Archivbild von Angriffen an libanesisch-israelischer Grenze
APA/AFP/Jalaa Marey
Raketen auf Israel

Hisbollah-Angriff nach Tod von Hamas-Vize

Nach der Tötung von Hamas-Vizechef Saleh al-Aruri im Libanon hat die proiranische Hisbollah nach eigenen Angaben am Samstag über 60 Raketen auf einen israelischen Militärstützpunkt abgefeuert. Israel bestätigte den Beschuss. Das Militär habe darauf mit Angriffen auf eine „Terrorzelle“ reagiert. Die Lage im Grenzgebiet ist angespannt.

„Als Teil der ersten Reaktion auf das Verbrechen der Ermordung“ von Aruri habe die Hisbollah „den Luftstreitkräftestützpunkt Meron mit 62 verschiedenen Raketentypen“ beschossen, erklärte die mit der Hamas verbündete Miliz. Das waren mehr als an vergangenen Tagen seit Beginn des Gaza-Kriegs Anfang Oktober.

Israels Armee reagierte umgehend mit Gegenschlägen. Einer der Abschussorte im Libanon sei unter Feuer genommen worden, teilte das Militär mit. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, das christliche Dorf Rmesch im Südlibanon sei von Israel aus heftig beschossen worden. Kampfflugzeuge würden zudem die Orte Hula und Jarun beschießen. Berichte über mögliche Opfer oder Schäden gab es nicht.

Die Lage im Grenzgebiet sei sehr angespannt, hieß es aus libanesischen Sicherheitskreisen weiter. Die UNO-Beobachtermission UNIFIL habe die zweithöchste Alarmstufe ausgerufen. Soldaten der Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon, die seit 1978 das Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon überwacht, müssten Schutzwesten und Helme tragen sowie sich in der Nähe von Bunkern aufhalten.

Israel dementiert und bestätigte Beteiligung nicht

Aruri, Vizeleiter des Politbüros der Hamas, war bei einer Explosion in einem Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut ums Leben gekommen. Für die Explosion macht die Hisbollah-Miliz die israelische Armee verantwortlich. Auch ein US-Beamter in Washington gab an, dass der Tod Aruris auf einen israelischen Angriff zurückzuführen sei. Israel hat eine Beteiligung am gewaltsamen Tod Aruris weder bestätigt noch dementiert.

Sarg von Saleh al-Arouri in Beirut
IMAGO/ZUMA Wire/Daniel Carde
In Beirut wurde der Vizechef der Hamas getötet

Aruri, den Israel als Drahtzieher von Anschlägen im Westjordanland sah, galt schon länger als mögliches Anschlagsziel. Er soll für die Aktivitäten der Hamas im Westjordanland zuständig gewesen sein. „Wer auch immer das getan hat, es muss klar sein, dass dies keine Attacke auf den libanesischen Staat war. Es war nicht einmal eine Attacke auf die Hisbollah“, sagte der Sicherheitsberater der israelischen Regierung, Mark Regev. Der mutmaßliche Angriff habe allein der Hamas gegolten.

Hisbollah-Chef warnt Libanon

Die mit der Hamas verbündete Hisbollah im Libanon, die wiederum vom Iran unterstützt wird, drohte umgehend mit Vergeltung für die Tötung Aruris. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah warnte am Freitag vor Folgen für den Libanon, sollte seine Miliz nicht auf die Tötung Aruris reagieren. Angesichts eines derartigen Vorfalls könne die Hisbollah nicht schweigen. „Dieses Verbrechen wird niemals ohne Antwort oder Strafe vorübergehen“, hieß es von der Hisbollah.

Die Regierung im Libanon hatte mit der Miliz zunächst Kontakt aufgenommen, um sie von einer Angriffswelle abzuhalten. Die Regierung ist nur eingeschränkt handlungsfähig. Zurzeit wird das Land von Ministerpräsident Nadschib Mikati geschäftsführend geleitet. Seit über einem Jahr scheitert die Wahl eines Präsidenten immer wieder an Machtkämpfen innerhalb der politischen Elite.

Israel fordert für die Sicherheit seiner Bürger und Bürgerinnen im Norden des Landes, dass sich die Hisbollah-Miliz von der Grenze zurückzieht, und hat gedroht, dass es dafür notfalls auch militärische Mittel einsetzen könnte, falls diplomatische Bemühungen nicht zum Erfolg führen sollten. Seit dem Beginn der Kämpfe mussten schon mehr als 76.000 Menschen ihre Häuser im Südlibanon nahe der Grenze verlassen, auf israelischer Seite wurden mehr als 80.000 Israelis aus ihren Heimatorten im Grenzgebiet gebracht.