Konstituierenden Sitzung des COFAG-U-Ausschusses
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U-Ausschüsse starten

Intensive Zeit mit „Fallstricken“

Die beiden kommenden Untersuchungsausschüsse haben am Donnerstag offiziell ihre Arbeit aufgenommen. In den kommenden Wochen sollen der COFAG-U-Ausschuss und der „Rot-blaue Machtmissbrauch“-U-Ausschuss zig Daten und Akten erhalten. Von Anfang März bis Ende Mai werden Auskunftspersonen befragt. Die „kurze intensive Phase“ sei durchaus positiv, betont Politberater Thomas Hofer, gleichzeitig biete sie aber auch „Fallstricke“.

Seit November vergangenen Jahres ist bekannt, dass es im Jahr 2024 zwei U-Ausschüsse geben wird. SPÖ und FPÖ verlangten einen COFAG-U-Ausschuss, der Förderungen durch die Covid-Finanzierungsagentur beleuchten soll, die ÖVP brachte ein Verlangen für den „Rot-Blauer Machtmissbrauch“-U-Ausschuss ein: Die Regierungsbeteiligungen von SPÖ und FPÖ im Zeitraum Jänner 2007 bis zum Jänner 2020 sollen unter die Lupe genommen werden. Beide U-Ausschüsse wurden im Dezember eingesetzt und haben sich am Donnerstag konstituiert.

Wegen der kommenden Nationalratswahl im Herbst ist der Zeitplan der U-Ausschüsse sehr knapp. Die Befragungen starten Anfang März und enden bereits nach drei Monaten. Die U-Ausschüsse wechseln sich wochenweise ab, anders wäre es auch kaum möglich – sitzen doch in beiden U-Ausschüssen fast dieselben Abgeordneten. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wird beide Befragungen leiten, Christa Edwards vom Oberlandesgericht Wien wird ihn rechtlich beraten.

Auftakt zu U-Ausschüssen im Superwahljahr

Die beiden U-Ausschüsse sind zu konstituierenden Sitzungen zusammengekommen. FPÖ und SPÖ wollen die Förderungen durch die Covid-Finanzierungsagentur durchleuchten, die ÖVP möchte mutmaßlichen „rot-blauen Machtmissbrauch“ unter die Lupe nehmen.

In der Kürze liegt die Würze

Politikberater Hofer sieht die Kürze der U-Ausschüsse positiv. „Es wird kurz und intensiv“, sagt er im Gespräch mit ORF.at. Somit werde die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf wenige Monate konzentriert, in denen „je nach Aufklärungswillen“ einiges zutage treten könne. „Wenn ein U-Ausschuss lange dauert und nochmals verlängert wird, läuft man Gefahr, die Öffentlichkeit zu verlieren“, analysiert Hofer. Tatsächlich ist auch das mediale Interesse geringer. Neigt sich ein U-Ausschuss dem Ende zu, sei man auch schon „U-Ausschuss-müde“, sagt der Experte.

Terminplan der U-Ausschüsse
Grafik: ORF

Die Kürze biete allerdings auch „Fallstricke“, über die die U-Ausschüsse stolpern könnten. Hofer spricht die Ladungspolitik an. „Prominente“ Auskunftspersonen, die man unbedingt in den U-Ausschüssen sehen möchte, könnten sich der Befragung einfacher entziehen. „Sie können sich für einen Termin entschuldigen, die Terminfindung für andere Tage wird wegen der kurzen Dauer schwierig“, sagt der Politikberater, der niemandem eine solche Vorgehensweise unterstellen möchte.

Auch Abgeordnete befürchteten gegenüber ORF.at, dass die „großen Fische“ nicht auftauchen werden. Zum einen könnten die Geladenen der Befragung aus unterschiedlichen Gründen fernbleiben (Krankheit etc.). Zum anderen würde selbst ein unentschuldigtes Fernbleiben kaum Konsequenzen nach sich ziehen. Eine polizeiliche Vorführung der geladenen Auskunftsperson würde sich wegen der kurzen Dauer wohl nicht ausgehen, auf die Verhängung von Beugestrafen müssten die Abgeordneten länger warten.

„Promilaufen“ im „rot-blauen“ U-Ausschuss

Der COFAG-U-Ausschuss will jedenfalls Investor Rene Benko laden. Auch mehrere Funktionsträger von Benkos Signa Holding sowie der COFAG sollen befragt werden. Es wird davon ausgegangen, dass Finanzprokuratur-Leiter Wolfgang Peschorn und der Geschäftsführer der Bundesimmobilienagentur (BIG), Hans-Peter Weiß, befragt werden. Die ÖVP will neben Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) Aufsichtsräte der COFAG sowie den Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) laden, wie am Donnerstag betont wurde.

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Andreas Hanger und Corinna Scharzenberger während einer Pressekonferenz
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Andreas Hanger wird die ÖVP-Fraktion in beiden U-Ausschüssen anführen, Corinna Scharzenberger ist Mitglied
Eva Maria Holzleitner und Kai Jan Krainer (beide SPÖ)
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Für die SPÖ sitzen Eva-Maria Holzleitner im „roten-blauen“ und Kai Jan Krainer im COFAG-U-Ausschuss
Christian Hafenecker (FPÖ)
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Das FPÖ-Team führt Christian Hafenecker an
Nina Tomaselli und David Stögmüller bei der konstituierenden Sitzung des COFAG-U-Ausschusses
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Nina Tomaselli und David Stögmüller (beide Grüne) sitzen im COFAG-U-Ausschuss
Yannick Shetty während einer Pressekonferenz
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Für NEOS wird Yannick Shetty die Fragen in beiden Ausschüssen stellen

Der „rot-blaue“ U-Ausschuss ist schon deutlich prominenter besetzt. Die SPÖ nannte die Ladungsliste der ÖVP ein „Promischaulaufen“. In den wenigen Wochen will die ÖVP gleich 35 Personen laden. So sollen auf SPÖ-Seite die Ex-Kanzler Christian Kern und Werner Faymann, die Ex-Minister Josef Ostermayer, Doris Bures, Jörg Leichtfried, Norbert Darabos und Hans Peter Doskozil kommen. Dasselbe gilt in Blau: Die ÖVP will etwa Ex-Minister Norbert Hofer und Herbert Kickl befragen.

Politikberater Hofer geht davon aus, dass amtierende Politikerinnen und Politiker erscheinen werden. „Kickl oder Karl Nehammer werden die Befragungen offensiv angehen. Es ist am Ende auch eine mediale Bühne“, sagt der Experte. Die Frage sei, ob sich alle „Promis“ in einem Wahljahr in die politischen Auseinandersetzungen reinziehen lassen wollen. Die Parteien würden „ihre“ Schlüsse aus den Befragungen ziehen und entsprechend medial kommunizieren.

„Heiße Kartoffel“ derzeit wieder im Ofen

Dass die beiden U-Ausschüsse doch noch live übertragen werden, gilt als unwahrscheinlich. Dazu wäre eine Änderung der Geschäftsordnung mit Zweidrittelmehrheit nötig – in der Regel wollen die Parteien ihre Regeln aber einstimmig beschließen. Im vergangenen Jahr nahm die Debatte über diese Möglichkeit kurz Fahrt auf, als die ÖVP sich offen für die Liveübertragung zeigte. Doch bis dato gibt es weder einen Beschluss noch einen Antrag, den alle Parteien unterstützen. Bei der Konstituierung am Donnerstag war kaum mehr Rede davon.

Die „heiße Kartoffel“ werde man für die laufenden U-Ausschüsse nicht mehr angehen, ist sich Hofer sicher. Grundsätzlich sei es zu begrüßen, dass versucht werde, den U-Ausschuss transparenter zu machen. Es sei aber fraglich, ob „alle die politische Reife mitbringen, das wichtige Kontrollinstrument nicht nur als Showbühne zu nutzen“, betont der Experte. Gerade in Wahlzeiten würden sich politische Parteien noch stärker inszenieren wollen. „Die Inszenierung ist Teil der Kontrolle, weil Aufmerksamkeit geschafft wird. Es darf nur nicht zu viel sein.“

Studioanalyse zu den U-Ausschüssen

Claudia Dannhauser von der ZIB Innenpolitik spricht darüber, was von den beiden neuen Untersuchungsausschüssen vor dem Hintergrund des Superwahljahres 2024 zu erwarten ist.

Die Fraktionen betonten am Donnerstag, dass sie aufklären wollen. Christian Hafenecker (FPÖ) sprach mit Blick auf die COFAG etwa von einem „Corona-Unrechtsregime“, Kai Jan Krainer (SPÖ) von einer „Zweiklassenverwaltung“. Grünen-Mandatarin Nina Tomaselli will sich auf die „Spezialbehandlung“ für Benko konzentrieren, Yannick Shetty (NEOS) prophezeite eine „Schlammschlacht“. ÖVP-Mandatar Andreas Hanger bezeichnete die FPÖ als eine „in ihrem Wesen korrupte Partei“.