Chrysler Building in New York
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Signa

Chrysler Building und Privatjet vor Verkauf

Die insolvente Signa Holding steht vor dem Verkauf von prestigeträchtigen Objekten und Investitionen. Wie Sanierungsverwalter Christof Stapf am Dienstag nach der Gläubigerversammlung in Wien mitteilte, liefen Gespräche über den Ausstieg aus Beteiligungen wie dem Chrysler Building in New York. Trennen will man sich auch von den Medienbeteiligungen und dem firmeneigenen Privatjet.

Erste Vermögenswerte, Beteiligungen und der Privatjet der Firma sollen verkauft werden, die Mietverträge des Signa-Sitzes in den Wiener Innenstadtpalais Harrach und Ferstl seien bereits aufgelöst worden, sagte Stapf bei der Gläubigerversammlung am Handelsgericht Wien. Wichtige Signa-Immobiliengesellschaften wie Development und Prime sollen stabilisiert werden, ebenso die Signa Retail, zu der die deutsche Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof gehört.

Fix sei, dass für die Finanzierung des komplexen Verfahrens „weitere Sicherstellungen notwendig“ sind. Der exakte Liquiditätsbedarf werde „diese oder kommende Woche“ feststehen. Bisher hätten 43 Gläubiger Forderungen in Höhe von rund 1,13 Milliarden Euro angemeldet. Die Anmeldefrist für Forderungen endet am 15. Jänner 2024. Zur Finanzierung des komplexen Verfahrens brauche es Geld, so Stapf. Die von Signa-Gründer Rene Benko zugesagten Zuschüsse über drei Millionen Euro dürften nicht ausreichen.

Signa: Pleite und Abverkauf

Vom Chrysler Building bis zur „Kronen Zeitung“: Die Signa-Gruppe verkauft Beteiligungen. Zugleich dürfte sich der frühere Bundeskanzler Alfred Gusenbauer aus dem Beirat der Signa-Gruppe zurückziehen.

Medienbeteiligungen werden abgestoßen

Stapf betonte, dass sämtliche als Repräsentation und Akquise bezeichneten Teilbetriebe – etwa Jagd-, Flug und sonstige Repräsentationsaktivitäten – „unmittelbar geschlossen“ worden seien. Der Personalstand der Signa Holding sei von 42 auf acht Beschäftigte gesenkt worden. Die Verwertung des Privatjets der Holding des Typs Cessna Citation XLS sei „im Gange“. Ebenfalls abgestoßen werden sollen die Medienbeteiligungen. Damit stehen in Österreich circa 25 Prozent der Anteile an „Kurier“ und „Kronen Zeitung“ zum Verkauf.

Gläubigerversammlung und Berichtstagsatzung am Handelsgericht in Wien
APA/Helmut Fohringer
Die Gläubigerverhandlung ging am Handelsgericht Wien über die Bühne

„Krone“-Geschäftsführer und -Chefredakteur Christoph Dichand reagierte nicht auf APA-Anfrage, ob er an den Anteilen interessiert sei. Raiffeisen, einer der großen Gläubiger der Signa, teilte auf APA-Anfrage mit, dass man zu Fragen zu einzelnen Beteiligungen „grundsätzlich keinen Kommentar“ abgebe. Das Vorkaufsrecht dürfte laut „Standard“ aber bei der Funke-Mediengruppe liegen, die bisher ebenfalls schweigt.

„Die Kosten für den Fortbetrieb der Signa Holding GmbH sind vorerst gedeckt“, teilte der Kreditschutzverband KSV1870 mit, auch „mit Unterstützung von Herrn Rene Benko persönlich.“ Das Insolvenzgericht habe die Fortführung des Unternehmens genehmigt, bekräftigte der Gläubigerschutzverband Creditreform.

Historische Pleite

Die Insolvenz der Signa Holding ist nach Gesamtverbindlichkeiten von rund fünf Milliarden Euro die bisher größte Pleite in Österreichs Wirtschaftsgeschichte. In Deutschland stellten zudem kleinere Signa-Töchter Insolvenzanträge. Laut Fachleuten dürften weitere Firmen folgen. In Summe sind es 273 Gläubiger, bei denen Signa in der Kreide steht. Dazu zählen Versicherungen, Anwaltskanzleien, Investoren und Banken im In- und Ausland, darunter die Bank Austria und der Raiffeisen-Sektor.

SIGNA Wien Lamarr
ORF/Christian Öser
Die nicht insolventen Teile der Signa-Gruppe sollen stabilisiert werden

Insidern zufolge sollen allein österreichische Banken rund 2,2 Milliarden Euro bei der Signa offen haben. Versicherungen sollen mehr als drei Milliarden Euro an den Konzern verliehen haben, etwa ein Drittel davon unbesichert. Auch der frühere Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ), der Posten bei Signa-Gesellschaften übernommen hat, steht auf der Liste, ebenso die Firma von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Gusenbauer legte am Dienstag sein Mandat im Aufsichtsrat der STRABAG, dessen Vorsitzender er war, zurück. Er wolle „vermeiden, dass irgendein Reputationsschatten“ auf den Baukonzern falle, der „im Übrigen keine besonderen Geschäftsbeziehungen mit der Signa“ unterhalte, teilte Gusenbauer in einer Erklärung mit. Zudem fühle er sich „gesundheitlich nicht in der Lage, dem enormen Druck und der Verantwortung, die damit verbunden sind, standzuhalten“.

Laut einem Bericht der „Kronen Zeitung“ vom Dienstagabend dürfte Gusenbauer auch aus dem Beirat der Signa Holding ausscheiden. Eine Bestätigung seitens des Sanierungsverwalters gab es auf APA-Anfrage dazu noch nicht.

Peschorn: Republik nicht unter größten Gläubigern

Nach Angaben von Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, zählt die Republik anders als bei kika/Leiner nicht zu den größten Gläubigern. Peschorn warf der Signa im Ö1-Morgenjournal „gelebte Intransparenz“ vor. „Hier scheint einiges noch im Dunkeln zu sein.“ Allerdings könnte durch die Pleite der Immobilienmarkt in Unruhe geraten und dazu führen, „dass der Staat mittelbar hier einschreiten muss“.

Die bisherige Überprüfung habe ergeben, dass „im Bereich des mittleren Managements der Gruppe ein Mangel an Managementkapazitäten mit übergreifendem Wissen“ bestehe und „die Holding ihrer Kontrollfunktion zuletzt nur mehr teilweise nachgekommen ist“. Es gehe jetzt darum, „die Verantwortlichkeiten aller beteiligten Personen zu prüfen“, insbesondere auch der Berater, die über Jahre eingeschritten sind. Ein Mensch allein schaffe nicht so ein Firmenkonglomerat.

Riesiges Firmengeflecht

Allein die insolvente Signa-Dachgesellschaft Signa Holding GmbH verfügt laut Eigenangaben über 53 direkte Beteiligungen an Gesellschaften und mittelbare Beteiligungen an mehreren hundert weiteren Gesellschaften. Das vorläufige Organigramm der Gruppe per Ende September 2023 umfasst laut Stapf 46 Seiten im A3-Format. Der Signa-Konzern ist stark verschachtelt und zählt insgesamt über 1.000 Gesellschaften.

Um sich leichter einen Überblick über die Vorgänge im komplizierten Firmengeflecht zu verschaffen, wurde das Consultingunternehmen Deloitte als unabhängiger Berater an Bord geholt. Stapf sprach sich weiters für die Schaffung eines gruppenübergreifenden Lenkungsgremiums aus, das für die Restrukturierung der gesamten Gruppe zuständig sein solle.

Das Unternehmen bietet seinen Gläubigern eine Sanierungsquote von 30 Prozent zahlbar binnen zwei Jahren an – das wären rund eineinhalb Milliarden der insgesamt fünf Milliarden Euro, die die Signa Holding als potenzielle Passiva angegeben hat.