Gazastreifen: Fischer nennt Nein zu UNO-Resolution „Fehler“

Altbundespräsident Heinz Fischer hat sich in einem APA-Interview ausführlich zur Situation in Nahost geäußert und dabei kritisiert, dass Österreich Mitte Dezember gegen eine UNO-Resolution für eine sofortige humanitäre Waffenruhe im Gazastreifen gestimmt hatte. Das sei ein „Fehler“ gewesen, sagte er.

Dass der Resolution eine ausdrückliche Verurteilung der Hamas fehlte, sei richtig, so der Altpräsident. Aber man verschweige, dass darin die Einstellung des Gefechts, humanitäre Maßnahmen und die Freilassung aller Geiseln gefordert wurde, so Fischer weiter.

Fischer zu Deutsch: „Im Wortlaut durchlesen“

Die Haltung der ÖVP-Grünen-Bundesregierung war auch von SPÖ-Chef Andreas Babler kritisiert worden. Dieser wurde daraufhin vom Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Wien, Oskar Deutsch, aufgefordert, seinen „Kompass dringend neu zu kalibrieren“, um keine „Täter-Opfer-Umkehr“ zu betreiben.

„Ich respektiere die besondere Betroffenheit des Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde. Aber der SPÖ-Vorsitzende Babler muss seinen Kompass nicht neu kalibrieren. Oskar Deutsch sollte sich vielmehr die Resolution im Wortlaut durchlesen und auch das Abstimmungsergebnis im Einzelnen studieren“, sagte Fischer.

„Auch für Verteidigung gibt es Grenzen“

Der Altbundespräsident teilt die UNO-Bedenken wegen der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen. Israel habe nach den „gigantischen Verbrechen“ der Hamas am 7. Oktober natürlich das Recht, sich zu verteidigen, so Fischer, aber: „Auch für die Verteidigung gibt es Grenzen und internationales Recht, das beachtet werden muss.“

Letztlich weine eine palästinensische Mutter genauso um ihr getötetes Kind wie eine israelische Mutter um das ihre, formulierte Fischer. Er habe sich vor zwei Wochen sehr ausführlich mit dem Vorsitzenden des UNO-Menschenrechtsrats, Volker Türk, unterhalten, ergänzte der 85-Jährige. „Ich habe volles Vertrauen in seine Berichte beziehungsweise in die Berichte der von ihm geleiteten Behörde.“

Streit zwischen Israel und Türk

Türk hatte sich zuletzt mehrmals sehr besorgt über das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen geäußert. Israels Regierung kritisierte den UNO-Menschenrechtsrat in der Folge als voreingenommenes Gremium und erklärte, sich an seine oder die Weisungen seiner Experten nicht mehr gebunden zu fühlen.

„Wenn der UNO-Menschenrechtsrat Vorgänge in einer chinesischen Provinz kritisiert, dann schenken wir ihm – auch ich – volles Vertrauen. Wenn der Menschenrechtsrat Vorgänge im Gazastreifen kritisiert, noch dazu Vorgänge, die wir im Fernsehen täglich ziemlich genau beobachten können, dann bezeichnet das Israel als ‚voreingenommen‘“, hielt Fischer fest.