Javier Milei
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Notstandsgesetz

Milei legt sich mit Parlament an

Die neue argentinische Regierung des ultralibertären Präsidenten Javier Milei hat dem Kongress einen konkreten Gesetzesentwurf vorgelegt, der eine Ausrufung des öffentlichen und wirtschaftlichen Notstands bis Ende 2025 vorsieht. Das Paket sieht drastische Maßnahmen vor. Mileis Partei hat im Kongress allerdings keine Mehrheit – ein Kräftemessen bei der Abstimmung ist möglich.

Der Notstand soll unter anderem in den Bereichen Wirtschaft, Finanzen, Sicherheit, Verteidigung, Gesundheit und Soziales gelten und um zwei weitere Jahre – also bis zum Ende von Mileis Mandat – verlängert werden können, hieß es in einem am Mittwoch (Ortszeit) eingebrachten Dokument.

Damit hätte der Rechtsaußen-Politiker Milei weitreichende Befugnisse, über Fragen zu entscheiden, die aktuell nur vom Parlament geregelt werden können. Das Reformpaket, das 664 Artikel umfasst, sieht zudem Beschränkungen für Demonstrationen, eine weitreichende Wahlreform, tiefgreifende Steueränderungen sowie Befugnisse der Exekutive zur Privatisierung öffentlicher Unternehmen vor.

Proteste vor dem Kongressgebäude in Buenos Aires am 21. Dezember 2023
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Proteste am 21. Dezember vor dem argentinischen Kongress gegen Mileis Pläne

Abstimmungsergebnis offen

Die Regierung bekunde damit ihren festen Willen, „unverzüglich und mit geeigneten Mitteln den Kampf gegen die negativen Faktoren aufzunehmen, die die Freiheit der Argentinier bedrohen“, teilte das Büro des Präsidenten über X (Twitter) mit.

Ob Milei seine Forderungen umsetzen kann, ist unklar. Seine Partei La Libertad Avanza (Die Freiheit schreitet voran) hat im Parlament keine Mehrheit. Sie ist in beiden Kongresskammern in der Minderheit, mit nur 40 von 257 Abgeordneten und sieben von 72 Senatoren. Um Mileis Pläne zu stoppen, müssten allerdings beide Kammern – also sowohl Abgeordnetenhaus als auch Senat – den Gesetzesentwurf zurückweisen, um die Reformen noch zu blockieren.

Proteste in Argentinien

Argentiniens neuer Präsident Javier Milei hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Ausrufung des öffentlichen und wirtschaftlichen Notstands bis Ende 2025 vorsieht. Stimmt der Kongress zu, kann er seine radikalen Pläne ab Freitag am Parlament vorbei durchsetzen. Doch auf den Straßen macht sich Widerstand breit.

Fundamentaler Eingriff in 350 Gesetze

Bereits in der vergangenen Woche hatte Milei ein Dekret unterzeichnet, das die Aufhebung mehrerer Gesetze vorsieht, was zu Protesten geführt hatte. Das Dekret sieht vor, 350 bestehende Gesetze zu ändern oder abzuschaffen, darunter im Miet- und Arbeitsrecht. Weitere Aspekte sind das Ende der automatischen Pensionserhöhungen, die Beseitigung einiger Arbeitnehmerschutzbestimmungen und die Aufhebung von Gesetzen zum Schutz vor missbräuchlichen Preiserhöhungen. Um die Staatsausgaben zu senken, sollen zudem 7.000 Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen werden.

Proteste in Buenos Aires
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Proteste gegen Mileis Politik am 27. Dezember in Buenos Aires

Demonstranten: „Heimatland ist nicht zu verkaufen“

Auch am Mittwoch waren wieder zahlreiche Menschen aus Protest auf die Straße gegangen. Sechs Personen wurden örtlichen Medien zufolge festgenommen, ein Polizist wurde verletzt. In der Hauptstadt Buenos Aires forderten die Demonstranten und Demonstrantinnen am Mittwoch die Justiz auf, Mileis Dekret für eine umfassende Deregulierung der Wirtschaft für ungültig zu erklären. Zahlreiche Menschen schwenken die argentinische Flagge und Plakate mit der Aufschrift „Das Heimatland ist nicht zu verkaufen“.

„Wir stellen die Legitimität von Präsident Milei nicht infrage, aber wir wollen, dass er die Gewaltenteilung respektiert“, betonte der Vorsitzende der Baugewerkschaft, Gerardo Martinez. Das Dekret zerstöre aber alle Arbeitsrechte, so der Tenor der Demonstrierenden.

Schild vor Geschäft in Buenos Aires
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In den Geschäften werden teils auch Dollars zur Bezahlung angenommen

Land in schwerer Wirtschaftskrise

Der im November gewählte Milei hatte dem hoch verschuldeten Land bei seinem Amtsantritt am 10. Dezember eine „Schocktherapie“ in Aussicht gestellt. Argentinien steckt inmitten einer schweren Wirtschaftskrise. Die Inflationsrate liegt bei über 160 Prozent, rund 40 Prozent der Menschen in dem einst reichen Land leben unterhalb der Armutsgrenze.

Das Land leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft, die dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht. Die Landeswährung Peso verliert gegenüber dem US-Dollar immer weiter an Wert, der Schuldenberg wächst ständig.