Pflegerin im Seniorenheim
ORF.at/Christian Öser
Finanzierung, Personal

RH ortet weiter Baustellen in der Pflege

Der Rechnungshof (RH) ortet in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht weiter erheblichen Handlungsbedarf im Pflegebereich. Probleme wie der Personalmangel und die Zersplitterung der Finanzierung der Pflege hätten sich trotz Bemühungen von Bund und Ländern seit 2020 sogar verschärft. Positiv hervorgehoben wurden die kürzlich im Nationalrat beschlossenen Gesetzesnovellen, bei denen RH-Empfehlungen teils umgesetzt worden seien.

Wesentliche Empfehlungen seien bisher nicht umgesetzt worden, kritisieren die Prüferinnen und Prüfer in ihrem aktuellen Bericht. Eine umfassende Pflegereform sei weiter ausständig. Geprüft wurde zwischen November 2022 und März 2023 die Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs nach den 2020 bzw. 2018 vorgelegten Berichten zur Pflege in Österreich und zur Förderung der 24-Stunden-Betreuung in Wien und Oberösterreich.

In beiden Bereichen hatten die Fachleute des RH umfassende Reformen eingemahnt. Seitdem habe es zwar zwischen Bund und Ländern mehrere Projekte und Verhandlungsschritte zur Reform der Pflege gegeben, aber wesentliche Empfehlungen des Rechnungshofs seien nicht umgesetzt, heißt es im aktuellen Bericht.

Österreichweite Bedarfsprognose fehlt weiterhin

So seien die Instrumente der Gesamtsteuerung bei der Pflege seit 2020 nicht wie empfohlen verbessert worden, kritisiert der Rechnungshof. Eine Neuordnung der Gesamtfinanzierung sei nicht gelungen, auch eine österreichweit abgestimmte Bedarfsprognose für Pflegedienstleistungen fehle weiter, heißt es im Bericht. Ein einheitliches Qualitätskonzept mit einem standardisierten Vorgehen zur Messung sei ebenfalls nicht erstellt worden.

Die Gebäude von WKSTA und Rechnungshof
ORF.at/Roland Winkler
RH-Zentrale in Wien: Eine umfassende Pflegereform sei weiter ausständig, monieren die Prüferinnen und Prüfer

Kritische Lage im Personalbereich

Kritisch ist die Situation besonders im Personalbereich: Es sei nicht gesichert, dass mittelfristig ausreichendes Pflegepersonal zur Verfügung stehen wird, warnte der Rechnungshof. Prognostiziert wird ein Bedarf von 72.900 zusätzlichen Personen im Pflege- und Betreuungssektor bis zum Jahr 2030.

Der Bund und die überprüften Länder Wien und Oberösterreich hätten in den Jahren 2022 und 2023 insgesamt 570 Millionen Euro für Maßnahmen zur Verbesserung der Personalsituation aufgewendet. Deren Ausgestaltung, Kommunikation und Abwicklung „war jedoch nicht optimal“, heißt es im Bericht.

Um die Verfügbarkeit des erforderlichen Pflegepersonals zu gewährleisten, seien weitere Maßnahmen notwendig. Die Arbeitgeber müssten die Rahmenbedingungen sicherstellen, dazu gehören aus RH-Sicht Entgelt- und Dienstplansicherheit. Zudem brauche es eine „Imageverbesserung“ des Berufsbildes sowie „die Integration von Pflegekräften aus dem Ausland im Rahmen der Nostrifikation“.

24-Stunden-Betreuung: Empfehlungen umgesetzt

Umgesetzt wurden dagegen Empfehlungen des Rechnungshofs zur 24-Stunden-Betreuung wie die Ausweitung des Qualitätssicherungssystems und von bundesweiten Kontrollbesuchen, so der RH. Insgesamt wurden bis März 2023 von 17 unterschiedlichen Empfehlungen des Rechnungshofs vier zur Gänze, drei teilweise und zehn nicht umgesetzt. Als „gute Nachricht“ bezeichnete der RH kürzlich im Nationalrat beschlossene Gesetzesnovellen. Empfehlungen des Rechnungshofes seien dabei zum Teil berücksichtigt worden.

Nicht berücksichtigt sind dabei allerdings die nach Abschluss der Prüfung im Nationalrat beschlossenen Einzelmaßnahmen im Bereich Pflege und 24-Stunden-Betreuung, wo zum Teil weitere Empfehlungen des Rechnungshofs berücksichtigt wurden, etwa mit den Erleichterungen bei der Anerkennung ausländischer Berufsausbildungen.

Zweiteilige Pflegereform der Regierung

Die ÖVP-Grünen-Regierung hat in den vergangenen beiden Jahren zahlreiche Maßnahmen im Rahmen einer zweiteiligen Pflegereform auf den Weg gebracht. Im ersten Teil enthalten waren unter anderem ein monatlicher Gehaltsbonus für Auszubildende und unter gewissen Bedingungen auch für Personen, die in den Pflegebereich um- oder wiedereinsteigen.

Mit dem zweiten Teil der Pflegereform werden diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pflegern mehr Kompetenzen bei der Erst- und Weiterverordnung von Medizinprodukten eingeräumt. Zudem können sie die Erstbegutachtung bei der Pflegegeldeinstufung vornehmen, was bisher Ärztinnen und Ärzten vorbehalten war.