Trauernde Menschen tragen Sarg
APA/AFP/Atta Kenare
Nach IS-Anschlag

Iranische Führung droht mit Vergeltung

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi und der Kommandeur der Revolutionsgarden drohen nach dem Anschlag der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mit Vergeltung. „Wir werden euch finden, wo immer ihr seid“, sagte Generalmajor Hussein Salami am Freitag bei der Beisetzung von Opfern des Bombenanschlags in Kerman, zu dem der radikalislamische IS sich bekannt hatte. Einmal mehr wiesen sie den USA und Israel die Verantwortung für den Anschlag zu.

Der IS, der den Anschlag vom Mittwoch mit mindestens 89 Toten für sich reklamiert hatte, „ist heutzutage verschwunden“, sagte Salami während der Trauerzeremonie. Er hob hervor, Dschihadisten würden „nur als Söldner“ der USA und Israels agieren. Die Regierung in Teheran hat den USA und Israel wiederholt vorgeworfen, militante Gruppen bei Anschlägen in der Islamischen Republik zu unterstützen.

Innenminister Ahmad Wahidi sagte im Staatsfernsehen, es sei eine Anzahl Verdächtiger festgenommen worden, nannte aber vorerst keine Details. Der iranische Geheimdienst meldete wenig später, neun Menschen in sechs Provinzen festgenommen zu haben. Die Personen seien Teil eines Netzwerkes von Unterstützern der Attentäter gewesen, so die staatliche Nachrichtenagentur Irna am Freitag unter Berufung auf eine Mitteilung des Geheimdienstes.

Bei einer Razzia der Unterkunft der beiden Selbstmordattentäter in Kerman seien weitere Sprengstoffgürtel gefunden worden, hieß es weiter. Einer der beiden Attentäter habe die tadschikische Staatsbürgerschaft gehabt. Unabhängig überprüfen lassen sich Informationen des iranischen Geheimdienstes nicht.

Mögliche Antwort des Iran auf Anschlag

Der Iran würde die Anschuldigung gegen Israel und den USA bezüglich des Anschlags nicht zurücknehmen, berichtet ORF-Korrespondentin Katharina Wagner. Sie ordnet weiters ein, wie ein Vergeltungsschlag des iranischen Regimes gegen den IS aussehen könnte.

Trauernde fordern Rache

Das Staatsfernsehen berichtete von der Trauerfeier für die Anschlagsopfer in Kerman. Es zeigte Bilder von einem religiösen Zentrum, wo sich eine dichte Menschenmenge versammelt hatte. Familienangehörige weinten über den mit der iranischen Flagge bedeckten Särgen der Getöteten. Unter den Toten sollen laut übereinstimmenden iranischen Medienberichten auch ein Dutzend Kinder unter 15 Jahren gewesen sein.

Trauernde Frau vor Särgen
AP/Vahid Salemi
Mindestens 89 Menschen wurden bei dem Anschlag in Kerman am Mittwoch getötet

„Rache, Rache“, forderten Trauernde. Sie skandierten „Tod für Amerika“ und „Tod für Israel“ und hielten auch gelbe Fahnen der proiranischen Hisbollah im Libanon und Porträts des vor vier Jahren vom US-Militär getöteten iranischen Generals Kassem Soleimani, auf dessen Trauerfeier der Anschlag passiert war, in die Höhe.

Präsident Raisi sagte, die IS-Miliz sei von Israel „ausgebildet“ worden. Die Vergeltung für den Anschlag werde kommen – „zu der Zeit und an dem Platz, der von unseren Kräften bestimmt wird“. In seiner Ansprache würdigte er auch die radikalislamische Hamas, die am 7. Oktober bei einem brutalen Überfall auf Israel 1.400 Menschen getötet und 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt hatte.

Iranischer Präsident Ebrahim Raisi hält Rede
APA/AFP/Iranian Presidency
Der iranische Präsident Raisi würdigte in seiner Rede auch die Hamas, die für den brutalen Überfall auf Israel verantwortlich war

Tödlichster Anschlag in Geschichte des Iran

Fast hundert Menschen waren am Mittwoch bei einer Gedenkfeier anlässlich des vierten Todestages des Spitzenkommandeurs der Revolutionsgarden, Soleimani, in dessen Heimatort Kerman getötet worden. Rund 300 Menschen wurden verletzt. Der IS hatte am Donnerstag erklärt, zwei seiner Angehörigen hätten inmitten der Menschenmenge mit Sprengstoffgürteln einen Selbstmordanschlag verübt. Der Anschlag war der tödlichste in der rund 45-jährigen Geschichte der Islamischen Republik.

Zerstörtes Auto nach Anschlag
APA/AFP/Isna/Sare Tajalli
Die radikalislamische Terrormiliz Islamischer Staat reklamierte am Donnerstag den Anschlag für sich

Schon früher IS-Angriffe im Iran

Vor mehr als einem Jahr hatte der IS bereits einen Anschlag auf ein schiitisches Heiligtum in der Kulturmetropole Schiras für sich reklamiert. Bei der Attacke im Oktober 2022 kamen mehr als ein Dutzend Menschen ums Leben. Die Justiz ließ daraufhin zwei Männer mit afghanischer Staatsbürgerschaft öffentlich hinrichten, die der Iran für die Attacke verantwortlich gemacht hatte. Die IS-Miliz reklamierte auch zwei Bombenanschläge im Jahr 2017 auf das iranische Parlament und das Grab des Gründers der Islamischen Republik, Ajatollah Ruhollah Chomeini, für sich.

Der IS betrachtet die im Iran vorherrschende schiitische Bevölkerungsmehrheit als Abtrünnige des Islam und verachtet sie. Die Schia, die kleinere der beiden großen Strömungen im Islam, ist Staatsreligion der Islamischen Republik. Ein regionaler Ableger des IS ist im Nachbarland Afghanistan aktiv, wo die Gruppe nahe Pakistan eine „Provinz“ namens IS-Chorasan errichten will.

Der IS rief unterdessen zu weltweiten Angriffen gegen Juden und Christen auf. Explizit genannt wurden in der heute über die Propagandawege veröffentlichten Audiobotschaft der Islamisten Europa und die USA. Der Sprecher der Dschihadisten, Abu Hudhaifa al-Ansari, warnte auch die Hamas davor, mit schiitischen Gruppen zu kooperieren.