Schweine auf Vollspaltenboden
Imago/Marius Schwarz
Verbot von Vollspaltenböden

VfGH kippt lange Übergangsfrist

Im zweiten Anlauf hat es funktioniert: Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) gab am Montag einem Antrag der burgenländischen Landesregierung statt und kippte die lange Übergangsfrist bis zum vollständigen Verbot von Vollspaltenböden in der Schweinezucht. Das Tierschutzgesetz war 2022 von der ÖVP-Grünen-Koalition beschlossen worden.

Das beschlossene Verbot der harten Betonböden mit Spalten und ohne Stroheinstreu für die Schweinezucht gilt bereits seit 2023, für bestehende Anlagen wurde aber eine Übergangsfrist bis 2040 festgelegt. Das sollte den landwirtschaftlichen Betrieben Planungssicherheit geben und getätigte Investitionen schützen.

Der VfGH stellte nun in seinem Urteil fest, dass die Übergangsdauer von 17 Jahren angesichts der Abwägung zwischen Investitions- und Tierschutz sachlich nicht gerechtfertigt sei. Damit werde einseitig auf Investitionsschutz abgestellt.

Kein Unterschied bezüglich Zeitpunkt der Investition

Bemängelt wurde auch, dass kein Unterschied gemacht werde, wann die Betriebe die Investitionen getätigt haben, sondern dass pauschal eine Frist verhängt wurde. Die Betreiber neuer Anlagen hätten aufgrund des für sie geltenden höheren Standards auch höhere Kosten als bestehende Betriebe. Dadurch herrsche ein ungleicher Wettbewerb, der 17 Jahre dauern würde, hielt der VfGH fest.

Der für den Tierschutz zuständige Minister Johannes Rauch (Grüne) will mit Vertretern von Landwirtschaft und Tierschutz Gespräche über eine neue Lösung starten, die den Landwirten und Landwirtinnen den Übergang wirtschaftlich ermöglichen soll. Sein Ziel sei immer ein rasches Verbot gewesen. Es sei bereits ein Erfolg gewesen, „gegen den anfänglich erbitterten Widerstand von manchen Vertretern der Schweinebranche ein Datum für das endgültige Verbot von unstrukturierten Vollspaltenbuchten festzuschreiben“.

Aus dem ÖVP-geführten Landwirtschaftsministerium hieß es, dass das VfGH-Erkenntnis umfassend rechtlich und fachlich analysiert werde. Es sollen nun mit dem Gesundheitsministerium und den Betroffenen Optionen erarbeitet werden. „Wir dürfen unser österreichisches Schnitzel nicht gefährden und uns von Importen aus dem Ausland abhängig machen“, warnte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP). Auch die Landwirtschaftskammer hob in ihrer Reaktion die Absicherung der Schweinehaltung und der Versorgungssicherheit hervor

Bund änderte Gesetz

Der VfGH gab dem Burgenland erst im zweiten Versuch vom vergangenen April recht. Die erste Beschwerde war im Dezember 2022 als „zu eng gefasst“ abgewiesen worden. Damals waren die angefochtenen Bestimmungen nach Eingehen der Beschwerde vom Bund geändert worden, weshalb laut VfGH auch die neuen Regeln hätten angefochten werden müssen.

Das Burgenland hatte beeinsprucht, dass Schweine in Ställen mit Vollspaltenböden ohne Einstreu und in kleinen Buchten gehalten werden dürfen. Einige Monate später wurden die angefochtene Tierhaltungsverordnung und das Tierschutzgesetz vom Bund geändert. Dabei wurden neue Haltungsstandards festgelegt sowie das Verbot von Vollspaltenböden bei der Haltung von Schweinen fixiert – allerdings erst ab 2040.

Das Burgenland hatte nach dem ersten VfGH-Spruch kritisiert, dass die Regierung die Verfassungsklage mit einer Gesetzesänderung unterlaufen habe. Nun muss die Bestimmung zur Übergangsfrist im Tierschutzgesetz mit 1. Juni 2025 aufgehoben werden. Bis dahin müssen neue Übergangsfristen festgelegt werden.

Regierung mit „Trickserei ins Leere gelaufen“

Die Bundesregierung sei mit ihrer „Trickserei ins Leere gelaufen“, sagte der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). Trotz der Verzögerungstaktik des Bundes habe sich der VfGH nun dem Standpunkt des Burgenlands angeschlossen, wonach ein Verbot der Vollspaltenböden zeitnahe und nicht erst 2040 notwendig sei.

Als „Sieg für den Tierschutz“ bezeichneten die grünen Politikerinnen Olga Voglauer und Faika El-Nagashi den VfGH-Entscheid. Die Übergangsfrist sei ein Kompromiss gewesen.

SPÖ-Tierschutzsprecher Dietmar Keck sprach von einem „guten Tag für das Tierwohl in Österreich“. Damit habe der VfGH auch der SPÖ recht gegeben. Diese habe unzählige Anträge auf ein echtes Vollspaltenbodenverbot eingebracht. Das sei aber von der Regierung ebenso oft vertagt worden.

VGT vermisst Stellungnahme zu Stroh- und Platzmangel

Die Initiatoren des Tierschutzvolksbegehrens wollen den Kampf für ein baldiges Ende der Vollspaltenböden allgemein wieder aufnehmen. Nun habe auch der VfGH gezeigt, dass „Profit nicht über dem Wohl der Tiere“ stehen dürfe. Greenpeace forderte eine rasche Verkürzung der Übergangsfrist wie auch Unterstützung für Landwirte für einen raschen Umstieg.

Der Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), Martin Balluch, zeigte sich ebenfalls erfreut. Es sei allerdings schade, „dass der VfGH zu Stroh- und Platzmangel in der Schweinehaltung nicht inhaltlich Stellung genommen hat“. Die diesbezüglichen Anträge seien wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen worden. Die Schweinebranche erhoffe sich einen Standard, der kein Stroh vorsehe. Nun müssten zudem die Vollspaltenböden in der Rindermast einer Normenprüfung unterzogen werden.