EU-Kommission von außen
Reuters/Johanna Geron
Kein Klimaplan-Entwurf in Brüssel

EU-Verfahren gegen Österreich

Die Europäische Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eröffnet, wie die Brüsseler Behörde am Mittwoch bekanntgab. Grund ist die Säumnis, den Entwurf für einen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) fristgerecht nach Brüssel zu senden, geht aus einem Verfahrensverzeichnis der EU-Kommission hervor.

Der von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) im Oktober übermittelte Entwurf war von Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) wieder zurückgezogen worden. „Nun droht unserem Land tatsächlich eine empfindliche Strafe“, heißt es in einem Statement aus dem Klimaschutzministerium.

Das könne aber noch verhindert werden, heißt es weiter – Gewessler sieht Edtstadler gefordert: „Wenn das Europaministerium seinen einseitig erhobenen Einwand zurückzieht, kann das Verfahren wieder eingestellt werden.“ Bis es tatsächlich zu einer Strafe kommen könnte, wird aber noch einige Zeit vergehen. Das Verfahren hat mehrere Stufen, die über Monate gehen.

Fristenlauf beginnt

Österreich muss sich nun in einem ersten Schritt zu den Vorwürfen der Kommission äußern. Nach Ablauf der Frist gibt die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der eine zweite Frist gesetzt wird. Ein Vertragsverletzungsverfahren wird eröffnet, wenn ein Mitgliedsstaat sich nicht an EU-Rechtsvorschriften hält. In letzter Instanz kann die Kommission den Fall an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weiterleiten.

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler
APA/Hans Klaus Techt
Gewesslers Klimaministerium widersprach Edtstadlers Darstellung

Europaministerin Edtstadler hatte den Plan mit der Begründung zurückgezogen, dass er nicht der österreichischen Regierungsposition entspreche. Sie erklärte vergangene Woche in Brüssel, sie gehe davon aus, dass es demnächst Gespräche zum Inhalt geben werde, „damit es dann einen nationalen, mit allen akkordierten Plan gibt, den wir nach Brüssel schicken können“.

Klimaministerium widersprach Darstellung

Das Klimaministerium widersprach dieser Darstellung. Der Entwurf des Nationalen Energie- und Klimaplans sei „unter Einbindung der betroffenen Ministerien erarbeitet“ und später „durch das Europaministerium einseitig wieder zurückgezogen“ worden, hieß es in einer Stellungnahme aus Gewesslers Ressort. „Die zentrale Frage bleibt aber: Wie kommen wir im Klimaschutz weiter voran, um die bestehende Lücke zum EU-Ziel zu schließen.“

Edtstadler: Klimaschutzministerium verantwortlich

„Es liegt immer in der Verantwortung des federführenden Ressorts, Vertragsverletzungsverfahren abzuwenden, in diesem Fall das BMK (Klimaschutzministerium, Anm.). Das Bundeskanzleramt hat im Rahmen der EU-Koordination die gesetzliche Verantwortung sicherzustellen, dass bei nationalen Plänen wie dem NEKP, alle betroffenen Resorts zustimmen. Das ist in diesem Fall nicht passiert. Sobald die Klimaschutzministerin einen abgestimmten Plan vorlegt, kann dieser der Kommission vorgelegt werden“, so Edtstadler in einem Statement.

Dass die Europaministerin wie von Gewessler gefordert ihren Einwand zurückzieht, würde nach Ansicht des Innsbrucker Europarechtsexperten Walter Obwexer nicht ausreichen, um eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen. Österreich müsse dafür zeitnah zu Beginn des Jahres 2024 einen – unter Einhaltung des Bundesministeriengesetzes zwischen dem Klimaschutzministerium und den anderen betroffenen Ministerien im Einvernehmen erstellten – Entwurf der Kommission übermitteln, so Obwexer in einer Stellungnahme.

Kogler: „Unterschiede in der prozessualen Einschätzung“

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sprach im Interview mit der ZIB2 von „Unterschieden in der prozessualen Einschätzung“, er verwies auf Gespräche in den kommenden Wochen. Das Wesentliche sei, dass man bis zum Sommer einen fertigen Entwurf vorlegen könne. Es gehe „um die Sache, nicht um prozessuale Fragen“, so Kogler. Alles andere werde „zu lösen sein“.

Bewertungen veröffentlicht

Die Kommission hatte am Montag ihre Bewertungen von 21 Nationalen Energie- und Klimaplänen veröffentlicht. Alle Mitgliedsstaaten müssen bis 30. Juni 2024 ihre endgültigen, aktualisierten Pläne vorlegen und dabei die Empfehlungen und Einzelbewertungen der Kommission berücksichtigen. Die Nationalen Energie- und Klimapläne skizzieren, wie die Mitgliedsstaaten ihre Energie- und Klimaziele für 2030 erreichen wollen.

Kritik kommt von Greenpeace Österreich: „ÖVP-Ministerin Edtstadler und Kanzler Nehammer provozieren ein katastrophales Debakel rund um den Klimafahrplan für Österreich. Die Bundes-ÖVP lässt seit Jahren keine Gelegenheit aus, Klima- und Umweltschutz in Österreich zu sabotieren, nun riskiert sie Strafzahlungen in Milliardenhöhe“, teilte Sprecherin Lisa Panhuber mit.