Treffen zwischen dem neu gewählten taiwanesischen Präsidenten Lai Ching-te und einer US-Delegation mit dem ehemaligen nationalen Sicherheitsberater Stephen Hadley
APA/AFP/Taiwan’s Democratic Progressive Party
Peking erzürnt

USA nach Wahl „felsenfest“ hinter Taiwan

Mit dem dritten aufeinanderfolgenden Wahlerfolg der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) hat Taiwan am Samstag für Kontinuität gestimmt – und damit gegen die Annexionsgelüste Chinas. Trotz Protesten aus Peking gratulierte am Montag in Taipeh eine US-Delegation den Wahlsiegern persönlich und bekräftige ihre „felsenfeste“ Unterstützung. Weitere Unmutsbekundung aus China sind zu erwarten, eine Eskalation vorerst nicht.

Bei einem Treffen mit Taiwans noch amtierender Präsidentin Tsai Ing-wen lobte der ehemalige nationale Sicherheitsberater der USA, Stephen Hadley, die Demokratie der selbstverwalteten Insel als „leuchtendes Beispiel für die Welt“. Hadley sagte, dass „das amerikanische Engagement für Taiwan felsenfest“ sei. Der ehemalige stellvertretende Außenminister James Steinberg sagte, die Delegation sei nach Taiwan gereist, um „die überparteiliche Unterstützung der USA für unsere langjährige Freundschaft zu Taiwan zu unterstreichen“.

Während der achtjährigen Amtszeit von Tsai hat Taiwan seine Beziehungen zu seinen demokratischen Partnern gestärkt, insbesondere zu den USA. Trotz des Abbruchs der offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan im Jahr 1979 sind die USA nach wie vor der wichtigste diplomatische Verbündete der Insel und Lieferant von militärischer Ausrüstung und Geheimdienstinformationen.

Lai der Kontinuität verpflichtet

Lai Ching-te, der Sieger der Präsidentschaftswahl vom Samstag, hat sich verpflichtet, Tsais Politik fortzusetzen. Die US-Delegation traf am Montag auch mit ihm und seiner designierten Vizepräsidentin Hsiao Bi-khim, einst Taiwans oberste Gesandte in den USA, zusammen. „Ich bin davon überzeugt, dass sich unsere Beziehungen weiter entwickeln werden, wenn wir zusammenarbeiten, und dass sie zu einer wichtigen Kraft bei der Verteidigung von Frieden, Stabilität und Wohlstand in der indopazifischen Region werden“, sagte Lai.

US-Außenminister Antony Blinken
AP/Evelyn Hockstein
US-Außenminister Antony Blinken gratulierte Taiwan – und verärgerte damit Peking

Blinken brüskiert Peking

Der Besuch erfolgte, nachdem US-Außenminister Antony Blinken am Samstag Lai zu seinem Wahlsieg gratuliert und Taiwans Bevölkerung dazu beglückwünscht hatte, „dass sie einmal mehr die Stärke ihres robusten demokratischen Systems und ihres Wahlprozesses unter Beweis gestellt hat“. Die Erklärung löste eine wütende Reaktion Pekings aus, das Taiwan als sein eigenes Territorium betrachtet.

Am Sonntag erklärte das chinesische Außenministerium, die Erklärung verletze „ernsthaft das Ein-China-Prinzip“ und das Versprechen der USA, nur kulturelle, kommerzielle und andere inoffizielle Beziehungen zu Taiwan aufrechtzuerhalten. „Sie sendet auch ein völlig falsches Signal an die separatistischen Kräfte, die für die Unabhängigkeit Taiwans eintreten. Wir bedauern das zutiefst und lehnen es entschieden ab, und wir sind bei der US-Seite ernsthaft vorstellig geworden“, hielt das Ministerium fest.

Feiernde Anhänger der Demokratischer Fortschrittspartei (DPP) in Taipei
Reuters/Ann Wang
Freude über den Wahlsieg der DPP: Die Idee einer „Wiedervereinigung“ mit China ist auf der Insel denkbar unpopulär

Weitere Unmutsbekundung Pekings sind zu erwarten, das stärkste Signal dürfte aber Fachleuten zufolge erst im Mai erfolgen, wenn Lai sein Amt formell antritt. Es könnte sich um Militärübungen rund um die Insel handeln, um Beschränkungen für Importe aus Taiwan – oder um beides. Beispiele aus der Vergangenheit gibt es, etwa als die damalige Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, Taiwan 2022 einen Besuch abstattete. China hielt als Reaktion große Übungen ab und sandte Kampfjets und Kriegsschiffe aus, um an die Gefahr einer Invasion zu erinnern.

Chinas Angriffslust gedämpft

China bevorzugt eine „friedliche Wiedervereinigung“. Das scheint aber immer unwahrscheinlicher zu werden, 90 Prozent der Bevölkerung Taiwans unterstützen die Beibehaltung des Status quo, was bedeutet, dass die Insel nicht ihre Unabhängigkeit erklärt, sich aber auch nicht an China anschließt. Die Einschränkungen von Demokratie und Freiheiten, die China nach den Massenprotesten in Hongkong 2019 verfügt hatte, dienen als abschreckendes Beispiel.

Doch Chinas Drang, tatsächlich in Taiwan einzugreifen, wird derzeit durch zwei Überlegungen gedämpft. Zum einen will Peking das Verhältnis zu den USA stabilisieren – umso mehr als das dortige Wahljahr viele Ungewissheiten mit sich bringt. Zum anderen hat China mit Problemen im eigenen Land zu kämpfen, allen voran der schwächelnden Wirtschaft. Das Säbelrasseln wird also anhalten, tatsächliche Konsequenzen nach dem für China unerfreulichen Wahlausgang sind vorerst aber nicht zu erwarten.