Campus der Johannes Kepler Universität
IMAGO/Daniel Scharinger
Neue Uni in Linz

Späte Zweifel aus dem Kanzleramt

Mit der neuen Universität in Linz will die Regierung in der Hochschullandschaft „neue Wege“ beschreiten. Im Gegensatz zu den anderen öffentlichen Unis fällt das Institute of Digital Sciences Austria (IDSA) nicht unter das Regime des Universitätsgesetzes. Die Uni erhält einen eigenen Rechtsrahmen. In der Begutachtung war die Kritik enorm – eine Woche später legte der Verfassungsdienst nach.

In der Stellungnahme, die ORF.at und dem Ö1-Journal um acht vorliegt, äußert der Rechtsdienst im Kanzleramt verfassungsrechtliche Zweifel am Gesetz. Hintergrund ist, dass das IDSA zwar als öffentliche Universität geführt werden soll, aber die Regeln deutlich von jenen der anderen öffentlichen Unis abweichen. Aktuell befindet sich das IDSA im Science Park der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz, später soll die neue Uni auf Flächen neben dem JKU-Campus Platz finden.

Während der offiziell sechswöchigen Begutachtungsphase gab der Verfassungsdienst keine Stellungnahme ab, was in Fachkreisen als „ungewöhnlich“ bezeichnet wurde. Aus dem Bundeskanzleramt hieß es auf ORF.at-Anfrage, dass der Rechtsdienst das Wissenschaftsressort um eine Fristerstreckung bis 15. Jänner ersucht hat. Die Gründe für die Verlängerung wurden nicht genannt.

Politeinfluss auf Autonomie der Uni

In dem 30 Seiten langen Papier weist der Verfassungsdienst auf mögliche Widersprüche, Mängel und Unklarheiten hin. So wird etwa die Begründung, warum die Rechtsbeziehung zwischen Studierenden und Uni privatrechtlicher Natur sein soll, als „lapidar“ bezeichnet. Die Fachleute sehen zudem eine „hohe Machtkonzentration“ bei der Spitze der Uni, gleichzeitig entfalle wegen der Einzelspitze eine „gewisse wechselseitige Kontrolle“. Auch hier fehlt eine Begründung.

Hochschulnetz

Österreich hat mit 22 öffentlichen Universitäten und 21 Fachhochschulen ein dichtes Hochschulnetz. Hinzu kommen die Privatuniversitäten und die Pädagogischen Hochschulen.

Auch die gesetzlichen Regelungen für das zum Teil politisch besetzte Kuratorium stoßen auf verfassungsrechtliche Bedenken. Das Gremium ähnelt zwar dem Universitätsrat bei den restlichen Unis, aber „die politische Komponente“ des Unirats habe im Vergleich zum Kuratorium eine „deutlich geringere Durchschlagskraft auf inneruniversitäre Entscheidungen“. Dadurch und wegen des Bestellungsmodus habe die Regierung einen „signifikanten Einfluss“ auf Sachfragen, die „den Kern der universitären Autonomie betreffen“.

Der neuen Uni soll es möglich sein, Studienbeiträge einzuheben. Diese sollen sozial verträglich sein. Der Verfassungsdienst erinnert an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), wonach der Gesetzgeber über Studienbeiträge zu entscheiden hat. Ohnehin sei es „fraglich“, ob die „mit weithin unbestimmten Begriffen erfolgte Umschreibung“ im Uni-Linz-Gesetz der Verfassung entspricht.

Finanzressort: „Stellungnahme nicht notwendig“

Die Finanzierung der Uni werden von Land Oberösterreich und vom Bund getragen. Das Finanzministerium gab aber keine Stellungnahme ab. „Das Finanzministerium war dazu in direktem und gutem Austausch mit dem Wissenschaftsministerium. Angesichts dieser konstruktiven Gespräche war eine öffentliche Stellungnahme nicht mehr notwendig“, hieß es auf ORF.at-Anfrage aus dem Ressort.

Die neue Uni in Linz, die künftig unter der Marke Interdisciplinary Transformation University Austria geführt werden soll, wurde im Sommer 2020 vom damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angekündigt. Man sprach damals von einem „Leuchtturm“, der auch als Modell für die Zukunft gegolten hat. Wegen der Landtagswahl in Oberösterreich ortete die Opposition ein Wahlzuckerl.

Das aktuelle Gesetz soll Mitte des Jahres das alte Gesetz, mit dem die Uni gegründet wurde, ersetzen. In der Begutachtung hagelte es Kritik an der „Sonderkonstruktion“. Das Wissenschaftsministerium hatte zu Beginn der Woche gegenüber ORF.at mitgeteilt, dass man die breite Debatte begrüße. Änderungen seien zwar möglich, man will aber die Absicht, „wirklich Neues entstehen“ zu lassen, weiterverfolgen.