Aharon Barak, der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofs
Reuters/Ronen Zvulun
Anhörung in Den Haag

Israel schickt Ex-Höchstrichter Barak

Israel wird anlässlich der Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) zum Gaza-Krieg den ehemaligen Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, Aharon Barak, als zusätzlichen Richter nach Den Haag schicken. Israel muss sich auf Betreiben Südafrikas wegen Völkermords verantworten. Mit der Entsendung macht Israel von seinem Recht Gebrauch, als beklagtes Land einen weiteren Richter zu stellen. Dass die Wahl auf Barak fiel, kam für viele aber überraschend.

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums bestätigte am Sonntag entsprechende Medienberichte. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe der Ernennung des 87-jährigen Holocaust-Überlebenden zugestimmt. Bereits zuvor hatten israelische Medien übereinstimmend berichtetet, dass Barak für Israel Teil des Richtergremiums werden soll.

Die Nachricht kam überraschend, weil Barak als Kritiker der Justizreform gilt, die Netanjahus rechts-religiöse Regierung im vergangenen Jahr trotz heftiger Proteste durchsetzen wollte. Barak hatte den geplanten Justizumbau mit einem „Umsturz mit Panzern“ verglichen, der Israel in eine „ausgehöhlte Demokratie“ verwandeln werde.

Renommierter Jurist und Holocaust-Überlebender

Die Times of Israel schrieb, Barak sei international hoch angesehen, und Netanjahu sei mit seiner Ernennung der Empfehlung der israelischen Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara gefolgt. Barak gilt in Israel als einer der fundiertesten Juristen des Landes.

In Litauen geboren, wurden Barak und seine Familie nach der Besetzung des Landes durch die Nazis im Ghetto von Kauen festgehalten. Die Familie konnte aber fliehen und schlug sich bis Kriegsende bis nach Rom durch. Von dort wanderten sie nach Jerusalem aus. Barak studierte unter anderem in Harvard, war Dekan der juristische Fakultät der Universität von Jerusalem und saß von 1995 bis 2006 dem israelischen Obersten Gerichtshof als Präsident vor.

Besondere Regeln von IGH

Dass Israel überhaupt einen Richter nach Den Haag schicken kann, liegt an den besonderen Verfahrensregeln des Internationalen Gerichtshofs. Hat ein Staat bei einem Verfahren keine Richterin oder keinen Richter auf der Richterbank, kann er eine eigene Richterin oder einen eigenen Richter zusätzlich entsenden. Das gilt sowohl für klagende als auch beklagte Staaten.

Außenansicht des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag
AP/Peter Dejong
Der IGH ist das höchste Rechtsprechungsorgan der UNO und hat seinen Sitz im Friedenspalast im niederländischen Den Haag

Auch Südafrika entsendet in dem Fall einen eigenen Ad-hoc-Richter. Laut südafrikanischen Medien handelt es sich um den ehemaligen stellvertretenden obersten Richter Dikgang Moseneke. Südafrika hatte Israel wegen dessen Militäreinsatz im Gazastreifen vor dem IGH wegen Verdachts des Völkermords geklagt.

Südafrika beruft sich auf Völkermordkonvention

Südafrika beruft sich bei der Klage auf die Völkermordkonvention. Beide Staaten haben diese Konvention unterzeichnet. Die UNO-Richter sollen aus Sicht Südafrikas zunächst in einem Eilverfahren ein Ende der Gewalt gegen Palästinenser anordnen, um deren Rechte zu schützen. Israel wies Südafrikas Anschuldigungen entschieden zurück. Für das Leid der Palästinenser in Gaza sei ausschließlich die Terrororganisation Hamas verantwortlich. Israel tue im Krieg alles, um den Schaden für die Zivilbevölkerung so gering wie möglich zu halten, wurde argumentiert.

Die Anhörungen zu dem Fall setzte der Gerichtshof für den 11. und 12. Jänner an. Die Urteile des UNO-Gerichts sind in der Regel bindend. Allerdings besitzen die Richter keine Machtmittel, um einen Staat zur Umsetzung zu zwingen.