Huthi-Kämpfer mit Gewerhren
APA/AFP/Mohammed Huwais
Huthi-Angriffe

USA wollen „keine Eskalation“ mit Iran

Nach ihren Bombardements von Stellungen der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen haben die USA versichert, dass sie nicht auf einen bewaffneten Konflikt mit Teheran zusteuern wollen. „Wir suchen nicht den Konflikt mit dem Iran. Wir suchen nicht die Eskalation“, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby, am Freitag dem Fernsehsender MSNBC. Unterdessen schworen die Huthis Vergeltung.

Kirby fügte hinzu, dass es „keinen Grund“ für eine weitere Eskalation der Lage über die Entwicklungen der „vergangenen wenigen Tage hinaus“ gebe. US-Präsident Joe Biden kündigte weitere Angriffe gegen die Huthi-Rebellen im Jemen an, falls diese ihre Attacken auf Schiffe im Roten Meer nicht einstellen. „Wir werden sicherstellen, dass wir auf die Huthis reagieren, wenn sie dieses ungeheuerliche Verhalten fortsetzen“, sagte Biden am Freitag bei einem Besuch im US-Bundesstaat Pennsylvania.

Die USA griffen in der Nacht auf Samstag erneut Stellungen der Rebellen an. Ziel sei eine Radaranlage gewesen, teilte das US-Militär mit. Über mögliche Opfer war nichts bekanntgeworden.

Weitere US-Sanktionen

Die US-Regierung verhängte außerdem weitere Sanktionen. Wie das US-Finanzministerium mitteilte, richten sich die Maßnahmen gegen vier Handelsschiffe und zwei in Hongkong und den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Unternehmen, denen die USA vorwerfen, die Huthis mit Geld aus dem Verkauf und Versand iranischer Waren zu versorgen.

„Die Vereinigten Staaten gehen weiterhin gegen die illegalen iranischen Finanznetzwerke vor, die die Huthis finanzieren und ihre Angriffe erleichtern“, teilte die US-Regierung mit. Man werde „alle verfügbaren Maßnahmen ergreifen, um diese destabilisierenden Aktivitäten der Huthis und ihre Bedrohungen für den Welthandel zu stoppen“.

US-General berichtet von erstem Vergeltungsschlag

Die schiitischen Huthi-Rebellen, die eine Serie von Angriffen auf Handelsschiffe im Roten Meer geführt haben, werden von Teheran unterstützt. In der Nacht auf Freitag hatten die USA zusammen mit Großbritannien auf diese Angriffe mit den Bombardements von Huthi-Stellungen im Jemen reagiert. Bei dem Beschuss von Stellungen der Huthi-Miliz seien fast 30 Standorte getroffen worden, teilte ein Vertreter des US-Militärs mit. Mehr als 150 Geschoße seien eingesetzt worden.

Jemenische Demonstranten verbrennen Israel- und USA-Flaggen
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In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa kam es zu Protesten

Die Huthis drohten daraufhin mit Vergeltung. Den Angaben Washingtons zufolge feuerten sie bereits eine Antischiffsrakete ab. „Wir wissen, dass sie mindestens eine Rakete als Vergeltungsmaßnahme abgefeuert haben“, sagte der US-Generalleutnant Douglas Sims am Freitag in Washington. Die Rakete habe kein Schiff getroffen.

Der Iran wie auch Russland, das eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrat für Freitag einberief, verurteilten die Angriffe auf die Huthi-Stellungen scharf. Der iranische Außenministeriumssprecher Nasser Kanani sprach von einer „willkürlichen Aktion“, einem „Verstoß“ gegen das Völkerrecht und einer Verletzung der Souveränität des Jemen. Der russische UNO-Botschafter Wassili Nebensia sprach von einer „eklatanten bewaffneten Aggression gegen ein anderes Land“ und verurteilte den Angriff der USA und Großbritanniens.

„Unsere Hand wird Oberhand gewinnen, so Gott will“

Freitagabend bezeichneten die Rebellen nach den Luftangriffen der USA und Großbritanniens Attacken auf Ziele beider Nationen als „legitim“. „Alle amerikanisch-britischen Interessen sind nach der direkten (…) Aggression gegen die Republik Jemen zu legitimen Zielen für die jemenitischen Streitkräfte geworden“, so der Oberste Politische Rat der Huthis.

„Die Amerikaner und Briten sollen nicht glauben, dass sie der Bestrafung durch unsere heldenhaften Streitkräfte entgehen werden“, fügte der Rat in einer in von den Rebellen kontrollierten Medien veröffentlichten Erklärung hinzu. „Die Freude der Angreifer wird nicht lange dauern, und unsere Hand wird die Oberhand gewinnen, so Gott will“, hieß es weiter. Unterdessen gab es in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa Proteste mit Zehntausenden Teilnehmenden.

Die Luftangriffe der USA und Großbritanniens im Jemen mit fünf Toten Freitagfrüh waren eine Reaktion auf wochenlange Angriffe der Huthis auf Handelsschiffe im Roten Meer, die angeblich mit Israel in Verbindung stehen. Die USA, Großbritannien und andere Verbündete erklärten gemeinsam, die Angriffe dienten der „Deeskalation der Spannungen und der Wiederherstellung der Stabilität“.

Felbermayr: Engpässe im Roten Meer treiben Preise an

Der Umweg, den Schiffe im Welthandel derzeit wegen der Spannungen im Roten Meer nehmen müssen, „treibt die Preise leider Gottes weiter nach oben“, so der Chef des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO), Gabriel Felbermayr, in der ZIB1 am Freitagabend. Um etwa fünf Prozent teurer werden könnten Gewand und Schuhe. Offen sei jedoch, wie stark höhere Transportkosten tatsächlich an die Endkundinnen und -kunden weitergegeben werden.

Fracht durch Umwege teurer

Das Rote Meer in Richtung Suekanal ist eine der wichtigsten Schiffahrtsrouten der Welt. Mittlerweile meiden Reedereien aber zunehmend die Strecke und schicken ihre Schiffe rund um den afrikanischen Kontinent. Das verlängert den Transport und macht die Fracht teurer.

Autobauer reagierten

Der Konflikt zwang unter anderem bereits den Autobauer Volvo, Konsequenzen zu ziehen. Wegen Lieferengpässen setzte Volvo seine Produktion in Belgien vorerst aus. Montag, Dienstag und Mittwoch solle das Werk in Gent zum Stillstand kommen, sagte eine Sprecherin am Freitag.

Grund dafür seien Verzögerungen bei der Lieferung von Getrieben infolge der Angriffe der Huthi-Rebellen auf Handelsschiffe im Roten Meer. Zuvor hatte bereits der Elektroautohersteller Tesla mitgeteilt, wegen der Angriffe die Produktion in Grünheide bei Berlin für rund zwei Wochen weitgehend stoppen zu müssen.

Der Sueskanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg zwischen Asien und Europa. Große Reedereien meiden die wichtige Handelsroute aber zunehmend. Die Alternativstrecke um das südafrikanische Kap der Guten Hoffnung ist jedoch wesentlich länger.

EU erwägt eigenen Militäreinsatz

Die EU-Außenminister wollen am 22. Jänner über eine mögliche Beteiligung der EU an der US-Initiative zur Sicherung der Handelsschifffahrt im Roten Meer beraten. Der Auswärtige Dienst der EU hat Diplomaten und Diplomatinnen zufolge erste Vorschläge für den Start eines neuen gemeinsamen europäischen Militäreinsatzes erarbeitet. Sie sehen etwa die Entsendung von Kriegsschiffen und luftgestützten Frühwarnsystemen in das Konfliktgebiet vor. Letztere könnten zum Beispiel Aufklärungsflugzeuge sein.

Die Huthis, die weite Teile des Jemen kontrollieren, sehen sich als Teil der gegen Israel gerichteten „Achse des Widerstands“, die vom Iran unterstützt wird. Dazu gehört neben der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auch die schiitisch-islamistische Hisbollah-Miliz im Libanon. Seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas Anfang Oktober haben die Huthis zahlreiche Drohnen- und Raketenangriffe auf Schiffe im Roten Meer ausgeführt, diese verstärkten sich zuletzt.