Iris Ortner
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Kurz-Prozess

ÖBAG-Aufsichtsrätin Ortner wird befragt

Im Wiener Straflandesgericht geht am Mittwoch der Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und den mitangeklagten Ex-Kabinettschef Bernhard Bonelli in die nächste Runde. Und weiter geht es mit einer Zeugin: Befragt wird Iris Ortner, die im Aufsichtsrat der Staatsholding ÖBAG sitzt. Ihr Vater war ein bedeutender Großspender der türkisen ÖVP unter Kurz.

Ortner wird zu ihren Wahrnehmungen bezüglich Bestellungen in das 2019 gebildete Gremium befragt werden. Die ÖBAG ging ja in diesem Jahr aus der ÖBIB hervor – sie verwaltet die Staatsanteile an der Telekom Austria, der Post, der OMV und weiteren Unternehmen. Der Weg zur Bestellung der ÖBAG-Aufsichtsrätinnen und -räte ist ein springender Punkt im Prozess gegen den Ex-Kanzler.

Zur Erinnerung: Kurz wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vorgeworfen, seine Rolle bei der Errichtung der Staatsholding und der Bestellung der Aufsichtsräte bei der Befragung im „Ibiza“-U-Ausschuss 2020 falsch dargestellt zu haben. Er soll – wie auch Bonelli – unter Wahrheitspflicht falsch ausgesagt haben. Die Angeklagten bestreiten das, für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Schmid: Nichts ging ohne Kurz

Die WKStA ist der Ansicht, dass Kurz „Wahrnehmungen zur Besetzung des ÖBAG-Aufsichtsrats bestritten“ habe, obwohl er die faktische Entscheidung, welche Mitglieder von der ÖVP nominiert werden, tatsächlich selbst getroffen habe (im Strafantrag heißt es: „von Kurz entschieden“). Auch Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid, im Dezember als Hauptbelastungszeuge und Anwärter für den Kronzeugenstatus befragt, berichtete über einen unmittelbaren Einfluss von Kurz auf Bestellungen und Besetzungen. Sein Tenor: Ohne Kurz ging nichts.

Sebastian Kurz am Wiener Landesgericht für Strafsachen
ORF/Roland Winkler
Ex-Kanzler Sebastian Kurz wird in dem Prozess Falschaussage im U-Ausschuss vorgeworfen

Klaus Ortner spendete über eine Mio. Euro an ÖVP

Zeugin Ortner führt die Geschäfte der Unternehmensgruppe IGO Industries. Die Familienholding hat vier Unterholdings, die zur Gänze in Familienbesitz sind. Dazu kommen mehrere Beteiligungen, auch an Start-ups. Besonders gewichtig ist jene in der Höhe von 40 Prozent am Bauriesen Porr.

Ihr Vater, der Industrielle Klaus Ortner, ist Hauptaktionär von IGO Industries, lange Jahre führte er die Geschäfte als Alleineigentümer. Im Wahljahr 2017 trat er als bedeutender Großspender der türkisen ÖVP auf. Über mehrere Firmen des Konzerns wurde gut eine Million Euro an die Partei gespendet. Lediglich eine Stückelung verhinderte eine umgehende Veröffentlichung durch den Rechnungshof.

Dannhauser (ORF) zum Kurz-Prozess

Claudia Dannhauser (ORF) spricht zur Forstsetzung des Prozesses gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz und die Befragung von Iris Ortner, die im Aufsichtsrat der Staatsholding ÖBAG sitzt.

Die Spenden brachten Klaus Ortner später den Vorwurf ein, er habe seiner Tochter den Posten im ÖBAG-Aufsichtsgremium mittels finanzieller Zuwendungen an potenzielle Entscheidungsträger verschafft. Die WKStA prüfte einen Anfangsverdacht auf „Vorteilszuwendung zur Beeinflussung“ bzw. „Vorteilsannahme zur Beeinflussung“. Doch Ermittlungen wurden von der WKStA in der Folge nicht eingeleitet.

WKStA: „Anfüttern“ nicht strafbar

Im Einstellungsbescheid hieß es, ein „Anfüttern“ durch korrekt abgewickelte Parteispenden sei nicht strafbar, auch dann nicht, wenn sich die Partei nachträglich dafür revanchiert. Das war in einer anonymen Anzeige vermutet worden, weil Iris Ortner in den ÖBAG-Aufsichtsrat kam. „Diese von wem auch immer getätigte Anzeige war ganz offensichtlich dem Wahlkampf geschuldet“, sagte Iris Ortner damals dazu.

Zugleich verteidigte sie ihre Stelle im ÖBAG-Aufsichtsrat, als sie auf ihre „seit über fünfzehn Jahren“ dauernde Tätigkeit in diversen Aufsichtsräten verwies. „Es liegt mir fern, ein Aufsichtsratsmandat aus finanziellen Gründen oder aus Gründen der Eitelkeit anzunehmen“, so Ortner 2019. Sie wolle „einen Beitrag für den Wirtschaftsstandort leisten und hier Verantwortung wahrnehmen“. Auch die WKStA hielt damals fest, „keine Anhaltspunkte für eine mangelnde Eignung“ Ortners gefunden zu haben.

Schmid sprach von „Industrieerfahrung“

Und auch Ex-ÖBAG-Chef Schmid sprach gegenüber der WKStA davon, dass Ortner aufgrund ihrer „Industrieerfahrung“ in den Aufsichtsrat gekommen sei. Sie sei „eine sehr qualifizierte Person“. Der Vorschlag, Ortner zur Aufsichtsrätin zu machen, habe wohl mit dem engen Verhältnis zwischen dem späteren ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior und Klaus Ortner zu tun, gab Schmid an. Melchior gilt als enger Kurz-Vertrauter und ist seit März 2022 bei IGO Industries als Kommunikator tätig.