Leitfaden zu Umgang mit Gewalt in Obsorge präsentiert

Das Justizministerium sowie Expertinnen aus dem Kinder- und Frauenschutz haben heute einen Leitfaden für Familienrichterinnen und -richter zum Umgang mit Gewalt in Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren präsentiert.

Die Richtlinie ist derzeit nicht verpflichtend, das soll in Zukunft die Reform des Kindschaftsrechts regeln, sagte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) bei der Vorstellung. Diese werde derzeit noch verhandelt, bis zu einem Ergebnis könne es noch etwas dauern, so die Ministerin.

Ziel des Leitfadens sei der Schutz von Kindern gegen alle Formen von Gewalt, physischer wie psychischer Natur. Auch Gewalt gegen wichtige Bezugspersonen wie die Mutter werde so schlimm empfunden wie gegen das Kind selbst, hieß es. Es soll ein standardisiertes und koordiniertes Vorgehen in diesem sensiblen Bereich geschaffen werden, hieß es weiter.

Leitfaden für breites Zielpublikum

Die Richtlinie soll vor allem junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Gerichten und in der Familiengerichtshilfe ansprechen und Hintergrundwissen vermitteln. Auch anderen Bereichen des Kinderschutzes wie Frauenhäusern, Kinder- und Jugendhilfe, Kinderschutzzentren und der Polizei soll er zur Verfügung gestellt werden.

Einen höheren Stellenwert soll mit der Richtlinie der Kinderbeistand für Familiengerichte bekommen, so Zadic. Dieser soll die „Stimme des Kindes“ bei richterlichen Entscheidungen einfließen lassen. „Da erleben wir auch einen Paradigmenwechsel, der uns sehr gut gefällt“, sagte Hedwig Wölfl, Geschäftsführerin der Kinderschutzorganisation die möwe.

Gemeinsame Obsorge bei Gewalt kontraproduktiv

Andrea Brem, Geschäftsführerin der Wiener Frauenhäuser, bezeichnete die Reformierung des Kindschaftsrechts vor zehn Jahren, wobei die gemeinsame Obsorge etabliert wurde, als „Rückschritt“. Denn wo häusliche Gewalt herrscht, sei eine gemeinsame Obsorge „alles andere als zweckmäßig“.

Der Leitfaden begründe nun, warum gemeinsame Obsorge im Falle von häuslicher Gewalt weder im Sinne des Kindeswohls ist noch Müttern, die von schwerer häuslicher Gewalt betroffen waren, zumutbar ist. „Jede Begegnung mit dem Gefährder erhöht das Angstgefühl“, sagte Brem. Es würde oft bis zu ein halbes Jahr dauern, bis die Betroffenen zur Ruhe kommen.