Lamarr-Baustelle in Wien
ORF/Christian Öser
Signa Prime

Nächste Pleite, nächste „Herkulesaufgabe“

Mit der Signa Prime Selection AG steht seit Donnerstag auch die größte operative Tochter im Firmengeflecht des Tiroler Immobilieninvestors Rene Benko vor einem wohl langwierigen Insolvenzverfahren. Nach der Insolvenz der Signa Holding GmbH werde nun auch der Fall der Signa Prime „zur echten Herkulesaufgabe“, so der Kreditschutzverband (KSV) von 1870, der dazu festhält: „Ab jetzt stellt sich auch die Frage, wie es mit den Immobilienleuchttürmen der ‚Signa-Gruppe‘ weitergeht.“

Im Portfolio von Signa Prime finden sich die wichtigsten von Benkos Firmengeflecht gehaltenen Immobilien, darunter das Goldene Quartier in der Wiener City und das auf der Wiener Mariahilfer Straße in Bau befindliche Kaufhaus Lamarr, das Berliner KaDeWe und das seit Wochen stillstehende Elbtower-Projekt in Hamburg. „Ziel ist die geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs im Rahmen der Eigenverwaltung und die nachhaltige Restrukturierung des Unternehmens“, teilte Signa mit Einreichung des Insolvenzantrags beim Wiener Handelsgericht per Aussendung mit.

Inwieweit dieses Vorhaben umsetzbar ist, werde sich aus Expertensicht wohl erst im Laufe der nächsten Wochen klären. Der erste Schritt ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vonseiten des Wiener Handelsgerichts seit Donnerstagabend gesetzt. Wie der Gläubigerschutzverband Creditreform mitteilte, wurde Norbert Abel zum Involvenzverwalter bestellt – die erste Abstimmung über den Sanierungsplan stehe den Angaben zufolge am 18. März an.

Hält Sanierungsplan?

Geht es nach Karl-Heinz Götze vom KSV1870 werde der Sanierungsverwalter in einem ersten Schritt „nunmehr zu prüfen haben, ob das Sanierungsverfahren auch in Eigenverwaltung geführt werden kann“ und ob die von Signa in den Raum gestellten Sanierungsbestrebungen „tatsächlich aufrechterhalten werden können“.

Im Fokus der für den Insolvenzverwalter anstehenden „Herkulesaufgabe“ stehe etwa „die Prüfung der Werthaltigkeit der Beteiligungen der Signa Prime Selection AG“.

Signa Prime reicht Insolvenzantrag ein

Die Signa Prime Selection AG, die wichtigste Tochter im Firmengeflecht des Tiroler Immobilieninvestors Rene Benko, hat am Handelsgericht Wien einen Insolvenzantrag eingereicht. Beantragt werde laut Unternehmen ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung.

Laut Creditreform und Alpenländischem Kreditorenverband (AKV) liegen die Passiva bei rund 4,5 Milliarden, KSV1870 schreibt von 4,3 Milliarden Euro. Den KSV-Angaben zufolge gelte es noch, „wechselseitige Verbindlichkeiten und Haftungen innerhalb der Signa-Gruppe abzuklären“. Auch das werde laut KSV „in den nächsten Wochen intensiv zu prüfen sein“.

Dann werde sich auch weisen, was vom Signa-Prime-Portfolio übrig bleibt. Im Zuge des Insolvenzverfahrens dürften der KSV-Aussendung zufolge unter anderem die Bestandsimmobilien des Unternehmens zur Verwertung kommen. Kurzfristig benötige die Prime eine Überbrückungsfinanzierung zwischen 300 und 500 Mio. Euro, wie es dazu weiter heißt.

Bericht: Großer Teil von Immobilien vor Verkauf

Das deutsche „Handelsblatt“ berichtete unter Berufung auf informierte Kreise, dass der zuletzt als Sanierer bei Signa Prime an Bord geholte Erhard Grossnigg die Signa Prime im Kern erhalten wolle. Der Immobilienbestand könnte den Angaben zufolge im Zuge des Sanierungsverfahrens weitgehend verkauft, das Volumen von derzeit rund 20 Milliarden Euro dem bisher unbestätigten Bericht zufolge auf „ein bis zwei Milliarden Euro verkleinert“ werden. Zudem bereite Signa Prime ein „umfassendes Sparpaket“ vor. In Österreich wackeln demnach 100 bis 150 Jobs, in Deutschland könnten 200 von 300 Stellen fallen.

Die Signa-Prime-Insolvenz und ihre Folgen

Barbara Battisti (ORF) spricht unter anderem über die Insolvenz von Signa Prime und warum diese nicht zu verhindern war. Außerdem erklärt sie, wie die Tochtergesellschaften zusammenhängen.

Die 2010 gegründete Signa Prime sei mit 54 Immobilien und 369 „mittelbaren wie unmittelbaren Beteiligungen“ die größte Immobiliengesellschaft der Signa-Gruppe, teilte der Gläubigerschutzverband Creditreform per Aussendung mit. „Die Insolvenzursachen liegen in den allgemein bekannten Gründen der Signa-Gruppe mit stagnierendem Immobilienmarkt und steigenden Kosten und Zinsen“, wie es dazu weiter heißt.

Signa Prime besitzt laut Firmenwebsite Objekte im Wert von insgesamt 20,4 Milliarden Euro. Laut dem Jahresbericht für 2022 hatte die Signa Prime Ende des Vorjahres Verbindlichkeiten von fast 10,8 Milliarden Euro. Signa Prime schrieb im Vorjahr rund eine Milliarde Euro Verlust, nachdem der Wert der Anlageobjekte vor allem in Deutschland um etwa denselben Betrag abgewertet worden war. Den vier Vorständen der Gesellschaft wurden dennoch Prämien von insgesamt 19 Millionen Euro zugesprochen.

Nächster Insolvenzantrag am Freitag

„Trotz erheblicher Bemühungen in den vergangenen Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden“, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Es gelte, langfristige Lösungen zu finden, so Grossnigg, der auch als Sprecher des Vorstandes der Signa Prime Selection AG fungiert.

Grossnig verwies unterdessen nicht nur auf das als „hervorragend“ bezeichnete Prime-Portfolio – er hob auch die „sehr gute“ Entwicklungsperspektive der Projekte der ebenfalls vor der Insolvenz stehenden Signa Development Selection AG hervor. Die Unternehmenstochter befinde sich aber in derselben Situation wie die Signa Prime und werde laut Signa am Freitag ebenfalls einen Antrag auf Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung stellen.

Signa Development stellte diese Vorgangsweise mit Hinweis auf ihre Liquiditätssituation bereits vor Tagen in Aussicht. Das Vorjahr beendete Signa Development mit einem Verlust von rund 316 Millionen Euro und Vorstandsprämien im Umfang von insgesamt neun Millionen Euro. Signa Development ist auf die Entwicklung von städtebaulichen Projekten im Wohn- und Gewerbesegment spezialisiert. Die aktuelle Bilanzsumme wird auf der Website mit 4,6 Milliarden Euro angegeben.

Chrysler-Building-Anteil wird verkauft

Bereits im Oktober hatte die Onlinesportartikelsparte von Signa Insolvenz angemeldet. In den vergangenen Wochen gaben die Signa Holding sowie eine Reihe kleinerer Teilgesellschaften ihre Zahlungsunfähigkeit bekannt. Die Signa Retail Selection AG mit Sitz in der Schweiz kündigte an, die Gesellschaft geordnet abzuwickeln. Signa Retail ist auch die Warenhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof zugeordnet, die damit zum Verkauf stehen dürfte.

SIGNA Wien Lamarr
ORF/Christian Öser
Signas Lamarr-Baustelle auf der Wiener Mariahilfer Straße

Kurz vor Weihnachten meldete dann die Signa Real Estate Management 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim AMS zur Kündigung an. Gleichzeitig wurde bekannt, dass eines der renommiertesten Hotels in Venedig, das Hotel Bauer am Canal Grande, wie viele andere Projekte von Signa, auf Eis liegt. Das soll auch bei dem geplanten Einkaufstempel Lamarr in der Wiener Mariahilfer Straße der Fall sein.

Mitte Dezember war auch verkündet worden, dass der äußerst prominent besetzte Signa-Beirat aufgelöst wird. Im Beirat der Holding saßen unter anderen Ex-SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer sowie Wüstenrot-Chefin und Ex-FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Hahn. Firmengründer Benko war bis zu seinem Abgang im November 2023 Vorsitzender des Gremiums. Zuvor hatte der Sanierungsverwalter der insolventen Signa-Holding die Veräußerung von Vermögenswerten wie dem Chrysler Building sowie der Medienbeteiligungen an „Kronen Zeitung“ und „Kurier“ kundgetan.

Neue größte Pleite in Österreich

Mit Passiva von rund fünf Milliarden Euro hat die Signa Holding bereits vor vier Wochen die 2013 in die Pleite gerutschte Alpine Bau überholt. Am Donnerstag steht nun die Signa Prime auf Platz zwei. Wenn am Freitag auch der Insolvenzantrag für die Signa Development wie angekündigt gestellt wird und konkretere Zahlen vorliegen, wird die Alpine Bau allen Erwartungen nach auf Platz vier verdrängt werden.