Demonstration in Warschau
Reuters/Aleksandra Szmigiel
Demo in Warschau

PiS wettert gegen Tusk, EU und Deutschland

Mehrere zehntausend Menschen sind am Donnerstag in Polen dem Aufruf der nationalkonservativen Oppositionspartei PiS gefolgt und haben gegen die Mitte-links-Regierung von Donald Tusk demonstriert. PiS-Vorsitzender Jaroslaw Kaczynski warf in einer Rede der EU und Deutschland vor, quasi die Macht im Staat übernommen zu haben. Angeheizt wird der Streit durch die Inhaftierung zweier verurteilter PiS-Politiker.

Die PiS-Anhänger versammelten sich vor dem Parlamentsgebäude in Warschau. Sie trugen polnische Fahnen sowie Plakate mit der Aufschrift: „Hier ist Polen, kein Tuskoland“ und „Kulturminister – Zensurminister“. Die Veranstalter sprachen von 100.000 bis 300.000, später sogar von 500.000 Teilnehmern, das Warschauer Rathaus schätzte die Zahl zu Beginn auf 35.000. Onet, das größte polnische Internetprotal, kam in seiner Schätzung auf 90.000 bis 120.000 Menschen bei der Kundgebung.

Bei seinem Auftritt vor den Demonstranten warnte der PiS-Chef Kaczynski, die EU plane die „Liquidierung des polnischen Vaterlandes“ und wolle es zu einem „Wohngebiet für Polen“ reduzieren. Mit Blick auf die seit einem knappen Monat amtierende proeuropäische Koalitionsregierung von Tusk sagte Kaczynski: „Das ist keine polnische Regierung.“ Die PiS unterstellt Tusk, dass er im Auftrag Deutschlands handle.

Prominente vertreter der PiS bei Demonstrationin Warschau
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Kaczynski mit weiteren PiS-Politikern bei der Demonstration

Die PiS beklagte bei der Demo auch, dass angeblich Autobusse mit Anhängern aus den ländlichen Regionen nicht in die Stadt eingelassen worden seien. Bestätigung dafür gab es keine. Möglicherweise wollte die Partei damit die – offiziell geringere Teilnehmerzahl – erklären. Im Vorfeld hatte es geheißen, die ehemalige Regierungspartei würde vor allem ältere Anhänger aus ländlichen Gebieten zur Kundgebung bringen wollen.

Der Protestzug führte später vor den Regierungssitzung und damit das Büro von Tusk. Einige skandierten dort: „Raus aus der Hundehütte“. Auf Schildern wurde Tusk als „Diktator“ bezeichnet. Die PiS hatte bei der Wahl im Oktober mehr als acht Prozentpunkte verloren und war damit nicht mehr in der Lage, eine Regierungsmehrheit zu organisieren.

Demo ursprünglich gegen Medienpolitik

Der von den im Oktober abgewählten Nationalkonservativen organisierte „Protest der freien Polen“ sollte sich ursprünglich gegen die Umgestaltung der öffentlich-rechtlichen Medien richten. Die Regierung von Tusk hatte vor einigen Wochen mit dem Umbau des Fernsehsenders TVP, des polnischen Radios sowie der Nachrichtenagentur PAP begonnen. Sie wirft ihnen vor, sie hätten in den vergangenen Jahren unter der PiS-Regierung Parteipropaganda verbreitet. Auch internationale Organisationen hatten die einseitige Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien in Polen kritisiert.

Demonstration in Warschau
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Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurde von den Organisatoren höher angegeben als von den Behörden geschätzt

Verurteilte Ex-Regierungsmitglieder verhaftet

Allerdings hat der Streit über die Verhaftung von zwei rechtskräftig verurteilten PiS-Politikern den Fokus der Demonstration verschoben. Ex-Innenminister Mariusz Kaminski und sein früherer Staatssekretär Maciej Wasik waren am Dienstag verhaftet und ins Gefängnis gebracht worden, nachdem sie zunächst Schutz im Präsidentenpalast bei Staatsoberhaupt Andrzej Duda gesucht hatten. Die PiS bezeichnet die beiden als „politische Gefangene“, Kaminski wollte in den Hungerstreik treten.

Kaminski und Wasik waren im Dezember in einem Berufungsverfahren von einem Warschauer Bezirksgericht wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Haft verurteilt worden und sollten ihre Strafe antreten. Grund der Verurteilung war eine im Jahr 2007 aufgedeckte Affäre, bei der die damals von Kaminski geleitete Antikorruptionsbehörde gezielt einen Korruptionsfall inszeniert haben soll, um den damaligen Landwirtschaftsminister Andrzej Lepper zu diskreditieren.

Polen: Proteste gegen neue Regierung

Mehrere zehntausend Menschen haben in Polen gegen die Mitte-links-Regierung von Donald Tusk demonstriert. Die Anhängerinnen und Anhänger der nationalkonservativen Oppositionspartei PiS waren einem entsprechenden Aufruf gefolgt und versammelten sich vor dem Parlamentsgebäude in Warschau.

Duda leitet neue Begnadigung ein

Duda hatte die beiden nach einem ersten Verfahren 2015 begnadigt. Das oberste Gericht hatte diese Begnadigung aber für nicht rechtmäßig erklärt, da seinerzeit das Berufungsverfahren noch lief. Duda sagte kurz vor Beginn der Demonstration, er habe ein neues Verfahren für eine Begnadigung Kaminskis und Wasiks auf den Weg gebracht. Die Chancen, diese durchzusetzen, sind laut polnischen Medien durchwachsen. Parteichef Kaczynski rief die Demonstranten zu kurzen Protestaktionen vor den beiden Haftanstalten auf, in denen Kaminski und Wasik untergebracht sind.