Signa-Zentrale auf der Freyung in Wien
ORF/Christian Öser
Grüne, NEOS

Signa-Pleite schlägt politisch weiter Wellen

Die Insolvenz des Signa-Konzerns des Tiroler Immobilieninvestors Rene Benko beschäftigt nicht nur die Gläubiger, sondern auch die Politik. Die Grünen etwa stellten eine parlamentarische Anfrage zur „Steueroptimierungsstrategie“ Benkos an Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Während der Sanierer mehr Geld von den Investoren will, werden erste Einrichtungsteile der Signa-Büros versteigert, darunter Klobürstenhalter.

Die Grünen fordern von Brunner die Einleitung einer Untersuchung. Das Finanzamt Innsbruck habe „steuerliche Trickserei allem Anschein nach anfänglich akzeptiert“, heißt es in der Anfrage. Grund sind angeblich nicht geleistete Umsatzsteuerzahlungen und die Pfandrechtseintragung für Benkos Villa bei Innsbruck. NEOS kündigte ebenfalls Anfragen auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene an.

Grüne und NEOS vermuten Umsatzsteuertricksereien – Benko habe die Villa, für die Grünen ein „Palazzo Protzo“, nicht widmungskonform genutzt, so der Vorwurf. Der grüne Bürgermeister von Innsbruck, Georg Willi, stellte das erst am Mittwoch in Abrede: Es habe sich um eine rechtskonforme Widmung und Verwendung gehandelt – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Ab wann wusste Brunner Bescheid?

Die Grünen im Bund gehen davon aus, dass eine Gesellschaft gegründet wurde, die die Vorsteuer geltend machte – ob die Umsatzsteuer je in der gleichen Höhe vom Staat eingenommen werden kann, sei aber fraglich. „Am Ende des Tages gibt es vor allem einen Begünstigten: Rene Benko selber“, heißt es in der Anfrage. Das wurde unternehmensseitig in Abrede gestellt. Der vorliegende Fall lege jedenfalls „die Dringlichkeit offen, das zögerliche Tun der Finanz genauer zu untersuchen“, so die Grüne Nina Tomaselli.

Grundsätzlich wird hinterfragt, wann und wie oft Betriebs- und Steuerprüfungen erfolgt sind und welche Stellen des Finanzamts und des Finanzministeriums involviert waren. Auch ab wann Brunner Bescheid wusste, dass die „Steuerschuld einer einzigen privat genutzten Villa von zwölf Mio. Euro“ existiert, will der kleine Koalitionspartner wissen. Dazu stellen sie 14 Fragen mit weiteren Unterfragen an Brunner. In der Anfrage wird auch das Nichthinterlegen von Bilanzen von Signa-Gesellschaften kritisiert und thematisiert.

NEOS sieht „deutlich größeren Betrug“

NEOS ortete zuletzt einen „vermutlich deutlich größeren Betrug an den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern“, wie die Innsbrucker Gemeinderätin und Spitzenkandidatin für die kommende Gemeinderatswahl, Julia Seidl, erklärte. „Hätte Benko diese Villa privat finanziert, hätte er dafür von ihm versteuerte Einnahmen einsetzen müssen. Da er das Ganze aber über ein dubioses Firmenkonstrukt organisierte, steht jetzt im Raum, dass es sich dabei um eine verdeckte Ausschüttung an Benko handelt“, so Seidl.

Jürgen Sykora, Berufsgruppenobmann der Steuerberater, erinnerte im Ö1-Morgenjournal daran, dass es ein grundlegendes Recht eines jeden Unternehmens auf einen Vorsteuerabzug gibt. Ob es sich bei der Benko-Villa um ein dubioses Konstrukt handle, wollte er mit Verweis auf einen nicht hinlänglich bekannten Sachverhalt nicht einschätzen. Schließlich sei in nächster Instanz wohl ein Gericht am Zug. Der Gesetzgeber habe im Umsatzsteuerrecht jedenfalls keinen Handlungsbedarf. Das sei zwar sehr komplex, aber „der Rechtsstaat funktioniert“, meinte Sykora.

Sanierer bittet Gläubiger um frisches Geld

Im Sanierungsverfahren wurden unterdessen die bisherigen Geldgeber von Signa aufgefordert, nochmals Geld „nachzuschießen“, um ein Verfahren in Eigenverwaltung sicherzustellen und Notverkäufe zu vermeiden. Das geht aus einem Brief des Sanierungsvorstands der beiden Signa-Töchter Prime und Development, Erhard Grossnigg, an Signa-Investoren hervor, aus dem am Donnerstag die Magazine „profil“ und „Spiegel“ zitierten.

Dem Brief zufolge geht es um 350 Mio. Euro, die Grossnig versucht, bis 15. Jänner aufzustellen. Die Summe soll die beiden insolventen Aktiengesellschaften Signa Prime und Signa Development durch die nächsten drei bis vier Monate tragen, zitieren „profil“ und „Spiegel“ aus dem Rundschreiben des im Dezember an Bord geholten Sanierers Grossnigg.

Einrichtungsteile von Signa unter dem Hammer

Die Insolvenz des Signa-Konzerns des Tiroler Immobilieninvestors Rene Benko beschäftigt weiterhin die Öffentlichkeit. Nun werden erste Einrichtungsteile der Signa-Büros versteigert, darunter Klobürstenhalter.

„Wahren Wert erhalten, anstatt Vermögen zu vernichten“

Die Eigenverwaltung im Insolvenzverfahren könne „nur funktionieren, wenn ‚wir‘ Liquidität erhalten, um unsere wesentlich werthaltigen Bauprojekte fortzusetzen und den wahren Wert erhalten, anstatt Vermögen zu vernichten“, heißt laut Bericht in dem Schreiben. Die Kapitalspritze solle helfen, eine Zerschlagung und damit einen höheren Schaden für die Investoren abzuwenden.

Auch in den Insolvenzanträgen von Prime und Development ist laut „profil“ von einer Überbrückungsfinanzierung „durch Emission eines Substanzgenussrechts/Massekredits“ die Rede. Allerdings ist das neuerliche Investment mit einem deutlichen Risiko verbunden. Es sei, so heißt es im Brief, „nur für professionelle Anleger geeignet, die das Risiko eines erheblichen Verlusts oder sogar eines Totalverlusts ihres Investments akzeptieren können“.

Grossnig zeigt sich „optimistisch“

Laut Grossnig war die erste Resonanz positiv, er zeigt sich „optimistisch“, fixe Zusagen gebe es aber noch nicht. Laut „Spiegel“ stößt das Vorhaben auf große Skepsis. Ein Kernproblem sei, dass unklar sei, wie viel Kapital nötig sein werde, wenn die 350 Mio. Euro in drei Monaten aufgebraucht sind. Die Geldspritze soll mittels Genussscheinen erfolgen, mit neun Prozent Zinsen pro Jahr, einer halbjährlichen Zinszahlung sowie einer Beteiligung am Mehrertrag.

Am Freitag bestätigte die deutsche RAG Stiftung den Erhalt eines entsprechenden Briefs. Die Stiftung, sie ist an Signa Prime und Signa Development beteiligt, prüfe das Schreiben. Signa-Gesellschafter Hans Peter Haselsteiner denkt über eine Finanzspritze für Signa Prime nach, sagte er gegenüber dem „Handelsblatt“. Grundsätzliche Bereitschaft für ein Darlehen signalisierte er vor dem Jahreswechsel gegenüber den „Oberösterreichischen Nachrichten“. Das sei „möglich, wenn alle zustimmen“, so der Investor.

Am Freitag gingen nach der Auflösung des mondänen Signa-Firmensitzes im Palais Harrach die ersten Teile der Büroeinrichtung in die Versteigerung. Unter den Hammer kommen in den ersten drei Auktionen mehr als 460 Objekte aus den Büroräumlichkeiten von Benko. Gestartet wird am 19. Jänner, mitbieten ist ab sofort möglich. Bis Anfang März soll das Palais geräumt sein. Ersteigert werden können Marmor-Raumteiler, bronzene Klobürsten sowie der Nachlass der österreichischen Schauspielerin Hedy Lamarr.

Steuerberater warnt vor „Sanierungsspiel“

Der Steuerberater Johann Neuner warnte gegenüber der „Kleinen Zeitung“ davor, dass die bisherigen Eigentümer zulasten der Gläubiger von der Verwertung stark profitieren könnten. Wenn nach dem Schuldenschnitt Immobilien in Bestlagen wertvoller als während der Sanierung dargestellt würden, könne es Dividenden sowie Provisionen für den Sanierer geben.

Damit die Sanierung nicht ausschließlich zulasten der Gläubiger erfolgt, forderte er, dass diese von den insolventen Signa-Gesellschaften eine Zusatzquote erhalten. „Eine Besserungsklausel für den Fall, dass in den nächsten Jahren der Verkehrswert der Liegenschaften wieder steigt.“ Das werde, so der Steuerberater, schon allein aufgrund erwarteter Zinssenkungen der Fall sein. Ein Vorschlag wäre die Aufteilung eines möglichen Gewinns.

Bei der Abwicklung der Kärntner Hypo Alpe Adria hätten die internationalen Gläubiger eine Besserungsklausel zur Bedingung gemacht – sie bekommen letztlich eine Quote von fast 100 Prozent. „Sie durchschauten das Sanierungsspiel.“ Eine Besserungsklausel müsse bei Signa zur „Conditio sine qua non“ für die Zustimmung zum Sanierungsplan werden, so Neuner.

Wer muss für den Schaden geradestehen?

Laut „Standard“ wird unterdessen geprüft, inwieweit Benko bzw. Geschäftsführer der Signa-Gruppe zur Verantwortung gezogen werden können. Das sei möglich, wenn Geschäftsführer einen Schaden verschuldet haben, heißt es im Bericht – sie könnten von den Gläubigern geklagt werden. Sollten die Juristen zum Schluss kommen, dass Benko eine „faktische Geschäftsführung“ innehatte, würde er für ein etwaiges Fehlverhalten persönlich haften.

Benko war zuletzt im Vorsitz des Signa-Beirats. Auch die Aufsichtsräte könnten, wenn durch sie Schaden entstanden ist, haftbar gemacht werden. Auch strafrechtliche Konsequenzen seien schließlich möglich, wie auch Finanzprokuratur-Chef Wolfgang Peschorn zuletzt in der ZIB2 sagte. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.