US-Präsident Joe Biden
APA/AFP/Mandel Ngan
Zum Jahrestag des Kapitolsturms

Biden auf Konfrontationskurs mit Trump

US-Präsident Joe Biden verstärkt seine bisher ruhige Kampagne zur Wiederwahl ins Weiße Haus. Zum dritten Jahrestag der Erstürmung des Kapitols in Washington zeichnete er das Bild einer bedrohten Demokratie, sollte erneut Ex-Präsident Donald Trump das Steuer übernehmen. Damit ging Biden entgegen seiner sonstigen präsidentiellen Zurückhaltung direkt auf Angriff.

Am Samstag jährt sich die Erstürmung zum dritten Mal, damals hatte ein wütender Mob aus Trumps Anhängern den Sitz des Kongresses in Washington gestürmt, um die formelle Bestätigung von Bidens Wahlsieg über Trump zu verhindern. Trump hatte zuvor seine Anhängerschaft in einer Wutrede angefeuert.

Am Freitag trat Biden in einer Schule in Blue Bell im Bundesstaat Pennsylvania auf, um für seine Wiederwahl im November zu werben. Die Ansprache war ursprünglich für Samstag geplant gewesen, wurde jedoch wegen eines drohenden Wintersturms vorgezogen. Der Veranstaltungsort wurde wegen seiner historischen Bezüge ausgewählt: Blue Bell liegt nahe Valley Forge, wo im Winter 1777/78 der spätere erste US-Präsident George Washington mit seinen Truppen im Unabhängigkeitskrieg gegen die britischen Kolonialherrscher lagerte.

Amerikas „heilige Sache“

Am Freitag griff Biden seinen republikanischen Kontrahenten scharf und direkt an. Er warf Trump vor, Rhetorik aus der Nazi-Zeit zu verwenden. Der Republikaner spreche davon, dass das Blut von Amerikanern vergiftet werde, und habe seine Widersacher als „Ungeziefer“ bezeichnet, „genau die gleiche Sprache, die in Nazi-Deutschland verwendet wurde“. Fast flüsternd sagte Biden: „Wie kann er es wagen? Wer in Gottes Namen glaubt er, wer er ist?“ Wenn Trump erneut gewählt werde, gebe es „Rache und Vergeltung“ an politischen Gegnern. Trump wolle mit Lügen „die Geschichte stehlen“, so Biden. „Wir wissen alle, wer Donald Trump ist. Die Frage lautet, wer sind wir?“ Trump sei „bereit, unsere Demokratie zu opfern, um an die Macht zu gelangen“.

Biden warnt vor Rückkehr von Trump

US-Präsident Joe Biden verstärkt seine bisher ruhige Kampagne zur Wiederwahl ins Weiße Haus. Zum dritten Jahrestag der Erstürmung des Kapitols in Washington zeichnete er das Bild einer bedrohten Demokratie, sollte erneut Ex-Präsident Donald Trump das Steuer übernehmen.

Die heurige Wahl drehe sich allein darum, ob die Demokratie noch „Amerikas heilige Sache“ sei. Er selbst behalte als oberstes Ziel die Verteidigung, den Schutz und die Bewahrung der Demokratie bei, so Biden. Trump hingegen weigere sich standhaft, politisch motivierte Gewalt zu verurteilen.

Schlechte Umfragewerte

Vor der Ansprache hatte Bidens Wahlkampfteam seinen ersten Wahlwerbespot veröffentlicht. In dem einminütigen Clip warnte Biden vor einer „extremistischen Bewegung, die die grundlegenden Überzeugungen unserer Demokratie nicht teilt“. Trump erwähnt der Präsident zwar nicht namentlich, doch werden unter anderem Bilder von dem Angriff auf das Kapitol 2021 gezeigt. „Ich habe die Bewahrung der amerikanischen Demokratie zu einem wesentlichen Thema meiner Präsidentschaft gemacht“, so der 81-Jährige.

Biden verzeichnete zuletzt – trotz Besserungen in der US-Wirtschaftslage – miserable Zustimmungswerte von unter 40 Prozent, seine Kampagne kam bisher nicht richtig in Schwung. Viele Wählerinnen und Wähler gaben in Umfragen an, Biden sei zu alt. Auch seine Israel-Politik stieß vor allem bei Jungen auf Ablehnung.

Prozesse während des Wahlkampfs

Trump hingegen haben seine juristischen Verstrickungen bisher nicht geschadet, obwohl er mit mehreren Anklagen konfrontiert ist. Der Rechtspopulist nutzt seine Gerichtstermine für wahlkampfartige Auftritte, in denen er sich als Opfer einer parteipolitisch motivierten Justiz inszeniert. In den landesweiten Umfragen liegen Trump und Biden in etwa gleichauf. In mehreren der als wahlentscheidend geltenden Bundesstaaten – den „Swing-States“ – lag Trump zuletzt vor Biden.

Wegen seiner Versuche, das Wahlergebnis zu kippen, wurde Trump zweimal angeklagt, von der Bundesjustiz sowie im Bundesstaat Georgia. Die Prozesse könnten in den kommenden Monaten und somit inmitten des Wahlkampfes beginnen.

Höchstgericht schaltet sich ein

Im internen Rennen der Republikaner um die Präsidentschaftskandidatur ist der 77-Jährige klarer Favorit. Mit einem Durchschnittswert von mehr als 60 Prozent in den Umfragen liegt er weit vor seinen sechs Konkurrenten. Die monatelange Serie von Vorwahlen zur Kür der Präsidentschaftskandidaten beginnt am 15. Jänner im Bundesstaat Iowa, wo die Republikaner über die Bewerber abstimmen werden.

In Colorado und Maine wurde Trump vom Wahlzettel gestrichen – Entscheidungen, die er juristisch anfechten will. Am Freitag gab der Oberste Gerichsthof in den USA bekannt, dass er einen entsprechenden Antrag Trumps aufgreifen werde. Der Fall soll am 8. Februar vor dem Gericht in der Hauptstadt Washington verhandelt werden.

Herausforderin Haley hinter Trump

Trump begeht dieser Tage eine Reihe von Wahlkampfveranstaltungen in Iowa. Seine beiden stärksten internen Konkurrenten, Floridas Gouverneur Ron DeSantis und Ex-Botschafterin Nikki Haley, traten am Donnerstag gemeinsam bei einer Veranstaltung in dem Bundesstaat im Mittleren Westen auf. Haley warnte dabei vor „Chaos“ bei einem erneuten Einzug Trumps ins Weiße Haus. Sie hatte selbst als Botschafterin bei der UNO dem Trump-Regierungsteam angehört.

Haley, die früher auch Gouverneurin von South Carolina war, verwies auch auf Umfragen, wonach sie im landesweiten Vergleich vor Biden liegt – und damit besser abschneidet als Trump. In den Erhebungen zum internen Wettbewerb der Republikaner liegt Haley allerdings mit einem Mittelwert von zuletzt etwa elf Prozent weit hinter Trump.