Menschen beim Skilanglauf in der Ramsau
AP/Matthias Schrader
2023 wärmstes Jahr

Extreme nehmen auch in Österreich zu

Der globale Klimawandel wirkt sich auch auf Österreich immer stärker aus, wie die Bilanz 2023 zeigt. Das Jahr ist gleichauf mit 2018 das wärmste Jahr seit Aufzeichnung der Messungen und hat eine Vielzahl an Temperaturrekorden gebracht. Neben außergewöhnlichen Stürmen, Regenmassen und Hochwasser gab es auch Probleme durch Trockenheit und Spätfrost.

Der Klimawandel ist nicht erst heuer in Österreich angekommen, seit etwa 40 Jahren steigen die Temperaturen deutlich und kontinuierlich. Aber die Auswirkungen des Klimawandels werden für immer mehr Menschen spürbar und sichtbar, nicht zuletzt die hohen Schäden, die es heuer in der Landwirtschaft, bei der Infrastruktur und in den Wäldern gegeben hat. In vielen Orten ist 2023 das wärmste Jahr der Messgeschichte, darunter Wien, Salzburg und Bregenz.

Im Mittel über die Niederungen kommt 2023 ex aequo mit 2018 auf Platz eins, heißt es von der GeoSphere Austria. Herausragend warm war der Herbst, der einzige unterdurchschnittlich kalte Monat war der April. Geregnet hat es heuer viel, mit einem Überschuss von 16 Prozent ist 2023 das feuchteste Jahr seit 1966. Dabei hat es Anfang des Jahres noch ganz anders ausgesehen.

Wassernebel zur Abkühlung am Ferdinand-Hanusch-Platz in Salzburg
picturedesk.com/Neumayr Fotografie
Wassernebel zur Abkühlung am Ferdinand-Hanusch-Platz in Salzburg Ende August

Von Trockenheit zu Unwettern

Am Beginn des Jahres war in vielen Regionen die Trockenheit ein Thema. In Niederösterreich und im Burgenland gab es Tiefstände beim Grundwasser, Bilder ausgetrockneter Seen im Raum Wiener Neustadt machten die Runde. Zwar gab es ein paar starke Schneefälle wie im Jänner in Unterkärnten und im Februar in der Obersteiermark, doch auf vielen Bergen lag wenig Schnee. Am Sonnblick in den Salzburger Tauern (3.109 Meter) betrug die Schneehöhe Ende Februar nur 127 Zentimeter, ein Negativrekord. Im Frühling kam es zur Wende. Der April war im Norden und Osten Österreichs der regenreichste seit fast 60 Jahren.

Im heißen Sommer folgten zahlreiche heftige Gewitter mit Starkregen und Hagel. An manchen Stationen fiel dabei so viel Regen wie noch nie in kurzer Zeit, im Juni etwa in Wels in Oberösterreich und Bruckneudorf im Burgenland über 100 Liter pro Quadratmeter in wenigen Stunden.

Auffällig waren im Sommer auch die vielen Windrekorde. Bad Eisenkappel in Kärnten verdoppelte seinen alten Juli-Rekord auf 121 km/h fast, Bad Radkersburg in der Steiermark wurde gar in den frühen Morgenstunden von Orkanböen heimgesucht. Die stärkste Sturmspitze wurde bei einem Gewitter in Innsbruck am Tower des Flughafens registriert: 161 km/h.

Regenrekorde im Süden und Westen

Wegen der vielen Gewitter mussten in Kärnten die Feuerwehren allein im Juli zu knapp 4.000 Einsätzen ausrücken, mehr als sonst in einem ganzen Jahr. Der August war für die Einsatzkräfte ebenfalls fordernd. Ein Italien-Tief brachte Anfang des Monats Unterkärnten und der Südsteiermark Rekordregen von über 200 Liter pro Quadratmeter. Die Folge: Hochwasser, Muren und Hangrutschungen. Auch der Wörthersee trat über die Ufer.

Wenige Wochen später formierte sich das nächste Italien-Tief und führte in Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Oberkärnten zu enormen Regenmengen. Begünstigt wurden beide Ereignisse vom extrem warmen Mittelmeer, das die Feuchtigkeit lieferte.

Aber es gab auch lange trockene Phasen, die ebenfalls in das Bild der Klimakrise passen. Anfang des Sommers fiel in Bregenz 25 Tage hintereinander kein Regen, ein Rekord. Zwettl im Waldviertel erlebte seinen niederschlagsärmsten Juli. Zusammen mit der Hitze stieg in Niederösterreich die Waldbrandgefahr, Wiesen vertrockneten.

Überflutete Felder aufgenommen am Montag, 28. August 2023, in Uttendorf
APA/EXPA/JFK
Überflutete Felder am 28. August in Uttendorf in Salzburg

Wärmerekorde am laufenden Band

Fast jeder Monat brachte Temperaturrekorde, und das in allen Höhenlagen. Das begann schon am Neujahrstag, als etwa Weitra in Niederösterreich mit knapp 19 Grad seinen Jänner-Rekord um eineinhalb Grad pulverisierte. Selbst auf der knapp 2.000 Meter hohen Schmittenhöhe in Salzburg gab es am 1. Jänner zwölf Grad. Mitte Februar stellte Tirol mit 21,7 Grad in Innsbruck einen neuen Temperaturrekord für den Winter auf, vereinzelt begannen im Weinviertel schon die Forsythien zu blühen.

Die Natur war ihrer Zeit voraus, und die Wärme ging im März weiter – erstmals blieb eine Nacht oberhalb von 2.000 Metern österreichweit frostfrei. Im April kam es wie oft in den letzten Jahren zu einem späten Kaltlufteinbruch. Teils strenger Frost bis minus acht Grad in Niederösterreich, im Burgenland und in der Steiermark führte zu schweren Schäden besonders bei Steinobst wie Marille, Zwetschke und Kirsche.

36 Grad in der Nacht

Das extremste Wetterereignis des Jahres ereignete sich am 22. Juni in der Nacht. Kurz vor 23:30 Uhr wurden in Oberndorf an der Melk in Niederösterreich 36,1 Grad gemessen – die höchste Temperatur, die in einer Nacht je in Österreich registriert wurde. Ausgelöst wurde die Hitze durch ein absterbendes Gewitter, dabei entstand eine Art Föhn.

Dieser 22. Juni war auch auf den Bergen extrem. Am 1.618 Meter hohen Feuerkogel in Oberösterreich wurden 27 Grad gemessen, so warm war es hier im Juni noch nie.

Dabei legte der Sommer einen holprigen Start hin, erst Mitte Juni und so spät wie seit 1990 nicht mehr wurde in Österreich die 30-Grad-Marke überschritten. An Hitzetagen war der Sommer dann reich, in Innsbruck gab es allein im August 15 Tage hintereinander über 30 Grad, ein neuer Rekord. Auch Tropennächte gab es zuhauf. Im Augst erlebte das Burgenland die wärmste Nacht seiner Geschichte, in Markt St. Martin sank die Temperatur nur auf 25,2 Grad.

Die höchste Temperatur des Jahres in Österreich – 37,7 Grad – wurde am 11. Juli in Bludenz gemessen. An diesem Tag schrieb auch der Sonnblick Geschichte. Mit 15,7 Grad war es hier so warm wie noch nie seit Messbeginn vor 137 Jahren. Für die heimischen Gletscher war das Jahr ein verheerendes. „Nach 2022 hat es die zweitgrößten Eisverluste der Messgeschichte gegeben“, so die Glaziologin Andrea Fischer von der Österreichischen Akademie der Wissenschaft (ÖAW). Schuld daran war auch der extrem warme Herbst.

Badegäste auf der Donauinsel in Wien
APA/Tobias Steinmaurer
Badegäste auf der Donauinsel in Wien Mitte Juli

Außergewöhnlicher Herbst und Frühwinter

Der Sommer ging im Herbst weiter, im September gab es fast nur Sonnenschein und so viele Sommertage wie noch nie. Lech in Vorarlberg – auf 1.442 Meter gelegen – erlebte selbst im Oktober noch einen Sommertag mit 25,1 Grad, in dieser Höhe einzigartig. Sogar 30,3 Grad zeigte das Thermometer in Langenlebarn in Niederösterreich. Im Oktober war es in Österreich davor noch nie so heiß. Und sogar Tropennächte gab es noch.

Ein spektakuläres Ereignis im November waren die Polarlichter, die in weiten Teilen Österreichs zu sehen waren. Dass man das Naturschauspiel bestaunen konnte, war Glück, denn der November war ungewöhnlich nass. In St. Wolfgang in Oberösterreich hat es mit 285 Liter pro Quadratmeter so viel geregnet wie noch nie. In Feldkirch in Vorarlberg gab es 26 Tage mit Regen.

Auch der Dezember brachte sehr viel Regen bzw. Schnee. Vorübergehend war es Anfang des Monats überall winterlich und kalt. Minus 25,4 Grad am 4. Dezember in Liebenau in Oberösterreich waren die tiefste Temperatur des Jahres im bewohnten Gebiet. Dann aber folgte starkes Tauwetter und vor Weihnachten eine außergewöhnliche Sturmlage, abermals mit vielen Rekorden. Böen von 135 km/h knickten in Mariazell in der Steiermark den Christbaum um.