Eine Frau arbeitet in einem Shop
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Bezahlt und unbezahlt

Frauen arbeiten mehr als Männer

Frauen verbringen nach wie vor mehr Zeit mit Arbeit als Männer. Das zeigt die von Bundeskanzleramt und Frauenministerium beauftragte neue Zeitverwendungsstudie der Statistik Austria. „Arbeit“ setzt sich dabei zusammen aus Erwerbstätigkeit und unbezahlter Arbeit wie Kindererziehung, Pflege von Angehörigen und Freiwilligentätigkeit. Frauen verrichten nach wie vor deutlich mehr Arbeit im Haushalt – auch dann, wenn sie im Beruf gleich viel oder mehr arbeiten als ihre Partner.

Für die nach 1981, 1992 und 2008/09 zum vierten Mal durchgeführte Studie wurden von Oktober 2021 bis Dezember 2022 rund 4.300 Haushalte auf freiwilliger Basis befragt. Dafür dokumentierten knapp 7.900 Haushaltsmitglieder ab zehn Jahren an zwei vorgegebenen Tagen in zehnminütigen Intervallen ihren Tagesverlauf.

Laut den Ergebnissen wenden erwachsene Frauen unter 65 Jahren im Schnitt für unbezahlte Arbeit und Erwerbstätigkeit zusammengerechnet täglich sieben Stunden und 38 Minuten auf. Erwachsene Männer kommen auf durchschnittlich 13 Minuten weniger. Betrachtet man die Tätigkeiten getrennt, zeigen sich die geschlechterspezifischen Unterschiede deutlich: Männer wenden durchschnittlich vier Stunden und 56 Minuten für Erwerbstätigkeit auf, das sind rund zwei Drittel ihrer Gesamtarbeitszeit. Frauen kommen lediglich auf drei Stunden und 19 Minuten, das ist deutlich weniger als die Hälfte ihrer Gesamtarbeitszeit.

Grafik zur durchschnittlichen Arbeitszeit
Grafik: APA/ORF; Quelle: Statistik Austria

Aufteilung seit 15 Jahren unverändert

Umgekehrt verbringen erwachsene Frauen täglich durchschnittlich vier Stunden und 19 Minuten mit unbezahlter Arbeit. Männer kommen nur auf zwei Stunden und 29 Minuten, also fast zwei Stunden weniger. „Die Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit folgt in Österreich weitgehend traditionellen Geschlechterrollen“, so Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas in einer Aussendung. Das sei seit der letzten Studie 2008/09 weitgehend unverändert geblieben.

Wie Männer und Frauen ihre Zeit verbringen

Wie Frauen und Männer ihre Zeit verbringen, wurde jetzt in einer Studie erhoben. Ein großer Unterschied zeigt sich dabei, wenn man sich ansieht, wie viel von dieser Zeit mit Erwerbsarbeit verbracht wird. Bei Männern sind das etwa zwei Drittel, bei Frauen ist es nicht einmal die Hälfte. Dementsprechend sieht das Verhältnis bei der unbezahlten Arbeit aus. Wie hier zu sehen, fällt der Großteil der Arbeitszeit von Frauen – anders als bei Männern – auf unbezahlte Aufgaben im Haushalt, Kinderbetreuung oder Freiwilligenarbeit.

Größter Teil der unbezahlten Arbeit ist nach wie vor die Hausarbeit. Frauen und auch Mädchen verbringen damit im Schnitt täglich mehr als eine Stunde mehr als Männer und Buben. Besonders deutlich werde das bei einer Betrachtung von Frauen und Männern, die in einer Partnerschaft sind und im selben Haushalt leben. Auch bei gleichem Erwerbsausmaß übernehmen Frauen knapp zwei Drittel der Hausarbeit (64 Prozent). Selbst wenn die Frau in stärkerem Ausmaß als der Mann erwerbstätig ist, macht sie immer noch mehr als die Hälfte der Hausarbeit.

Kinderbetreuung überwiegend Frauensache

Ähnliches gilt für die Kinderbetreuung, etwa Versorgung und Beaufsichtigung von Kindern, Lesen, Spielen, Lernen, Begleiten zu Aktivitäten und Terminen. Frauen, die mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren im Haushalt leben, wenden dafür im Schnitt knapp zwei Stunden täglich auf. Männer kommen mit 53 Minuten auf nicht einmal die Hälfte.

Gegenüber der letzten Zeitverwendungsstudie ist die durchschnittliche tägliche Gesamtarbeitszeit sowohl bei Frauen als auch bei Männern um rund eine Stunde zurückgegangen: Bei den Männern entfällt der Rückgang dabei praktisch zur Gänze auf die Erwerbstätigkeit, bei den Frauen in etwa jeweils zur Hälfte auf bezahlte und unbezahlte Arbeit. Einschränkung: Aufgrund geänderter Methodik können die Erhebungen 2008/09 und 2021/22 laut Statistik Austria nicht direkt verglichen werden. Vergleiche seien als „Annäherung“ zu verstehen.

Regierung verweist auf Investitionen und Pläne

Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) nannte die Ergebnisse in einer Aussendung „erwartbar“. Es brauche „gesamtgesellschaftliche Kraftanstrengungen wie den flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung“. Sie verwies auf die Investitionen in den Ausbau der Kinderbetreuung und die neue Regelung zur Karenzaufteilung von Paaren. Die Zeiterhebungsstudie wurde auf Betreiben der Grünen ins Regierungsprogramm aufgenommen.

Meri Disoski, Frauensprecherin und stellvertretende Klubobfrau der Grünen, erklärte in einer Aussendung, dass die Studie die langjährige Forderung der Grünen nach besseren Rahmenbedingungen für eine gerechtere partnerschaftliche Aufteilung von bezahlter Erwerbstätigkeit und unbezahlter Care-Arbeit bestätige.

Ruf nach Ausbau von Kinderbetreuung und „Halbe-halbe“

Laut Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl zeigt die Studie „deutlich auf, dass die aktuelle Frauenpolitik in Österreich aus den 50er Jahren stammt“. Sie forderte „rasch Maßnahmen, um die Situation der Frauen zu verbessern, primär einen tatsächlichen und raschen Ausbau der Kinderbildung und der Pflege“.

Nicht überraschend, aber „beschämend für die Bundesregierung“ nannte auch der ÖGB die Ergebnisse der Studie. Korinna Schumann, Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende des ÖGB, verwies auf die Forderungen der Gewerkschaft, darunter einen bundesweiten Rechtsanspruch auf beitragsfreie Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag des Kindes, ganztägige Schulformen und ein Familienarbeitszeitmodell.

Für den Frauenring ist die Studie der Beweis dafür, dass die Gesellschaft zum überwiegenden Teil von der unbezahlten Arbeit von Frauen getragen werde. Die Politik sei aufgerufen, die Rahmenbedingungen zu ändern – „nicht irgendwann, sondern jetzt!“, so die Vorsitzende des Frauenrings, Klaudia Frieben, in einer Aussendung.

Opposition sieht Regierung gefordert

Auch für die SPÖ sind die Daten „wenig überraschend“, aber „dramatisch“. SPÖ-Frauensprecherin Eva-Maria Holzleitner verwies auf die langjährige Forderung ihrer Partei nach „echtem Halbe-halbe“ zwischen den Geschlechtern und forderte von der Regierung entsprechend bessere Rahmenbedingungen.

NEOS sah die CoV-Pandemie als Ursache für eine Rückkehr alter Rollenbilder. „Es waren vor allem die Frauen, die die Mehrbelastung von Homeschooling, Hausarbeit und Kinderbetreuung während der Lockdowns zu tragen hatten“, so Frauensprecherin Henrike Brandstötter. NEOS forderte garantierte Ganztagskinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag, einen individuellen Karenzanspruch für jeden Elternteil für maximal 18 Monate und verpflichtendes Pensionssplitting.