Mann im Lager eines Supermarkts
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Siebente KV-Runde

Handel ringt erneut um Kompromiss

Am Mittwoch beginnt die siebente Verhandlungsrunde für einen neuen Kollektivvertrag im Handel. Nach sechs Runden konnten sich Arbeitgeber und Gewerkschaft auf keinen Kompromiss einigen. Die neue Runde soll die Angestellten vor einem Novum bewahren: Denn im Handel wurde bisher noch nie ein Gehaltsabschluss erst im neuen Jahr festgelegt.

Die Gewerkschaft fordert einen gestaffelten Gehaltsabschluss zwischen 8,48 und 9,38 Prozent. Das letzte Angebot der Arbeitgeber lag bei acht Prozent. Vor einer Woche scheiterte die sechste Verhandlungsrunde nach fast zehn Stunden. Danach hatten in ganz Österreich Warnstreiks und öffentliche Aktionen stattgefunden.

Die sechs Runden seien an den „wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ gescheitert, sagte WKO-Handelsobmann Rainer Trefelik vor gut einer Woche. „Wir haben verschiedenste Varianten durchgerechnet“, so Trefelik. Ein Gehaltsplus von 8,2 Prozent wäre „vorstellbar gewesen“, mehr sei „nicht leistbar“ für die Betriebe. Die rollierende Inflation von Oktober 2022 bis September 2023 lag bei 9,2 Prozent.

Die gewerkschaftliche Chefverhandlerin Helga Fichtinger hatte aber „die Hinhaltetaktik“ der Arbeitgeber kritisiert. „Das ist nicht fair.“ Die Gewerkschaft hatte nach eigenen Angaben einen sozial gestaffelten Gehaltsabschluss zwischen 8,58 und 9,38 Prozent vorgeschlagen. Das wäre im Schnitt ein Gehaltsplus von 8,96 Prozent.

Verhandlungen seit Ende Oktober

Die Handels-KV-Gespräche laufen seit Ende Oktober und waren von Betriebsversammlungen, öffentlichen Kundgebungen und Warnstreiks im Weihnachtsgeschäft begleitet. Die Gewerkschaft war mit der Forderung nach einem Gehaltsplus von elf Prozent in die Verhandlungen gegangen. Die Arbeitgeber hatten ihr Eröffnungsangebot erst in der dritten Runde mit einem Plus von fünf Prozent und einer Einmalzahlung von 800 Euro gelegt.

Beim Handels-KV geht es um die Gehälter von 430.000 Angestellten und 15.000 Lehrlingen. Es ist der größte Branchenkollektivvertrag in Österreich. Knapp zwei Drittel der 430.000 Angestellten sind Frauen, im Einzelhandel liegt der Frauenanteil noch etwas höher. Knapp 60 Prozent der Frauen im Handel arbeiten Teilzeit, bei Männern liegt die Teilzeitquote bei nur rund 13 Prozent.

„Branche am stärksten von Insolvenzen betroffen“

Der Handelsverband hatte nach dem Scheitern der Verhandlungen bekräftigt, dass die Arbeitgeberseite den Betrieben nun eine Erhöhung der Mindestgehälter um acht Prozent empfehle. „Nachdem sich die Gewerkschaft bei ihren Forderungen kaum bewegt hat, wäre ein Abschluss mit unabsehbaren wirtschaftlichen Risken einhergegangen, der viele weitere Betriebsschließungen verursacht hätte“, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

„Dabei ist der Handel jene Branche, die mit Abstand am stärksten von Insolvenzen betroffen ist“, sagte Will weiter. Das bestätigte indirekt auch Lohnexperte Benjamin Bittschi. Die Situation im Handel sei schwieriger als etwa in der Industrie. Im Gegensatz zur Industrie befinde sich der Handel seit dem Pandemiejahr 2020, mit Ausnahme von 2022, in einer Rezession.

„Ich verstehe die Seite der Arbeitgeber, dass um jedes Zehntel gefeilscht wird“, sagte der Experte des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO). Aber man werde sich einigen müssen. Man müsse sich aus dem Instrumentenkasten, der auch schon bei anderen KV-Verhandlungen angewandt worden sei, bedienen, so Bittschi. Es werde eine soziale Staffelung beinhalten müssen, es brauche eine Wettbewerbssicherungsklausel und im Durchschnitt einen Abschluss unter der rollierenden Inflation.