Grenzbeamter an der Grenze zwischen Finnland und Russland
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Asylsuchende an Grenze

Finnland wirft Kreml „hybride Attacken“ vor

Finnland fürchtet neue „hybride Attacken“ Russlands. Gemeint ist, dass der Nachbarstaat gezielt Migrantinnen und Migranten an die finnische Grenze schleuse, um Finnland zu destabilisieren. Zuletzt wurde eine Gruppe iranischer Männer an der Grenze aufgegriffen, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Freitag berichtete.

Am Donnerstag seien elf iranische Männer an der geschlossenen Grenze in der Gegend von Lappeenranta im Südosten Finnlands angehalten worden, zitierte Bloomberg eine Erklärung des finnischen Grenzschutzes am Freitag. Am Mittwoch seien vier Personen im Gebiet Parikkala, ebenfalls im Südosten des Landes, aufgegriffen worden. Alle hätten bei ihrer Festnahme um Asyl angesucht, hieß es.

Weiterhin hielten sich Asylsuchende in der Grenzgegend auf, die auf eine Öffnung der Grenze warteten, erklärte das Innenministerium. Die Regierung in Helsinki betrachtet den sprunghaften Anstieg von Asylsuchenden, die über unwegsames Gelände an die Grenze gelangen, als eine von Moskau inszenierte Bedrohung seiner nationalen Sicherheit. Asylsuchende würden zu den Kontrollpunkten geführt, ohne die erforderlichen Papiere bei sich zu haben.

Helsinki: „Sehr wahrscheinlich“

Die Landesgrenze mit Russland erstreckt sich über 1.340 Kilometer und ist aufgrund ihrer Länge schwer zu überwachen, obwohl dichter Wald auf beiden Seiten und eine hohe Schneedecke ein Überqueren ohnehin erschweren. „Nach den Informationen der Sicherheitsbehörden ist es sehr wahrscheinlich, dass Russland seine ‚hybriden Attacken‘ wieder aufnimmt und ausbaut“, sagte die finnische Innenministerin Mari Rantanen am Donnerstag.

Grenzbeamter begleitet Flüchtling an einer Grenze zwischen Finnland und Russland
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Ein finnischer Beamter mit einem Asylsuchenden an der Grenze zu Russland

Seit August seien fast 1.000 Asylsuchende von Russland aus an die finnische Grenze gekommen, viele aus Kenia, Marokko, Pakistan, Somalia, Syrien und dem Jemen. Im November hatte Finnland deshalb bereits einige Grenzübergänge geschlossen. Später machte das Land seine komplette Ostgrenze zu Russland dicht.

Frage der „nationalen Sicherheit“

Als im Dezember zwei Grenzübergänge kurzzeitig wieder geöffnet wurden, reisten dem Grenzschutz zufolge innerhalb zweier Tage mehr als 300 Asylsuchende von Russland aus ein. Finnland schloss die Grenze nach wenigen Tagen wieder ganz – zunächst bis 15. Jänner. Am Donnerstag zog die Regierung die Konsequenz aus den jüngsten Aufgriffen von Asylsuchenden und verlängerte die Grenzschließung um weitere vier Wochen.

Alle acht Grenzübergänge zu Russland bleiben nun bis 11. Februar geschlossen. „Die nationale Sicherheit ist für Finnland eine entscheidende Frage, sie geht über alles“, sagte Rantanen. Die Regierung suche nach „alternativen Wegen“, um der „hybriden Einflussnahme“ Russlands ein Ende zu setzen, so Rantanen. Asylsuchende, die in finnischen Häfen und Flughäfen ankommen, können aber weiterhin Asylanträge stellen.

Kreml dementiert

Russland hatte schon im vergangenen Jahr bestritten, absichtlich Asylsuchende nach Finnland zu schleusen. „Wir lassen derartige Anschuldigungen nicht gelten“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. „Grenzübergänge werden von denen genutzt, die das Recht dazu haben“, fügte er hinzu. Die finnischen Vorwürfe bezeichnete als „an den Haaren herbeigezogen“.

Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern haben sich seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 deutlich verschlechtert. Im April war Finnland nach jahrzehntelanger Bündnisneutralität der NATO beigetreten. Der Kreml verurteilte den Beitritt zu dem westlichen Militärbündnis als „Angriff auf die Sicherheit“ Russlands und kündigte „Gegenmaßnahmen“ an.

Leichte Holzzäune

Bisher sind die finnischen Grenzen vornehmlich mit leichten Holzzäunen gesichert, die vor allem Viehbestände im Land halten sollen. Das Land mit 5,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern erbaut aber derzeit einen 200 Kilometer langen Zaun entlang eines Teils der finnisch-russischen Grenze. Er soll im Jahr 2026 fertiggestellt sein.