Die Versammlung könnte auch mehr Klarheit darüber bringen, welche Investoren bei der Signa engagiert und von den bisherigen Insolvenzen der Tochterfirmen betroffen sind. Niedrige Zinsen und lockende Gewinne hatten viele Firmen über Jahre veranlasst, in die Signa und ihr verschachteltes Beteiligungskonstrukt zu investieren. Dieses Firmengeflecht zu entschlüsseln bezeichnete der Insolvenzexperte Karlheinz Götze vom KSV1870 als „Herkulesaufgabe“.
Die Insolvenz der Signa Holding ist nach Gesamtverbindlichkeiten von rund fünf Mrd. Euro die bisher größte Pleite in Österreichs Wirtschaftsgeschichte. Bisher wurden Forderungen in Höhe von 1,13 Mrd. Euro angemeldet. In Deutschland haben zudem kleinere Signa-Töchter Insolvenzanträge gestellt. Insider gehen davon aus, dass noch weitere Firmen folgen werden.
Signa-Pleite: Baustopp auch in Wien
Lange hieß es von der mittlerweile insolventen Signa Holding, dass die Baustelle des Luxuskaufhauses Lamarr in Wien weitergeführt werde, alles laufe nach Plan. Dem widersprechen Anrainer. Sie berichten nun, dass die Bauarbeiten im Wesentlichen eingestellt wurden.
Lange Liste an Gläubigern
In Summe sind es 273 Gläubiger, bei denen Signa in der Kreide steht. Dazu zählen Versicherungen, Anwaltskanzleien, Investoren und Banken im In- und Ausland, darunter auch die Bank Austria und der Raiffeisen-Sektor. Insidern zufolge sollen allein österreichische Banken rund 2,2 Mrd. Euro bei der Signa offen haben. Versicherungen sollen mehr als drei Mrd. Euro an den Konzern verliehen haben, etwa ein Drittel davon unbesichert, wie die „Financial Times“ berichtete.
Auch der frühere Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ), der Posten bei Signa-Gesellschaften übernommen hat, steht auf der Liste, ebenso wie die Firma von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Dessen SK Management stellte 2023 nach einer erfolgreichen Investorensuche für Signa eine Rechnung in Höhe von 2,4 Mio. Euro, davon wurden aber nur 750.000 Euro beglichen, wie ein Sprecher der Firma von Kurz der APA bestätigte.
Peschorn: Republik nicht in erster Reihe der Gläubiger
Zu den Gläubigern zählt aber unter anderen ein Klimaökonom, der für einen Vortrag nicht bezahlt worden sein soll. Laut dem Experten Götze könne im Rahmen der Insolvenzverfahren auch auf Benkos Vermögenswerte zugegriffen werden.
Nach Angaben von Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, zählt die Republik anders als bei kika/Leiner nicht zu den größten Gläubigern bei der Signa-Pleite. Er warf der Signa „gelebte Intransparenz“ vor. „Hier scheint einiges noch im Dunkeln zu sein.“ Allerdings könnte durch die Signa-Pleite der Immobilienmarkt in Unruhe geraten und dazu führen, „dass der Staat mittelbar hier einschreiten muss“.
30-Prozent-Quote angeboten
Die Holding hatte im November Insolvenz angemeldet und möchte eine „geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs und eine Restrukturierung“ – das will sie in Eigenverwaltung machen. Die Gesellschaft bot den Gläubigern eine 30-prozentige Sanierungsplanquote zahlbar binnen zwei Jahren an. Das bedeutet, das Unternehmen müsste innerhalb von zwei Jahren rund 1,5 Milliarden Euro aufbringen.
Zum Masseverwalter wurde Christof Stapf bestellt. Er muss bei der Versammlung seine Einschätzung abgeben, ob der von Signa vorgelegte Finanzplan eingehalten wird und ob das Sanierungsvorhaben realistisch ist. Im Februar sollen die Gläubiger nach dem bisherigen Fahrplan dann über den Sanierungsplan abstimmen.
Gläubigerausschuss eingerichtet
Das Handelsgericht Wien richtete zuletzt einen Gläubigerausschuss ein, wie der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) mitteilte. Zuvor hatten die Gläubigerverbände bereits für einen solchen Ausschuss plädiert, da im Rahmen dessen viele Unklarheiten – zu Passiva, Sanierungsplan und nächsten Schritten – leichter geklärt werden können. Die Einrichtung des Ausschusses sei aus Sicht des AKV „notwendig und zweckmäßig“. Die intransparenten Strukturen der Gruppe müssten im Hinblick auf die beabsichtigte Sanierung innerhalb von nur 90 Tagen so rasch wie möglich aufgearbeitet werden. Nur so könne man sich einen Überblick verschaffen und über die Angemessenheit und Erfüllbarkeit des von Signa angebotenen Sanierungsplans entscheiden, hieß es.
Die Eigenverwaltung im Sanierungsverfahren wird der Signa nicht entzogen, „da diese für die Gläubiger derzeit keinen Nachteil darstellt“, so der AKV. Die Zusammenarbeit mit der Schuldnerin laufe problemlos, und es würden alle nötigen Informationen zur Verfügung gestellt.
Nach der Schließung nicht erforderlicher Teilbetriebe der Signa Holding – das betraf Jagd-, Flug-, Sicherheits- und Eventmanagementpersonal – seien von ursprünglich 42 Dienstnehmern nun nur noch acht Beschäftigte in der Holding tätig. Diese würden für die weitere Abwicklung des Sanierungsverfahrens benötigt, hieß es.
Ökonom: „Casino, Glücksspiel“
Steigende Zinsen und Baukosten sowie sinkende Immobilienbewertungen und Rückgänge im Handelsgeschäft lösten die Insolvenz aus. Besonders der Zinsanstieg traf die Gruppe hart, denn die Immobilien wurden großteils mit Krediten finanziert, viele davon mit variablen Zinsen. Benko habe „3,6 Milliarden Euro von 6,7 Milliarden Euro Kreditvolumen mit variablen Zinsen geführt. Das ähnelt Casino, Glücksspiel“, sagte der Hamburger Ökonom Nikolaj Schmolcke gegenüber der Münchner „Abendzeitung“.
„Benko bewertet die Immobilien hoch, zeigt dadurch Gewinne, wird attraktiv für Investoren und sammelt Geld ein von den Banken. Und dann schüttet er sich 225 Millionen Euro Gewinn aus.“ Dieses Risiko seien die Geldgeber eingegangen. „Es kommt auf die Bereitschaft an, das mitzumachen. Die Gläubiger haben das in Kauf genommen. Den Rest regelt jetzt die Insolvenzverwaltung.“
Die Risse in Benkos Imperium wurden zuletzt deutlich sichtbar: Der in New York börsennotierte Onlinesportartikelhändler Signa Sports United war im Oktober zahlungsunfähig geworden, nachdem ihm Signa eine Kapitalspritze über 150 Mio. Euro verweigert hatte. Der deutsche Sporthändler Sport-Scheck wurde an den britischen Konkurrenten Frasers verkauft, Anteile an der Luxuskaufhauskette Selfridges gingen an den thailändischen Miteigentümer Central Group. In Deutschland beantragte die Signa Real Estate Management Germany Insolvenz, in Österreich auch die Signa Informationstechnologie GmbH.