Schauspieler Gerard Depardieu in Marseille
APA/AFP/Anne-Christine Poujoulat
Depardieu

Neue Vorwürfe beschäftigen Frankreich

Um den einst hochverehrten Schauspieler Gerard Depardieu wird es nicht ruhig. Eine kürzlich veröffentlichte Doku rückte den 74-Jährigen einmal mehr in ein schauriges Licht, zudem häufen sich die Vorwürfe sexueller Übergriffe. Derzeit beschuldigen ihn 16 Frauen. Depardieus Familie rückte am Sonntag aus, um ihn zu verteidigen.

Es sind Zeiten des Ungemachs für die ehemalige Kinoikone, die weiterhin alle Vorwürfe zurückweist. Depardieu, wegen Vergewaltigung und sexueller Gewalt angeklagt, steht sogar vor dem Ausschluss aus der Ehrenlegion, Frankreichs höchster Auszeichnung. Der Kodex der Ehrenlegion sieht vor, dass ein „gegen die Ehre verstoßendes Verhalten“ mit einer Rüge, einer Aussetzung der Mitgliedschaft oder einem Ausschluss geahndet werden kann.

Am Samstag stellte er seine Mitgliedschaft „zur Verfügung“, wie Depardieus Anwälte mitteilten. Tags zuvor hatte Frankreichs Kulturministerin Rima Abdul Malak ein Disziplinarverfahren der Ehrenlegion gegen den Schauspieler angekündigt und dessen Verhalten gegenüber Frauen als „Schande für Frankreich“ bezeichnet. Die Anwälte wiederum kritisierten Malaks Aussagen als „weiteren Schlag gegen die ohnehin schon sterbende Unschuldsvermutung“.

Immer neue Vorwürfe

Gegen Depardieu läuft seit Ende 2020 ein Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigungsvorwürfen. Die Schauspielerin Charlotte Arnould wirft dem Schauspieler vor, sie 2018 im Alter von 22 Jahren in seiner Pariser Wohnung zweimal vergewaltigt zu haben. In der vergangenen Woche hatte zudem die Schauspielerin Helene Darras den Kollegen wegen sexueller Übergriffe bei Dreharbeiten 2007 angezeigt. Mehr als ein Dutzend weitere Frauen haben Depardieu in der Vergangenheit sexuelle Übergriffe vorgeworfen. „In der französischen Kinowelt war das problematische Verhalten von Gerard Depardieu sehr wohl bekannt“, sagte der Chef der Produzentengewerkschaft, Marc Missionnier, in dem Dokumentarfilm.

Ins Rollen gebracht hatte die neuen Debatten eine vorige Woche auf France 2 ausgestrahlte Doku über Depardieu. In „Der Fall des Ogers“ ist der Schauspieler zu sehen, wie er auf einer Drehreise in Nordkorea zahlreiche vulgäre Kommentare zu seiner jungen Übersetzerin macht. „Ich wiege 124 Kilo, mit Erektion 126“, sagt er beispielsweise. Über ein etwa zehn Jahre altes Mädchen auf einem Pferd sagt er: „Wenn es galoppiert, dann bekommt sie einen Orgasmus.“

„#MeToo“-Skandal rund um Gerard Depardieu

16 Schauspielerinnen und Mitarbeiterinnen der Filmbranche werfen dem französischen Schauspieler Gerard Depardieu sexuelle Übergriffe vor. Auch der Schriftsteller Frederic Beigbeder steht unter Vergewaltigungsverdacht.

Der Schauspieler war 2018 zum 70. Jahrestag der Staatsgründung nach Nordkorea gereist, eingeladen von Diktator Kim Jong Un. Depardieu wusste zu allen Zeiten, dass er aufgenommen wurde.

Depardieus Anwälte nannten die Sendung „umstritten und anfechtbar“. Diese habe „Bilder ausstrahlt, die in der Sphäre des Intimen und Privaten aufgenommen wurden“. Ministerin Malak zeigte sich hingegen „angewidert“ vom respektlosen und sexistischen Umgang mit Frauen.

Familie ortet Verschwörung

Am Sonntag meldete sich Depardieus Familie in der Zeitung „Le Journal du Dimanche“ zu Wort. Nach ihrer Einschätzung ist Depardieu Opfer einer „monströsen Manipulation durch einen Journalisten, der nicht davor zurückschreckte, im Müll zu wühlen“, so die Kinder des Schauspielers und weitere Angehörige. Sie sehen eine Verschwörung und eine „kollektive Wut“ auf Depardieu. „Natürlich sind wir oft von Gerards Äußerungen schockiert“, heißt es in dem Beitrag. „Privat, im Kreise seiner Kinder, ist er ein äußerst bescheidener, feinfühliger und sogar prüder Mensch.“

Depardieu selbst wollte sich jüngst nicht mehr äußern. Zuvor hatte er wiederholt alle Vorwürfe zurückgewiesen. Auch in einem öffentlichen Brief, der als Gastbeitrag im Oktober in „Le Figaro“ erschien, beteuerte er vehement seine Unschuld. „Ich habe noch nie eine Frau missbraucht“, hieß es darin.

Filmschaffende aber distanzieren in großem Maße, zudem überprüft das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Frankreich die Ausstrahlung seiner Filme.

Ärger auch über Haltung zu Putin

Für Kontroversen sorgte Depardieu in der Vergangenheit auch mit seiner Nähe zum russischen Machthaber Wladimir Putin, der den französischen Schauspielstar im Jahr 2013 einbürgern ließ. Wenige Tage vor Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine veröffentlichte er auf Instagram ein Foto von sich mit dem Kriegsherrn und betitelte es mit „Freundschaft“.

„Lasst Wladimir in Ruhe“, sagte er kurz darauf in einer Fernsehsendung. Später übte er aber auch öffentlich Kritik an Putin und warf ihm angesichts des Krieges „verrückte und inakzeptable Exzesse“ vor. Zudem kündigte er an, den Erlös von Theaterauftritten für die ukrainischen Kriegsopfer zu spenden.