Premierministerin von Bangladesh, Sheikh Hasina
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Bangladesch

Wahlen fast ohne Opposition

120 Millionen Wähler und Wählerinnen sind in Bangladesch bei der Parlamentswahl am Sonntag registriert. Eine echte Wahl haben sie aber nicht. Die langjährige Premierministerin Scheich Hasina Wajed und ihre Awami-Liga stehen schon jetzt als Sieger fest – oder so gut wie. Die einzige Oppositionskraft, die die Regierung herausfordern könnte, die Bangladesh Nationalist Party (BNP), boykottiert die Wahl. Für Hasina ist es die vierte Amtszeit in Folge.

Seit ein paar Tagen patrouillieren Soldaten auf den Straßen der Hauptstadt Dhaka. Zur Sicherheit und um den Behörden während der Parlamentswahl und in den Tagen danach zu helfen, für Ruhe und Ordnung zu sorgen, wie die Armee vor dem Wochenende verlauten ließ – zusätzlich übrigens zu 750.000 Angehörigen der zivilen Sicherheitskräfte. Bangladesch hat 170 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen.

Die Opposition befürchtet weitere Repressionen. Sie sieht die Wahl mehrheitlich als Farce, die nationalistische BNP, die größte und einflussreichste Gruppierung, boykottiert sie überhaupt. Tausende und Abertausende Funktionäre und Anhänger der BNP sind im Gefängnis, die meisten eingesperrt seit den sozialen Protesten im Oktober und nach einer Reihe heftiger Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften.

Soldaten in Fahrzeug in Dhaka
IMAGO/ABACAPRESS/Habibur Rahman/Abaca
Soldaten kurz vor der Wahl auf den Straßen der Hauptstadt Dhaka

Bitterer persönlicher Machtkampf seit Jahrzehnten

Die regierende Awami-Liga und die oppositionelle BNP stehen einander seit Jahrzehnten feindselig gegenüber, was entscheidend mit den zwei Frauen an der Spitze der Parteien zusammenhängt, Hasina (Awami-Liga) und Khaleda Zia (BNP). Das spannungsreiche Verhältnis geht auf die Zeit der Trennung von Pakistan und die Erklärung der Unabhängigkeit von Bangladesch Anfang der 70er Jahre zurück – und auf die Ermordung von Hasinas Familie im Zuge eines Armeeputsches.

Proteste mit Anhängerinnen und Anhängern der BNP von 5.1.2018 bis 7.12.2023

Hasinas Vater, so etwas wie der Vater der bengalischen Nation, wurde bei dem Staatsstreich ebenso getötet wie viele andere Mitglieder ihrer Familie. Der Verdacht bestand, dass Zias Mann eine Rolle dabei spielte. Die Hintergründe wurden nie aufgeklärt, umso mehr haben sich Vorwürfe und Verdächtigungen verfestigt.

Zia, 78 Jahre alt, war selbst zweimal Premierministerin, Hasina, 76 Jahre alt, insgesamt viermal, demnächst vermutlich ein fünftes Mal. Beide haben im Regierungsamt autoritäre Züge gezeigt und einander nichts geschenkt. Zia steht unter Hausarrest, ihr Sohn, führender Kopf in der BNP, ist im Exil.

Das Parlament von Bangladesh, Vogelperspektive
IMAGO/Shahidul Alam
Parlament in Dhaka, bengalisch: „Jatiya Sangsad“, Haus der Nation

Premierministerin Hasina festigt ihre Macht

Hasina hat sich in den vergangenen Jahren immer öfter den Vorwurf gefallen lassen müssen, die demokratischen Institutionen zu schwächen und ihre Macht autoritär auszubauen. In der eigenen Partei, der Awami-Liga, und weit darüber hinaus, in der staatlichen Verwaltung, der Justiz und im Sicherheitsapparat.

Die letzte Parlamentswahl diente der Opposition als Beispiel. Die Awami-Liga gewann fast alle der 350 Sitze. Und auch in diesem Jahr besteht der Verdacht, dass allenfalls kosmetische Kunstgriffe das Bild von Demokratie vermitteln und über den Oppositionsboykott hinwegtäuschen können. Absprachen mit Kleinparteien zum Beispiel, die im Grunde wenig Unterstützung haben und keine Rolle spielen, oder die Aufstellung von Kandidaten, die nichts anderes sind als Attrappen.

Straßenszene in Dhaka
Reuters/Adnan Abidi
Wahlposter gibt es genug, Kandidaten der Regierungspartei auch, Oppositionelle sind Mangelware

Im Ausland wird Hasina oft positiver gesehen. Wirtschaftlich gilt Bangladesch in den 15 Jahren ihrer Regierung eher als Erfolgsmodell, zumindest steht einiges auf der Habenseite. Die Aufnahme der muslimischen Rohingya hat ihr Respekt eingetragen. Kritik an Demokratiedefiziten und Menschenrechtsverletzungen in den USA und der EU fängt sie ab, und zwischen China und Indien, den Riesen in der Nachbarschaft, manövriert sie geschickt.