dem Tren Maya wirtschaftlichen Aufschwung. Einige Dorfbewohner, die ihr Land verloren haben, wurden entschädigt. Das galt allerdings nur für diejenigen, die nachweisen konnten, dass das Land ihnen gehört. Einem Bericht des „Guardian“ zufolge wurden fast 3.000 Haushalte, die entlang der Trasse lebten, vertrieben.

Nach Angaben der Regierung hatten 2019 bei einer Volksbefragung in den betroffenen Bundesstaaten 90 Prozent dem Projekt zugestimmt. Kritiker bemängelten aber, dass es eine geringe Wahlbeteiligung gegeben habe und viele Informationen nur schlecht in die Landessprachen übersetzt worden seien – insbesondere über die ökologischen Auswirkungen. Dieses Konsultationsverfahren sei aus Sicht des mexikanischen Büros des UNO-Hochkommissars für Menschenrechte (OHCHR) mangelhaft gewesen.