Studenten in einem Hörsaal
ORF.at/Peter Pfeiffer
Psychotherapie

Studium künftig an öffentlichen Unis

Die Psychotherapieausbildung soll künftig an die öffentlichen Unis wandern, ab 2026 sollen jährlich regional auf Österreich verteilt bis zu 500 Masterstudienplätze angeboten werden. Das sieht eine Novelle des Psychotherapiegesetzes vor, die am Donnerstag in Begutachtung gegangen ist. Ziel der Reform ist, das Angebot an Psychotherapie deutlich auszubauen und den Zugang zur Ausbildung günstiger zu machen. Aktuell kostet diese zwischen 25.000 und 50.000 Euro.

In den aktuellen Krisenzeiten sei der Bedarf an Psychotherapie groß, sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) bei einer Pressekonferenz. Von den derzeit vorhandenen Psychotherapeutinnen und -therapeuten könne aber nur knapp die Hälfte jener Menschen, die gerne eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen würden, betreut werden. „Das ist inakzeptabel.“

Derzeit findet das Studium bzw. die Ausbildung an privaten außeruniversitären Ausbildungseinrichtungen oder Privatunis statt und besteht aus einem zweijährigen Propädeutikum und dem – je nach Fachrichtung – drei- bis sechsjährigen Fachspezifikum. Dabei gibt es von Beginn eine enge Verschränkung von Theorie und Praxis. Die Psychotherapie sei allerdings mittlerweile der letzte hochrangige und eigenverantwortlich tätige Gesundheitsberuf in Österreich ohne akademische Bildung, so Rauch.

Psychotherapie wird Masterstudiengang

Ab 2026 wird Psychotherapie als Masterstudiengang an öffentlichen Universitäten angeboten, zum ersten Mal in der Geschichte der Psychotherapie.

Zweijähriges Masterstudium geplant

Mit der Reform werde man – wie schon länger gefordert – die bis dato rein private Ausbildung in eine öffentliche transformieren, so ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek. Konkret soll künftig an den öffentlichen Unis ein zweijähriges Masterstudium für Psychotherapie angeboten werden, die genaue Ausgestaltung liegt in der Autonomie der Hochschulen.

Voraussetzung für den Zugang zum Psychotherapiemaster an den Unis ist – ähnlich wie beim derzeitigen Propädeutikum – ein fachlich einschlägiges Studium wie Psychologie, Medizin oder Bildungswissenschaften. Die Novelle soll öffentlichen Unis auf Wunsch aber grundsätzlich auch eigene Bachelorstudien in Psychotherapie ermöglichen.

Als dritter Ausbildungsabschnitt ist analog zum derzeitigen Fachspezifikum eine methodenspezifische Fachausbildung mit praktischer Phase mit Patientenkontakt geplant. Den Abschluss bildet die staatliche Approbationsprüfung. Die Finanzierung des neuen Angebots soll im Universitätsgesetz geregelt werden.

Vergleich mit Facharztausbildung

Barbara Haid, Präsidentin des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie, verglich den neuen Bildungsweg mit jener von Fachärzten. Auf Bachelor und Master folge der praktische Ausbildungsteil in Kliniken, Lehrpraxen und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens. Die Fachgesellschaften würden diese mit ihren Lehrtherapeutinnen und -therapeuten mit Theorie, praktischer Anleitung, Supervision und im Rahmen von Selbsterfahrung begleiten.

Statement von Barbara Haid, Präsidentin des Bundesverbandes für Psychotherapie

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne), ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek und die Präsidentin des Österreichischen Bundesverbandes für Psychotherapie, Barbara Haid, informierten im Rahmen einer Pressekonferenz über das Thema „Neuerungen im Psychotherapiegesetz“.

Dafür fallen freilich auch künftig Kosten an. Allerdings fließt laut Polaschek ein Teil des bisherigen Fachspezifikums in das öffentliche Studium, dieses wird damit günstiger. Außerdem seien die Psychotherapeutinnen und -therapeuten zu diesem Zeitpunkt schon unter Supervision tätig und verdienten bereits Geld, ergänzte Haid.

Lange Übergangsfristen

Für die Umstellung des Systems sind lange Übergangsfristen vorgesehen: Das Propädeutikum aus einer bestehenden Ausbildung kann noch bis Ende September 2030 abgeschlossen werden, das Fachspezifikum bis spätestens 2038. Neben der neuen Uniausbildung sollen mit der Novelle auch Onlinetherapien rechtlich verankert werden. Diese haben laut Rauch vor allem seit der CoV-Pandemie vielen Menschen geholfen.

Eva Blimlinger und Ralph Schallmeiner, Wissenschaftssprecherin und Gesundheitssprecher der Grünen, sind laut Aussendung „hocherfreut“. Ziel sei einerseits die Akademisierung der Ausbildung, um diese kostengünstiger anzubieten und einen breiteren Zugang für an dem Beruf Interessierte zu schaffen. Andererseits solle die psychotherapeutische Versorgung, die in Österreich ausbaufähig ist, verbessert werden, um mehr Menschen die therapeutische Behandlung zu ermöglichen.

Für FPÖ und NEOS überfällige Gesetzesreform

Die FPÖ kritisierte per Aussendung, dass Rauch erst jetzt eine Reform des Psychotherapiegesetzes vorlegt. Die FPÖ habe diese seit 2021 gefordert. Außerdem habe die Regierung selbst durch ihre CoV-Maßnahmen eine Zunahme psychischer Probleme gefördert und provoziert, so der Vorwurf von Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak.

Für NEOS-Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler wird mit der Akademisierung der Psychotherapieausbildung zwar ein lange überfälliger Schritt gemacht, im Zuge der Reform müsse aber auch endlich die Abgeltung von Psychotherapie als Kassenleistung sichergestellt werden.