Person an der Kassa in einem Geschäft mit Kleidung und Rechnung in den Händen
ORF.at/Dominique Hammer
Handels-KV

Sechste Runde gescheitert, weiter Warnstreiks

Die sechste Verhandlungsrunde für einen neuen Handelsangestellten-Kollektivvertrag ist in der Nacht auf Samstag ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Gewerkschaft und Wirtschaftskammer konnten sich bei einem mehr als neunstündigen Verhandlungsmarathon nicht auf einen Abschluss einigen. Die GPA plant nun weitere Warnstreiks und Kundgebungen ab kommender Woche.

Es sei an den „wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ gescheitert, sagte WKÖ-Handelsobmann Rainer Trefelik nach dem Verhandlungsabbruch. „Wir haben verschiedenste Varianten durchgerechnet“, so Trefelik. Ein Gehaltsplus von 8,2 Prozent wäre „vorstellbar gewesen“, mehr sei „nicht leistbar“ für die Betriebe. Die rollierende Inflation von Oktober 2022 bis September 2023 lag bei 9,2 Prozent.

Die gewerkschaftliche Chefverhandlerin Helga Fichtinger kritisierte „die Hinhaltetaktik“ der Arbeitgeber. „Das ist nicht fair.“ Die Gewerkschaft hat nach eigenen Angaben einen sozial gestaffelten Gehaltsabschluss zwischen 8,58 und 9,38 Prozent vorgeschlagen. Das wäre im Schnitt ein Gehaltsplus von 8,96 Prozent. Auch eine Öffnungsklausel für Betriebe in wirtschaftlichen Schwierigkeiten lag offenbar auf dem Tisch.

Gewerkschaft drängt auf Gespräche auf „höherer Ebene“

Laut Gewerkschaft hat die Arbeitgeberseite nur ein Plus von acht Prozent plus zehn Euro angeboten. Gewerkschafterin Fichtinger drängt nun auf Gespräche auf „höherer Ebene“, etwa zwischen ÖGB-Chef Wolfgang Katzian und Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer. Eine weitere KV-Verhandlungsrunde ist für nächste Woche nicht geplant.

Aufgrund der gescheiterten Verhandlungen empfiehlt die WKÖ-Bundessparte Handel ihren Mitgliedsbetrieben nun eine freiwillige Erhöhung der kollektivvertraglichen Mindestgehälter um acht Prozent. Eine Empfehlung biete „keine Rechtssicherheit“, kritisierte Fichtinger.

Der Handelsverband bedauerte indes das neuerliche Scheitern und bekräftigte, dass die Arbeitgeberseite den Betrieben nun eine Erhöhung der Mindestgehälter um acht Prozent empfehle.

„Branche am stärksten von Insolvenzen betroffen“

„Nachdem sich die Gewerkschaft bei ihren Forderungen kaum bewegt hat, wäre ein Abschluss mit unabsehbaren wirtschaftlichen Risken einhergegangen, der viele weitere Betriebsschließungen verursacht hätte“, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer Aussendung am Samstagvormittag. „Dabei ist der Handel jene Branche, die mit Abstand am stärksten von Insolvenzen betroffen ist.“

Verhandlungen seit Ende Oktober

Die Handels-KV-Gespräche laufen seit Ende Oktober und waren von Betriebsversammlungen, öffentlichen Kundgebungen und Warnstreiks im Weihnachtsgeschäft begleitet. Die Gewerkschaft war mit der Forderung nach einem Gehaltsplus von elf Prozent in die Verhandlungen gegangen. Die Arbeitgeber hatten ihr Eröffnungsangebot erst in der dritten Runde mit einem Plus von fünf Prozent und einer Einmalzahlung von 800 Euro gelegt.

Beim Handels-KV geht es um die Gehälter von 430.000 Angestellten und 15.000 Lehrlingen. Es ist der größte Branchenkollektivvertrag in Österreich. Knapp zwei Drittel der 430.000 Angestellten sind Frauen, im Einzelhandel liegt der Frauenanteil noch etwas höher. Knapp 60 Prozent der Frauen im Handel arbeiten Teilzeit, bei Männern liegt die Teilzeitquote bei nur rund 13 Prozent.