Wrack des ausgebrannten Airbus A350 von Japan Airlines am Tokioter Haneda-Flughafen
Reuters/Issei Kato
Japan-Crash

Gesprächsprotokoll belastet Küstenwache

Einen Tag nach der tödlichen Kollision eines japanischen Passagierflugzeugs mit einer Maschine der Küstenwache auf dem Tokioter Flughafen Haneda hat die Verkehrsbehörde Gesprächsprotokolle veröffentlicht: Die Flugkontrolle habe dem Linienflugzeug von Japan Airlines die Landeerlaubnis erteilt, eine Startgenehmigung für die Küstenwachemaschine sei hingegen nicht erteilt worden.

Wie die Nachrichtenagenturen Reuters und Kyodo unter Verweis auf die Kommunikationsdaten zwischen den Flugzeugen und der Flugkontrolle berichteten, sei das Flugzeug der Küstenwache angewiesen worden, sich zu einem Haltepunkt in der Nähe der Start- und Landebahn zu begeben. Ein Beamter der japanischen Zivilluftfahrtbehörde sagte Reporterinnen und Reportern, dass es in den Protokollen keinen Hinweis darauf gebe, dass dem Küstenwacheflugzeug eine Starterlaubnis erteilt worden sei.

Ein Vertreter der Küstenwache wurde von Medien mit der Aussage zitiert, der überlebende Pilot der Maschine der Küstenwache habe direkt nach dem Unglück mit fünf Todesopfern gesagt, er habe eine Startgenehmigung gehabt. Der Vertreter räumte aber auch ein, dass es in den Protokollen dafür keinen Hinweis gebe.

Wrack des ausgebrannten Airbus A350 von Japan Airlines am Tokioter Haneda-Flughafen
Reuters/Kyodo
Alle Passagiere des völlig ausgebrannten Linienflugzeugs überlebten die Kollision

Die Linienmaschine vom Typ Airbus A350 der Japan Airlines war am Dienstag kurz vor 18.00 Uhr (Ortszeit) nach der Landung in Haneda mit einem Flugzeug der Küstenwache zusammengestoßen und ausgebrannt. Alle 379 Insassen der Passagiermaschine konnten sich über Notrutschen retten. Fünf Besatzungsmitglieder an Bord des Küstenwacheflugzeugs kamen dagegen ums Leben, nur der Pilot überlebte schwer verletzt. Der Brand der JAL-Maschine konnte mehr als sechs Stunden nach der Kollision unter Kontrolle gebracht werden. Die Maschine der Küstenwache wollte Hilfsgüter für die Überlebenden der Erdbebenserie auf die schwer betroffene Noto-Halbinsel bringen.

Unterstützung aus Frankreich und Großbritannien

Verkehrsminister Tetsuo Saito gab an, dass das Verkehrsministerium bei der Untersuchung uneingeschränkt kooperieren wolle und alle möglichen Sicherheitsmaßnahmen ergreifen werde, „um eine Wiederholung zu verhindern“. Die für schwere Unfälle mit Flugzeugen, Zügen und Schiffen zuständige Regierungsbehörde Japan Safety Transport Board (JTSB) untersucht den Vorfall aktuell.

Unterstützung bekommt JTSB aus Frankreich, wo das Airbus-Flugzeug hergestellt wurde, und Großbritannien, wo die beiden Rolls-Royce-Triebwerke produziert wurden, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen gegenüber Reuters. Die Regierungsbehörde nehme außerdem die ausgebrannten Wrackteile unter die Lupe.

Tokio: Rätselraten nach Flugzeugabsturz

Einen Tag nach der Kollision zweier Flugzeuge auf dem Flughafen Haneda in Tokio ist immer noch unklar, wie es zu dem Unglück kommen konnte.

Polizei richtete Spezialeinheit ein

Die Tokioter Polizei untersucht unterdessen, ob Fahrlässigkeit zu den Todesfällen und Verletzungen geführt haben könnte, berichteten mehrere Medien, darunter Kyodo und die Wirtschaftszeitung „Nikkei“. Die Polizei habe im Flughafen eine Spezialeinheit zur Untersuchung eingerichtet und plane, die Beteiligten zu befragen, sagte ein Sprecher.

„Es besteht die große Möglichkeit, dass ein menschliches Versagen vorlag“, sagte der Luftfahrtanalytiker und ehemalige JAL-Pilot Hiroyuki Kobayashi. „Flugzeugunfälle ereignen sich sehr selten aufgrund eines einzigen Problems, daher glaube ich, dass es auch dieses Mal zwei oder drei Probleme gab, die zu dem Unfall geführt haben.“ In einer Erklärung vom Mittwoch betonte JAL, das Flugzeug habe die Landeerlaubnis vor dem Anflug und der Landung erhalten und die Erlaubnis des Kontrollturms auch wiederholt.

Sicherheitsexperten sehen „Wunder“

Angesichts der Tatsache, dass alle Passagiere des Linienflugzeugs überlebten, sprachen Sicherheitsexpertinnen und -experten von einem „Wunder“. Konkret wurde die Crew der ausgebrannten Linienmaschine von Fachleuten gelobt, deren rasches Handeln eine hohe Opferzahl verhindert haben dürfte: Ed Galea, Professor und Direktor der Fire Safety Engineering Group an der University of Greenwich in Großbritannien, bezeichnete die Evakuierung laut „New York Times“ als „eine wundersame Arbeit“.

„Die Reaktionszeit der Crew war spektakulär“, wurde die Luftfahrtexpertin Trisha Ferguson, die sich fast drei Jahrzehnte mit dem Thema Passagiersicherheit befasste, in der US-Zeitung zitiert. Dass alle 379 Passagiere in Sicherheit gebracht werden konnten, sei ihr zufolge „ein Wunder“. Alex Macheras, ein Luftfahrtanalyst, sagte gegenüber der BBC, dass Japan Airlines als führend in Sachen Sicherheit bekannt sei.

Airline: Passagiere binnen 18 Minuten gerettet

Japan Airlines teilte am Mittwoch mit, dass die Passagiere nach der Kollision binnen 18 Minuten gerettet werden konnten – der letzte Passagier verließ das Flugzeug um 18.05 Uhr. Das Flugzeug landete um 17.47 Uhr. Grundsätzlich sind die Crews von Japan Airlines darauf trainiert, ihre Passagiere innerhalb von 90 Sekunden in Sicherheit zu bringen. Das sagte eine Sprecherin der Airline zuvor der „New York Times“. Aufgrund der Tatsache, dass nicht alle Ausgänge benutzt werden konnten, wurde die Rettung der Menschen aber zusätzlich erschwert.

Das Unglück hatte auch Folgen für den Flugverkehr: Alle Start- und Landebahnen des verkehrsreichsten Flughafens Japans waren am Unglückstag vorübergehend geschlossen worden, konnten aber bis auf die Unglücksstelle wieder geöffnet werden. JAL strich am Mittwoch mehr als 40 Inlandsflüge von und nach Haneda. All Nippon Airways (ANA) sagte ebenfalls Dutzende Flüge ab.