Die Kirche Notre Dame
AP/Thibault Camus
Notre-Dame

Scharfer Protest gegen neue Fenster

In einem Jahr soll die Pariser Kathedrale Notre-Dame ihre Pforten wieder öffnen. Nach dem Großbrand im April 2019 sind die Bauarbeiten weit gediehen. Zuletzt wurde etwa ein neuer goldener Hahn auf die Spitze des Kirchenbaus gesetzt. Für scharfen Protest sorgt nun aber der Plan, ursprüngliche sechs Glasfenster durch zeitgenössische zu ersetzen.

„Auf diese Weise wird auch unser Jahrhundert seinen Platz in der Kathedrale haben“, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Dezember bei einem Besuch der noch im Wiederaufbau befindlichen Kathedrale. Es werde eine Ausschreibung geben, eine Jury werde über das Werk entscheiden. Die sechs originalen Notre-Dame-Fenster aus dem 19. Jahrhundert sollen wie der beschädigte goldene Hahn in einem neuen Museum neben der Kathedrale ihre neue Heimat finden.

Gegen diesen Plan formiert sich Widerstand. Binnen weniger Tage wurde eine Petition gegen die sechs zeitgenössischen Fenster mehr als 130.000-mal unterzeichnet. Die Gegner und Gegnerinnen des Plans fordern, dass die sechs Originalfenster auf der Südseite der Kathedrale bleiben müssen. In der Petition heißt es, dass die von Eugene Viollet-le-Duc entworfenen Glasfenster „als kohärentes Ganzes geschaffen“ wurden. „Es handelt sich um eine Schöpfung, mit der der Architekt den gotischen Ursprüngen der Kathedrale treu bleiben wollte.“

Eine Frau restauriert Glasfenster der Kirche Notre Dame
Reuters/Manuel Ausloos
Die Glasfenster von Notre-Dame müssen renoviert werden, der Staat plant, einige auszutauschen

Zustimmung für Wunsch des Erzbischofs

Notre-Dame war bei einem Brand 2019 stark beschädigt worden. Die Brandursache ist bisher nicht geklärt, aber die Ermittler gehen von einem Unglück aus, etwa einem Kurzschluss. Macron hatte damals umgehend erklärt, die Kathedrale innerhalb von fünf Jahren wieder aufbauen zu wollen. Im Dezember 2024 soll die Pariser Kathedrale wiedereröffnet werden. Das gesamte Wiederaufbauprojekt dürfte aber erst zwischen 2029 und 2030 vollständig abgeschlossen sein.

Laut dem britischen „Guardian“ stammt die Idee für die neuen Fenster vom Pariser Erzbischof Laurent Ulrich. Dieser habe in einem Schreiben an den Elysee-Palast den Wunsch geäußert, dass der Staat eine Serie von sechs neuen Fenstern in Auftrag geben soll. Macron stimmte dem Wunsch zu. Spannend ist die Entscheidung deshalb, weil die originalen Fenster von Viollet-le-Duc vom Feuer verschont blieben – im Gegensatz etwa zum goldenen Hahn, der ersetzt werden musste.

Ein Arbeiter neben einem der großen Fenster von Notre Dame
AP/Francisco Seco
Seit mehreren Jahren wird die Kathedrale wiederaufgebaut

Die Petition wurde vom französischen Journalisten Didier Rykner ins Leben gerufen. Der Gründer und Herausgeber des Onlinemagazins La Tribune de l’Art sagte, dass es eine weitaus bessere zeitgenössische Geste wäre, neue Fenster für den Nordturm der Kathedrale in Auftrag zu geben. Dort hatte das Feuer nämlich mehr Schaden angerichtet als auf der südlichen Seite.

Macron blitzt mit Plänen ab

Kurz nach dem Brand hatte die Regierung unter Macron Andeutungen gemacht, dass nicht alles so bleiben soll, wie es war. Der Präsident wünschte sich einen „erfinderischen“ Wiederaufbau, so wie es Architekt Viollet-le-Duc in seiner Zeit gemacht habe: „Eine Verbindung von Tradition und Moderne, mit respektvollem Wagemut“, so Macron. So sollte die neue Turmspitze einfallsreicher sein. Der Präsident verbrannte sich mit seinen Plänen aber die Finger. Der Protest war erfolgreich, die Spitze sieht so aus wie vor dem Brand.

Rückblick: Notre-Dame steht in Flammen

In der Nacht zum 15. April 2019 ist die Pariser Kathedrale Notre-Dame in Flammen gestanden. Nach dem Großbrand vor mehr als vier Jahren soll Notre-Dame im Dezember 2024 wiedereröffnet werden. Die Renovierungsarbeiten laufen derzeit auf Hochtouren.

In der Petition heißt es, dass auch die Fenster von den ursprünglichen Plänen betroffen gewesen wären. Das Kulturministerium habe allerdings deutlich gemacht, dass die unbeschädigten Fenster nicht angetastet werden sollen. Außerhalb der Architektur der Kathedrale hätten die Glasfenster keine Bedeutung, schreibt Rykner. „Sollten sie tatsächlich ersetzt werden, würden sie mit Sicherheit in Lagerkisten landen, denn ihre Ausstellung im Museum würde den Skandal ihrer Entfernung verdoppeln.“

Rauch und Feuer im Dachstuhl der Kirche von Notre Dame in Paris
APA/AFP/Francois Guillot
Notre-Dame brannte im April 2019 nieder, die Ursache ist bis heute nicht geklärt, die Ermittler gehen von einem Unglück aus

Debatte über Bleidach

Neben den Fenstern gibt es noch eine andere Baustelle: die Bleiproblematik. In den ersten Monaten des kommenden Jahres soll mit der Bleiabdeckung des bis dorthin ganz fertiggestellten Dachstuhls begonnen werden. Gegen den Wiederaufbau mit Blei gibt es seit geraumer Zeit Bedenken, vor allem im Zusammenhang mit abfließendem Wasser. Der Elysee-Palast bekräftigte, dass alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden seien und getroffen werden.

Als Notre-Dame in der Nacht zum 15. April 2019 in Flammen stand, gingen über 400 Tonnen Blei, die im Dach und in der Turmspitze enthalten waren, in Rauch auf. Der Bleistaub setzte sich in großen Mengen ab. Nach dem Feuer dauerte es rund vier Monate, bis die Umgebung um Notre-Dame gründlich gereinigt war. Wie damals die Gesundheitsbehörde erklärte, waren bei zwölf Kindern erhöhte Bleiwerte im Blut nachgewiesen worden. Das giftige Schwermetall gilt als krebserregend, erbgutverändernd und fortpflanzungsgefährdend.