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ORF.at/Zita Klimek
SPÖ liefert Verfassungsmehrheit

Aus für Amtsgeheimnis 2025 auf Schiene

Nach jahrelangem Ringen steht das Informationsfreiheitsgesetz mit der Abschaffung des Amtsgeheimnisses nun tatsächlich vor dem Beschluss, für den eine Zweidrittelmehrheit nötig ist. Nach längeren Verhandlungen einigte sich die SPÖ mit der Koalition auf Veränderungen des Regierungsentwurfs und ist nun bereit, die dafür nötigen Stimmen beizusteuern.

Wie der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried sagte, habe man deutliche Verbesserungen erreicht, „um endlich Transparenz in die österreichischen Amtsstuben zu bringen“. Leichtfried sah eine „historische Einigung“, die einen Kulturwandel in der Verwaltung darstelle. Seine Partei habe viele Jahre für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses Druck gemacht. Diese sei überfällig.

Auch die Koalition zeigte sich zufrieden. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) dankte in einer schriftlichen Stellungnahme der SPÖ für die Zusammenarbeit und betonte, dass ein „Paradigmenwechsel“ gelinge. Zukünftig werde Transparenz die Regel und Geheimhaltung die Ausnahme sein. Die Einigung sei nicht einem „Weihnachtswunder“ geschuldet, sondern „schlicht und ergreifend der umfassenden Einbindung und den zähen Verhandlungen“, sagte die Verfassungsministerin.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sprach von einem „monumentalen Kulturwandel“. Jede und jeder habe ein Grundrecht auf Information. „Das kommt einer Transparenzrevolution gleich“, sagte Kogler. Bewiesen habe man damit auch die Arbeitsfähigkeit der Regierung und jene des Parlaments – „jedenfalls mit den konstruktiven Kräften und nicht mit jenen, die nur krakeelen“.

Keine Ausnahmen für teilstaatliche Unternehmen mehr

Die SPÖ reklamiert für sich, dass in Zukunft – das Gesetz soll 2025 wirksam werden – alle Verwaltungsorgane informationspflichtig sein werden, egal in welche rechtliche Form sie gekleidet sind, z. B. die Staatsanwaltschaften.

Auch bei staatlichen Unternehmen werden laut SPÖ Lücken geschlossen: Nicht nur solche mit mehr als 50 Prozent formellem Staatsanteil müssen in Zukunft Informationen bereitstellen, sondern auch solche, die faktisch vom Staat beherrscht werden. Neu hinzu kommen somit etwa Österreich Werbung, Verbund und Kontrollbank.

Fallen wird die Ausnahme von der Auskunftspflicht für Gemeindeverbände, auch wenn die Kommunen als Verbund weniger als 5.000 Einwohner haben. Als „Wermutstropfen“ bezeichnete Leichtfried die Tatsache, dass Kommunen mit weniger als 5.000 Einwohnern nur auf Antrag Informationen bereitstellen müssen.

Abänderung: Recherchen besser geschützt

Kritik hatte nach der Präsentation des Regierungsentwurfs auch ein weiterer Passus erregt. Greift die Erteilung der Information in die Rechte eines anderen ein, „hat das zuständige Organ diesen davor nach Möglichkeit zu verständigen und zu hören“, heißt es dort. Das war als Behinderung der Medienarbeit interpretiert worden.

Die SPÖ nahm sich des Themas an. Die Behörden werden nunmehr verpflichtet, die sonst vorgeschriebene Mitteilung an die betroffenen Dritten zu unterlassen, wenn das zu Einschränkungen des Rechts auf Meinungsfreiheit führen würde. Voraussetzung dafür ist lediglich, dass das (von einem Journalisten) gegenüber der Behörde bekanntgegeben wird.

Nur noch wenig Ausnahmen für Geheimhaltung

Abgeschafft wird die Amtsverschwiegenheit bei parlamentarischen Anfragen. Nur noch wenige besonders schwerwiegende Geheimhaltungsgründe werden in Zukunft die Verweigerung einer Antwort rechtfertigen können. Diese sind etwa nachrichtendienstliche Informationen, besonders sensible Daten von Bürgern und erst bevorstehende Entscheidungen, etwa die geplante Durchführung von behördlichen Kontrollen und Hausdurchsuchungen.

Grundsätzlich sieht der Gesetzesentwurf eine Pflicht zur Auskunftserteilung vor: Das betrifft die Verwaltungsorgane von Bund und Ländern sowie allen Gemeinden. Ebenso Auskunft erteilen müssen die mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organe. Auch nicht hoheitlich tätige Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen mit bestimmendem Staatseinfluss sind auskunftspflichtig. Bei Letzteren darf deren Wettbewerbsfähigkeit aber nicht eingeschränkt werden.

Nach Antrag soll die Auskunft innerhalb von vier Wochen erteilt werden, im Ausnahmefall kann die Frist um vier Wochen verlängert werden. Informationen von „allgemeinem Interesse“ müssen von staatlichen Organen künftig „proaktiv“ veröffentlicht werden, wobei für die kleineren Gemeinden die oben genannten Ausnahmen gelten.

Die Beschlussfassung des Informationsfreiheitsgesetzes wird für Jänner angestrebt. Davor wird noch ein Expertenhearing im Verfassungsausschuss angesetzt. Mit Sommer 2025 soll die Informationsfreiheit dann gelten.

Gemeindebund erfreut über „breit getragenen Kompromiss“

ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl nannte die Einigung mit der SPÖ in einer Aussendung „erfreulich“, da das Thema die Politik schon seit mehr als zehn Jahren beschäftigt habe. Auch der Gemeindebund begrüßte die Einigung in einer Aussendung und zeigte sich erfreut über den nun gefundenen „breit getragenen Kompromiss“. Vizepräsidentin Andrea Kaufmann und Vizepräsident Erwin Dirnberger sehen das Informationsfreiheitsgesetz als Paradigmenwechsel zu mehr Transparenz.

FPÖ und NEOS mit Kritikpunkten

Die FPÖ sieht das Informationsfreiheitsgesetz in der geplanten Form – trotz „kosmetischer Korrekturen“ an manchen Stellen – weiter kritisch. Ihr fehlen Punkte wie eine „Cooling-off-Phase“ für Höchstrichterposten und eine Prüfbefugnis für den Rechnungshof bei Unternehmen schon ab einer 25-prozentigen Beteiligung der öffentlichen Hand. Auch die Ausnahmeregelung für kleine Gemeinden bei der proaktiven Informationspflicht kritisieren die Freiheitlichen.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sprach auf X (Twitter) von einer guten Nachricht, immerhin habe NEOS seit zehn Jahren Druck gemacht für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Knackpunkt seien allerdings die Details. Der Wiener Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) erklärte, dass er zwar die Einigung und die Nachbesserungen im Bereich staatlicher Unternehmen begrüße, die Ausnahme kleinerer Gemeinden von der „proaktiven“ Veröffentlichungspflicht aber nicht nachvollziehen könne.

Forum Informationsfreiheit will weniger Ausnahmen

Positive Reaktionen auf die jüngsten Änderungen kamen vom Forum Informationsfreiheit, das seit Jahren eine Gesetzesänderung eingemahnt hatte. So sei der Geltungsbereich bei den staatsnahen Unternehmen und Gemeindeverbänden ausgeweitet worden. Es gebe aber weiterhin einige Lücken, drängte Obmann Mathias Huter auf eine Überarbeitung noch vor dem Beschluss. Es brauche etwa weniger Ausnahmemöglichkeiten bei der Informationspflicht.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft younion, Christian Meidlinger, äußerte sich positiv zur Einigung, wies zugleich aber auf den hohen Aufwand hin, der auf die Beschäftigten in den Kommunen zukomme. Die Politik müsse für ausreichend Personal und Mittel – etwa für Investitionen in die IT und automatische Lösungen – sorgen.