Gruppenbild der polnischen Prsidentschaft mit Mariusz Kaminski, Maciej Wasik und Andrzej Duda
AP/Polnische Präsidentschaft/Jakub Szymczuk
Neuer Streit in Polen

Duda bot verurteilten Politikern Unterschlupf

In Polen bricht ein neuer innenpolitischer Streit aus: Zwei ranghohe Politiker der früheren Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) sollten am Dienstag ihre Haftstrafe antreten. Doch als die Polizei die Wohnungen durchsuchte, stieß sie ins Leere. Die Ex-Abgeordneten hielten sich im Präsidentenpalast von Staatsoberhaupt Andrzej Duda auf. Spät am Abend wurden die Verurteilten verhaftet.

„Wir verstecken uns nicht. Im Moment sind wir bei Polens Präsidenten, bis das Böse verliert“, sagte der ehemaliger Innenminister Mariusz Kaminski. Zunächst ließ er offen, wie lange er und sein Parteikollege, der frühere Staatssekretär Maciej Wasik, sich im Präsidentenpalast aufhalten wollen.

Wasik rief die Anhänger und Anhängerinnen der PiS auf, zu einer für Donnerstag geplanten Demonstration gegen die Regierung unter Premier Donald Tusk nach Warschau zu kommen. Die Polizei teilte allerdings spät am Abend mit, dass Kaminski und Wasik verhaftet werden konnten.

Was anmutet wie eine Posse, ist in Wahrheit die Zuspitzung eines Konflikts zwischen dem neuen und dem alten Regierungslager in Polen, der Polen in eine Staatskrise führen könnte. Der Machtkampf zwischen der amtierenden Regierung und der abgewählten PiS, aus deren Lager auch Präsident Duda stammt, ist eskaliert. Tusk drohte Duda und dem PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski, sie würden wegen „Sabotage der Verfassung“ zur Verantwortung gezogen.

Duda kämpft gegen Gerichtsurteil

Der Fall der beiden verurteilten PiS-Politiker hat eine lange Vorgeschichte. Im Jahr 2015, direkt nach der Machtübernahme der PiS, hatte Duda Kaminski und Wasik in einer umstrittenen Entscheidung begnadigt. Beide waren zuvor in erster Instanz wegen Amtsmissbrauchs zu drei Jahren Haft verurteilt worden.

Grund der Verurteilung war eine im Jahr 2007 aufgedeckte Affäre, bei der die damals von Kaminski geleitete Antikorruptionsbehörde gezielt einen Korruptionsfall inszeniert haben soll, um den damaligen Landwirtschaftsminister Andrzej Lepper zu diskreditieren. Kaminski und Wasik gingen gegen das Urteil in Berufung.

Im Juni hatte der Oberste Gerichtshof die Begnadigung Kaminskis und Wasiks durch den Präsidenten aufgehoben. Begnadigt werden könne nur, wer rechtskräftig verurteilt sei, hieß es in der Urteilsbegründung. Beide mussten sich erneut dem Verfahren stellen. Ende Dezember verurteilte sie das Warschauer Bezirksgericht zu zwei Jahren Haft. Das Gericht verfügte auch, dass beide für fünf Jahre kein öffentliches Amt bekleiden dürften und ihr Abgeordnetenmandat verlieren.

„Sie müssen dieses Spektakel beenden“

Duda hatte in den vergangenen Tagen mehrfach betont, dass nach seiner Auffassung die Begnadigung weiter gelte – die führenden Verfassungsrechtler in Polen sehen das anders. Beide Politiker hatten angekündigt, sie wollten ihr Abgeordnetenmandat weiter wahrnehmen und zu den Parlamentssitzungen erscheinen.

Am Nachmittag richtete Ministerpräsident Tusk klare Worte an Duda: „Herr Präsident, mein inständiger Appell zum Wohle des polnischen Staates: Sie müssen dieses Spektakel beenden. Es wird uns in eine sehr gefährliche Situation führen.“ Die Handlungen zielten auf die Fundamente des Staates.

Tusk zitierte mit Blick auf das Verhalten des Präsidenten auch aus dem polnischen Strafgesetzbuch: „Wer ein Strafverfahren dadurch behindert oder vereitelt, dass er einem Straftäter hilft, sich der strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen, (…) wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“ Eine gewaltsame Festnahme von Kaminski und Wasik im Präsidentenpalast schloss Tusk aber eindeutig aus.