Justizministerin Alma Zadic
APA/Eva Manhart
Signa-Pleite

Laute Rufe nach Konsequenzen

Auch die Vorzeigetöchter der Signa Holding, Signa Prime Selection AG und Signa Development Selection AG, haben zuletzt Insolvenz angemeldet. Nun gibt es erste Forderungen von Fachleuten nach Konsequenzen, vor allem, was „Transparenzschlupflöcher“ betrifft. Auch Justizministerin Alma Zadic (Grüne) sprach sich am Freitag für neue Regeln für „skrupellose Konzerne“ aus.

Das Imperium des Tiroler Investors Rene Benko kracht vielerorts, die Insolvenzen der beiden größten Brocken – Signa Prime und Signa Development – katapultierten die Verbindlichkeiten in den zweistelligen Milliardenbereich. Solange kein Durchblick beim verschachtelten Konzernkonstrukt besteht, ist aber auch eine endgültige Summe nicht absehbar.

Auch die Gläubiger müssen warten, bis Licht in die Sache kommt. Wie „profil“ und die „Süddeutsche Zeitung“ berichten, gehört zu den Gläubigern auch eine Firma des früheren deutschen Außenministers Joschka Fischer (Grüne).

Die Frage, wie es mit der Signa so weit kommen konnte, stellen nun viele – auch an die Politik. Die Signa sprach von einem „toxischen Mix“ aus hohen Zinsen, Inflation, Energiepreisen und Löhnen bei einem gleichzeitigen Nachfrageeinbruch und letztlich der Überprüfung durch die Europäische Zentralbank (EZB). Wieso aber zuvor niemand hinter die Kulissen schaute, bleibt vorerst unklar, die Vorwürfe wiegen schwer. So seien Bilanzen und Jahresabschlüsse nicht hinterlegt worden. Wie das Nachrichtenmagazin „News“ berichtete, sei das bewusst geschehen, Strafen seien in Kauf genommen worden.

Geringe Geldstrafen

Vorgeschrieben ist, dass Kapitalgesellschaften ihre Jahresabschlüsse beim Firmenbuchgericht einreichen müssen – in Österreich beträgt die Frist dafür neun Monate, wie der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Peter Bartos von BDO am Freitag gegenüber dem Ö1-Radio sagte. Geschieht das nicht, kann das Firmenbuchgericht Strafen verhängen, die sich im Fall keiner Besserung wiederholen. Die Strafen sind in der Relation allerdings gering: Zwischen 700 bis 3.600 Euro seien bei einmaliger Strafverhängung vorgesehen, so Bartos. Darüber hinaus gebe es keine Konsequenzen.

Rauswurf aus dem Firmenbuch

Für große Konzerne sind solche Strafen also leicht bezahlbar. Bartos sprach sich daher für eine andere Option aus, wie sie etwa Großbritannien ausübt. Veröffentlicht ein Unternehmen den Abschluss nicht pünktlich, könne es aus dem Firmenbuch gestrichen werden. Wenn eine Zwangsstrafe nicht ausreichend abschrecke, „dann wäre das natürlich eine sehr taugliche Variante, weil damit eben die Gesellschaft einfach aufgelöst wird und sich das Thema der weiteren Teilnahme am Geschäftsverkehr damit dann nicht mehr stellt“.

Auch Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer des Gläubigerschutzverbandes Creditreform, könnte sich eine Variante wie in Großbritannien vorstellen: „Das wäre wirklich eine harte Konsequenz, würde aber auch zeigen – um vor allem den Gläubigern eine gewisse Sicherheit zu bringen –, dass Bilanzen pünktlich hinterlegt werden. Und damit Offenheit und Transparenz herrschen“, so Weinhofer zu Ö1.

Immer mehr Signa-Firmen werden insolvent

Vor einem Monat hat die Signa Holding Insolvenz angemeldet, am Donnerstag war Signa Prime an der Reihe, seit Freitag ist nun auch Signa Development zahlungsunfähig.

Zadic: „Gezielte Manipulation verhindern“

Zuständig für eine solche Gesetzesänderung wäre das Justizministerium. Ressortchefin Zadic meldete sich auch am Freitag mit dem Ruf nach neuen Regeln zu Wort, ging dabei aber nicht ins Detail. „Dass die derzeitigen gesetzlichen Regeln für Jahresabschlüsse nicht ausreichen, zeigen auf dramatische Weise die jüngsten Signa-Insolvenzen“, zitierte das Ministerium in einer Aussendung Zadic.

Die Rede war von „skrupellosen Konzernen“, deren Schaden am Schluss „nicht nur wir alle zahlen – er untergräbt auch das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort und die heimischen Unternehmen“, so Zadic, die hier noch anfügte: „Wir müssen neue Regeln schaffen, um die gezielte und profitgetriebene Manipulation von Bilanzen auf Kosten der Allgemeinheit zu verhindern.“

Dobusch: „So ziemlich jedes Schlupfloch“

Leonhard Dobusch, Ökonom an der Uni Innsbruck und wissenschaftlicher Leiter des arbeitnehmernahen Momentum Instituts, sagte, die Pleite der Signa-Gruppe habe „so ziemlich jedes Transparenzschlupfloch aufgezeigt“, das es in den österreichischen gesellschaftsrechtlichen Regelungen gebe.

Dobusch sah das Problem nicht nur in den nicht vorgelegten Jahresabschlüssen, sondern auch darin, dass die Signa die Konsolidierungspflicht, den Abschluss für die finanziell verbundene Unternehmensgruppe unter einheitlicher Führung, umgangen habe. Der Konzern sei nun mit drei Gesellschaften unter den fünf größten Pleiten Österreichs. „Das ist aber nur deshalb so, weil die Signa eben ganz bewusst und gezielt eine Konsolidierungspflicht, also quasi die Pflicht, eigentlich einen gemeinsamen Jahresabschluss vorzulegen“, umgangen habe. „Dass es so eine einheitliche Führung gab, diesen Eindruck hat man ja auch auf der Webseite immer erweckt“, so Dobusch.

Er forderte zunächst drei Konsequenzen: wirksame Durchsetzungsregeln für die Hinterlegung von Jahresabschlüssen bei größeren Gesellschaften sowie selbiges für die Konsolidierungspflicht. Zum Dritten sollten Gruppen, die gemeinsam geführt werden, auch insolvenzrechtlich gemeinsam behandelt werden, um die Aufarbeitung zu erleichtern. Aber, so Dobusch: „Was man am Fall Signa sieht, ist: Die strengsten Regeln nutzen nichts, wenn sie nicht durchgesetzt werden.“

Chef der Finanzprokuratur sorgt sich um Staatsgeld

Der Signa-Kollaps wird die Republik Geld kosten. Darauf machte der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, am Wochenende in der „Krone“ aufmerksam. Dabei geht es um eine Zahlung von 20 Millionen Euro, über die die Signa Holding alle Ansprüche gegen die Gesellschaften der Signa, Organe und Berater in der kika/Leiner-Insolvenz bereinigen kann. 15 dieser 20 Millionen stehen nun infrage. Wie viel davon noch fließt, hänge von der Quote der Insolvenz des Verfahrens der Signa Holding ab.