Zweiter Versuch: Chilenen stimmen über neue Verfassung ab

In Chile hat das Referendum über eine neue Verfassung begonnen. Zum zweiten Mal stimmen 15 Millionen Wahlberechtigte darüber ab. Bei dem Referendum werben rechte und konservative Gruppen für eine Zustimmung zu dem Entwurf des Verfassungsrats, während linke Parteien und Verbände für eine Ablehnung plädieren. In den jüngsten Umfragen lagen beide Lager in etwa gleichauf.

Der Verfassungsrat wurde von den Delegierten der rechten Parteien dominiert. Kritikerinnen und Kritiker bemängeln, dass die neue Verfassung bei bestimmten Rechten einen Rückschritt darstelle. So könnte der Entwurf das Recht auf Abtreibung einschränken, die sofortige Ausweisung von Ausländerinnen und Ausländern ermöglichen und steuerliche Vorteile für Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer festschreiben.

Es ist bereits der zweite Versuch, dem südamerikanischen Land eine neue Verfassung zu geben. Im vergangenen Jahr hatten die Chileninnen und Chilenen einen sehr progressiven Verfassungsentwurf mit großer Mehrheit abgelehnt. Er hätte ein Recht auf Wohnraum, Bildung und Gesundheit garantiert, eine Frauenquote von 50 Prozent in allen Staatsorganen festgeschrieben und den indigenen Gemeinschaften ein Selbstbestimmungsrecht eingeräumt. Das ging vielen Menschen in dem konservativen Land offenbar zu weit.

Die aktuelle Verfassung von 1980 stammt noch aus der Zeit der Militärdiktatur unter General Augusto Pinochet. Die Aufgaben des Staates sind darin auf ein Minimum reduziert, das Bildungs-, Gesundheits- und Pensionssystem weitgehend privatisiert. Eine neue Verfassung war eine der Hauptforderungen der sozialen Proteste 2019.