Beschädigte Boeing 737-9 Max von Alaska Airlines von innen
AP/National Transportation Safety Board
Boeing-Rumpfteil gefunden

Schon Wochen davor Hinweise auf Probleme

Der Rumpfteil einer Boeing 737 Max, der während eines Fluges in den USA ausgebrochen war und ein riesiges Loch hinterlassen hatte, ist gefunden worden. Ein Lehrer in der Stadt Portland (Oregon) entdeckte den Teil in seinem Garten. Zugleich wurde bekannt, dass seit Wochen wiederholt eine Warnlampe, die auf ein mögliches Problem beim Kabinendruck hinweisen kann, aufleuchtete. Zudem sind die Aufzeichnungen aus dem Cockpit verloren.

Der Teil, der die Öffnung, die standardmäßig als Notausgang genützt wird, verschloss, wurde nach einer längeren Suche und Aufrufen an die Bevölkerung gefunden. Das teilte Jennifer Homendy von der US-Behörde für Transportsicherheit (NTSB) am Sonntagabend (Ortszeit) auf einer Pressekonferenz mit. Die Behörde untersucht nun den Teil.

Es handelt sich um einen Wandteil, der an der Stelle eingebaut wird, wo herstellerseitig ein Notausgang vorgesehen ist. Alaska Airlines hatte in praktisch allen neuen Flugzeugen weniger Sitzreihen eingebaut und daher keinen Bedarf an dem Notausgang. Dieser wurde von einer externen Firma, nicht von Boeing selbst entsprechend umgebaut.

Warnlicht leuchtete dreimal auf

Homendy teilte zudem mit, dass bei drei vorangegangenen Flügen im Flugzeug ein Warnlicht aufgeleuchtet hatte. Die Lampe habe den Ausfall des automatischen Druckausgleichssystems angezeigt. Es habe sich um „harmlose“ Vorfälle gehandelt, die gemeldet und überprüft worden seien. Ob es einen Zusammenhang zwischen dem Aufleuchten der Lampe und dem Abriss des Kabinenteils gebe, sei nicht bekannt.

Die Warnungen hätten aber dazu geführt, dass Alaska Airlines das Flugzeug nicht mehr für Flüge über den Ozean nach Hawaii eingesetzt habe, um im Fall eines erneuten Aufleuchtens schnell zu einem Flughafen zurückkehren zu können.

Boeing-Zwischenfall kratzt am Image

Nachdem sich ein Teil einer Boeing 737 Max 9 der Alaska Airlines gelöst hatte, wurde nun ein Startverbot für Flugzeuge dieses Typs erlassen. Der erneute Zwischenfall kratzt am Image von Boeing, dessen 737-Pannenserie damit seit 2018 weitergeht.

Aufzeichnungen der Piloten gelöscht

Bekannt wurde nun auch, dass die Untersuchungen dadurch behindert werden, dass der Stimmenrekorder, der die Gespräche im Cockpit aufzeichnet und so in der Regel wichtige Hinweise für die Aufklärung von Flugzeugpannen oder -unglücken liefert, bereits automatisch wieder gelöscht war. Denn in den USA gilt eine Behaltezeit von nur zwei Stunden.

Danach wird der Stimmenrekorder automatisch wieder überschrieben. In der EU gilt bei Passagierflugzeugen seit 2021 eine 25-stündige Frist. Bereits 2016 hatte die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) die Einführung dieses Standards gefordert, der in den USA bis heute nicht umgesetzt ist.

Passagiere und Besatzung hatten Glück im Unglück. Das Kabinenpaneel könnte Passagiere verletzen, gegen das Flugzeug schlagen und dieses weiter beschädigen oder dazu führen, dass Pilot oder Pilotin die Kontrolle über das Flugzeug verlieren, zitierte das „Wall Street Journal“ aus einer Anweisung der US-Flugaufsicht FAA. Das große Loch im Rumpf führt zudem zu Druckabfall und setzt Passagiere hohen Windgeschwindigkeiten aus. Laut FAA kann ein ähnliches Problem „vermutlich auch in anderen Flugzeugen desselben Typs“ auftauchen.

Aus Flugzeug gesaugtes iPhone gefunden

Wie stark die Sogwirkung bei dem Zwischenfall in der Passagierkabine ausfiel, macht auch eine kuriose Entdeckung deutlich. Ein Mann fand im US-Staat Washington ein Mobiltelefon, das vermutlich einem der Passagiere des Flugs gehört. Das Gerät war offenbar aus dem Flugzeug gesaugt worden.

Ein Foto des Geräts, das der Finder auf X (Twitter) veröffentlichte, zeigt den intakten Bildschirm und eine per E-Mail verschickte Gepäckquittung in Höhe von 70 Dollar. Abgesehen von der Anschlussstelle für das Ladekabel schien das Telefon unversehrt zu sein. Der Mann aus Washington sagte, er habe nach dem Fund die Verkehrssicherheitsbehörde NTSB kontaktiert. Diese habe ihm mitgeteilt, dass es bereits das zweite Telefon aus der Maschine sei, das jemand gefunden habe.

Neuer Rückschlag für Boeing

Für Boeing ist der schwere Zwischenfall ein weiterer Rückschlag auf dem Weg, durch Unglücke und Pannen in den letzten Jahren entstandene Zweifel an der Flugsicherheit und der Sorgfalt bei der Herstellung der Flugzeuge vergessen zu machen. Die FAA ordnete ein vorläufiges Flugverbot für alle Maschinen des Typs an. Europäische Airlines besitzen laut EASA kein Flugzeug dieses Typs. Andere Länder sind entweder ebenfalls nicht betroffen, verfügten ebenfalls ein Flugverbot oder überlegen noch.

„Sicherheit ist unsere oberste Priorität, und wir bedauern zutiefst die Auswirkungen, die der Zwischenfall auf unsere Kunden und ihre Passagiere hat“, so Boeing. Das Unternehmen musste am Montag zudem einen deutlichen Einbruch seines Aktienkurses hinnehmen.

Anders als beim glimpflichen Ausgang am Freitag endeten zwei Notfälle 2018 und 2019 katastrophal und führten zu einem Startverbot der 737-Max-Reihe. Bei den beiden Abstürzen – allerdings mit kleineren Modellen der Reihe – gab es insgesamt 346 Todesopfer. Als Hauptursache damals gilt ein fehlerhaftes Steuerungsprogramm, das die Maschinen zu Boden lenkte.

Flugzeug kehrte umgehend um

Der jüngste Zwischenfall hatte sich am Freitag auf einem Flug von Portland im nordwestlichen Bundesstaat Oregon zum Flughafen Ontario in Kalifornien ereignet. Medienberichten zufolge löste sich kurz nach dem Start plötzlich ein Kabinenteil samt Fenster und flog davon. Es habe einen großen Knall gegeben, sagten Passagiere der Zeitung „The Oregonian“. Das Flugzeug kehrte sofort um. Der Sitz direkt neben dem Fenster war unbesetzt, letztlich wurde keiner der 171 Passagiere schwer verletzt.