Bühnenperformance von The Last Dinner Party
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The Last Dinner Party

Gitarren-Renaissance bei BBC-Musikprognose

Zum ersten Mal seit Jahren hat die britische BBC bei ihrer Prognose für die nächsten großen Stars im Musikbusiness wieder eine Gitarrenband auf den ersten Platz gehoben: die Londoner Frauen-Indie-Band The Last Dinner Party. Dass Frauen in der britischen Musik derzeit den Ton angeben, zeigte sich im Vorjahr auch in den Charts – allerdings zählten die Gewinnerinnen der vergangenen Ausgaben der „BBC Sound of …“-Listen nicht dazu.

The Last Dinner Party starteten in Großbritannien schon im Vorjahr durch: Durch ein YouTube-Video eines ihrer Konzerte wurde die Band von Plattenfirmen entdeckt, es folgten Auftritte als Vorband der Rolling Stones in London und weitere umjubelte Gigs.

Der Debütsong „Nothing Matters“ landete bereits in den britischen Charts, ein opulenter Song mit bittersüßer Melodie, bei dem die Stimme von Sängerin Abigail Morris stark an Kate Bush erinnert. Modisch haben sich die fünf Frauen eine Art Barockstil verpasst, was ihnen prompt die Bezeichnung „Barockpop“ einbrachte – und optische Vergleiche mit den 80er-Poppunks Adam and the Ants.

Signal gegen „TikTokisierung“ der Musik?

Immerhin steht erstmals seit der US-Schwesternband Haim 2013 und zum vierten Mal insgesamt wieder eine Gitarrenband ganz oben auf der Liste, für die die Wertungen von knapp 150 Expertinnen und Experten herangezogen wurden. Damit wurde die langjährige Vorherrschaft von elektronischer Musik, R&B und Singer-Songwriter an der Spitze der Prognose gebrochen.

Abzuwarten bleibt, ob The Last Dinner Party den Vorschusslorbeeren auch gerecht werden. Immerhin soll schon im Februar das Debütalbum erscheinen. Von den Gewinnerinnen des Vorjahrs, dem R&B-Trio Flo, von denen man generell recht wenig gehört hat, ist das noch ausständig.

Bühnenperformance von The Last Dinner Party
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The Last Dinner Party setzen auch auf Optik

PinkPantheress, Siegerin von 2022, konnte im Vorjahr immerhin mit „Boy’s a Liar“ einen großen Hit landen. Mit ihren knackigen Soundschnipseln galt PinkPantheress als Postergirl der „TikTokisierung“ der Musik. Die heurige Wahl von The Last Dinner Party könnte da bereits als Gegentrend gesehen werden.

Charts von Frauen dominiert

Dass auf den ersten vier Plätzen ausschließlich Frauen zu finden sind, ist wohl kein Zufall: Auch in den britischen Charts gaben im vergangenen Jahr Frauen den Ton an. Laut den Daten des British Phonographic Institute standen 2023 Künstlerinnen 31 Wochen an der Spitze der britischen Singlecharts.

Zehn Wochen auf Platz eins gehörten Miley Cyrus, die mit „Flowers“ die erfolgreichste Single des Jahres hatte. Ebenfalls ganz oben in der Hitparade landeten im Vorjahr Dua Lipa, Ellie Goulding, Kenya Grace, Raye, Billie Eilish, Doja Cat, Olivia Rodrigo und Taylor Swift.

Sieben Songs der Top Ten des Jahres stammten von Frauen, auch unter den Top 20 stellten Künstlerinnen die Mehrheit der Lieder. Darüber hinaus waren 48,5 Prozent aller Songs, die in diesem Jahr die Top Ten erreichten, von Frauen – entweder solo oder in Form von Kollaborationen.

BBC-Prognose vor allem zu Beginn treffsicher

Die seit 2003 durchgeführte BBC-Prognose brachte mit zunehmender Beachtung freilich auch selbst die gekürten Künstlerinnen und Künstler ins Rampenlicht. Wirklich treffsicher erwies sich die Liste vor allem zu Beginn: Gleich im ersten Jahr stand der damals noch kaum bekannte US-Rapper 50 Cent an der Spitze, 2008 war es Adele, 2014 Sam Smith.

Doch nicht nur die Sieger, sondern auch weiter hinten platzierte Künstlerinnen und Künstler schafften den Durchbruch: Lady Gaga landete 2009 auf Platz sechs, Florence and the Machine wurden im selben Jahr zweite. Überhaupt lesen sich die Nominiertenlisten der vergangenen 21 Jahre wie das Who’s who der Musikstars: So finden sich darauf unter anderen Foals, Vampire Weekend, Frank Ocean, George Ezra, Bloc Party, Franz Ferdinand, Stormzy und Rosalia.