Lehrer an einer Schultafel
ORF.at/Zita Klimek
Schneller Bachelor

Lehramtsausbildung wird reformiert

Angesichts des Mangels an Lehrerinnen und Lehrern war die Maßnahme lange angekündigt, jetzt haben sich ÖVP und Grüne geeinigt: Das Bachelorstudium in der Lehramtsausbildung wird um ein Jahr verkürzt. Vor Abschluss des Masterstudiums dürfen Junglehrerinnen und Junglehrer etwa maximal eine halbe Lehrverpflichtung übernehmen, „Schutzfunktionen“ sollen sie in dieser Zeit vor überbordenden Aufgaben bewahren.

Künftig besteht ein Lehramtsstudium sowohl für die Primarstufe (Volksschule) als auch für die Sekundarstufe (AHS, BMHS, Mittelschule) aus drei Jahren Bachelor- und zwei Jahren Masterausbildung. Derzeit besteht ein Lehramtsstudium für die Primarstufe aus vier Jahren Bachelor und einem Jahr Master.

Die Gesamtdauer bleibt damit also gleich – allerdings darf wie bisher bereits mit dem Bachelor regulär unterrichtet werden. In der Sekundarstufe sind derzeit vier Jahre Bachelor plus zwei Jahre Master vorgesehen – durch die geplante Reform wird damit das Studium für diesen Bereich um ein Jahr verkürzt. Das Studium soll außerdem deutlich praxisnäher und der Master besser neben dem Unterrichten abschließbar werden.

ÖVP und Grüne verkürzen Lehrerausbildung

2014 wurde die Lehrerausbildung auf sechs Jahre verlängert. Aufgrund des Lehrermangels haben ÖVP und Grünen am Mittwoch eine kürzere reformierte Ausbildung fixiert. Damit dauert das Studium mit fünf Jahren ein Jahr kürzer als derzeit.

Master für Fixanstellung nötig

„Wir setzen damit einen wirklichen Meilenstein“, da nach rund zehn Jahren die gesamte Pädagoginnen- und Pädagogenbildung grundlegend überarbeitet würde, so ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek am Mittwoch nach dem Beschluss der Reform im Ministerrat. Es gebe hier einen großen Bedarf aus der Praxis, auch vonseiten der Studierenden.

Damit werde die „weltweit im Vergleich sehr lange“ Lehrerbildung verkürzt, und man schaffe „ein modernes Studium, das den Ansprüchen und Erfordernissen der Schulen im 21. Jahrhundert gerecht wird“, so der Minister. Lehramtsstudierende würden so schneller zum ersten akademischen Abschluss, dem Bachelor, kommen. Nach wie vor bleibt aber der Abschluss des anschließenden Masterstudiums Voraussetzung für eine Fixanstellung.

„Schutzmaßnahmen“ für Arbeit während Masterstudiums

Auch für die grüne Klubchefin Sigrid Maurer werden die Bedingungen in der Lehrerausbildung mit der Reform von Grund auf verbessert. Sie hob vor allem die begleitenden „Schutzmaßnahmen“ hervor, die ein „Ausbrennen“ der Junglehrerinnen und Junglehrer verhindern sollen.

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) und die Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer bei einer Pressekonferenz nach einer Sitzung des Ministerrats im Bundeskanzleramt in Wien
APA/Helmut Fohringer
Polaschek und Maurer bei der Vorstellung der Pläne

Sie sollen nach dem Bachelorabschluss maximal eine halbe Lehrverpflichtung erhalten, keine Klassenvorstandsfunktion übernehmen und keinen fachfremden Unterricht erteilen müssen. Außerdem wird die Induktionsphase, also die begleitete Startphase im Beruf, für das berufsbegleitende Masterstudium angerechnet.

Zudem soll es eine bessere Begleitung beim Berufseinstieg durch erfahrene Mentorinnen und Mentoren geben. Ein wichtiger Schritt sei außerdem, dass künftig alle Studierenden in der Lehrerausbildung verpflichtend Basismodule in Inklusiver Pädagogik und Mehrsprachigkeit belegen müssen.

Grüne lange gegen Verkürzung

Die Pläne für die Reform lagen bereits seit Langem auf dem Tisch – allerdings waren die Grünen und auch die Unis skeptisch. Eine Verkürzung alleine sei ja noch keine Zielsetzung, begründete Maurer das am Mittwoch. Für die Verkürzung hatten sich dagegen unter anderem die ÖVP, die Lehrervertretungen, die Pädagogischen Hochschulen sowie die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) starkgemacht. Dem Vernehmen nach junktimierten die Grünen eine Zustimmung mit einem Ja der ÖVP zur Einführung eines Psychotherapiestudiums an den öffentlichen Unis – diese Änderungen sollen demnächst in Begutachtung gehen. Eine entsprechende Pressekonferenz wurde für Donnerstag angekündigt.

Gewisse Vorlaufzeit

Die Änderungen in der Ausbildung müssen nach dem Beschluss im Parlament noch in den Studienplänen von Pädagogischen Hochschulen (PH) und Unis verankert werden. Realistischerweise treten die Änderungen für die Sekundarstufe daher erst 2025/26 in Kraft – bei dieser müssen sich PHs und Unis auf gemeinsame Studienpläne einigen. Für die Primarstufe, hier sind nur die PHs zuständig, wäre ein Start schon 2024/25 möglich. Jedenfalls wird es aber Umstiegsmöglichkeiten von Studierenden im alten Studienplan auf die neue Ausbildung geben.

Die Begutachtungsfrist für das Gesetzespaket, das u. a. auch noch Anpassungen bei den Regeln zu Plagiaten und Klarstellungen zur Rektorswahl an den Unis enthält, endet Mitte Februar. Die angekündigten „Schutzfunktionen“ für Junglehrer sollen in einer Novelle des Lehrerdienstrechts geregelt werden.

Kritik der Opposition

ÖVP-Bildungssprecher Rudolf Taschner, Grünen-Bildungssprecherin Sibylle Hamann und Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, lobten die Reform wenig überraschend, ebenso wie die Wirtschaftskammer, die aber zusätzlich auf eine verpflichtende Weiterbildung der Lehrkräfte pocht. Zustimmung kommt auch von der Rektorenkonferenz der Pädagogischen Hochschulen, die mit der Reform die Ausbildung als „deutlich attraktiver“ sieht.

Dagegen kritisierte FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl die Einigung als „Schritt Richtung Gesamtschule“. Zudem würden die Ausbildung nicht attraktiver und der akute Lehrermangel nicht gelindert.

Expertin sieht Verkürzung problematisch

NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre sah den geplanten Schutz vor Überbelastung beim Berufseinstieg und die geplanten Basismodule zu Inklusion und Medienpädagogik positiv, beklagte aber einige vage bleibende Punkte. Die Verkürzung des Studiums durch die Anrechnung der einjährigen Induktionsphase in der Schule auf den Master sieht Künsberg Sarre „sehr kritisch“.

SPÖ-Bildungssprecherin Petra Tanzler mahnte ein, dass eine kürzere Studienzeit nicht auf Kosten der Qualität der Ausbildung gehen dürfe. Sie sah einige Forderungen der SPÖ in den Plänen verwirklicht, forderte gleichzeitig aber eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Klassenzimmern.

Als „klarerweise ein Problem“ sieht die Bildungsforscherin Christiane Spiel die Verkürzung der Lehrerausbildung aufgrund der Herausforderungen in den Schulen. „Wenn wir auch daran denken, dass viele Studierende bereits im dritten Semester in der Klasse stehen, dann hat man das Gefühl, es geht in eine Richtung Entprofessionalisierung“, so Spiel – mehr dazu in wien.ORF.at.