Eine Frau nimmt ein Hängeregister aus einem Aktenschrank
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Informationsfreiheitsgesetz

Fachleute fordern Nachschärfungen

Die Würfel für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses sind bereits im Dezember gefallen, als die SPÖ ihre Zustimmung zum Gesetzesvorhaben der ÖVP-Grüne-Koalition gegeben hat. Es sei ein Paradigmenwechsel, hieß es dazu bei einem Hearing von Fachleuten im Verfassungsausschuss am Montag vor dem für Ende Jänner geplanten Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes im Parlament. Einige Wünsche nach Nachschärfungen blieben jedoch offen.

Künftig besteht für öffentliche Stellen von Bund, Ländern und Gemeinden eine Pflicht zur Auskunftserteilung. Das „Relikt“ Amtsgeheimnis werde abgeschafft, zeigte sich Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) erfreut. Informationen von „allgemeinem Interesse“ müssen von staatlichen Organen künftig „proaktiv“ veröffentlicht werden, nicht hoheitlich tätige Stiftungen, Fonds und Unternehmen mit bestimmendem Staatseinfluss fallen unter die passive Veröffentlichungspflicht.

Auch die Amtsverschwiegenheit bei parlamentarischen Anfragen soll mit dem Gesetz abgeschafft werden. Nur noch wenige besonders schwerwiegende Geheimhaltungsgründe wie nachrichtendienstliche Informationen und besonders sensible Daten von Bürgern und Bürgerinnen werden in Zukunft die Verweigerung einer Antwort rechtfertigen können.

Diskussion über Ausnahmen für kleine Gemeinden

Eine Ausnahme gibt es für Gemeinden unter 5.000 Einwohnern und Einwohnerinnen. Hier muss weiterhin ein Antrag für Informationen gestellt werden, wenn die Gemeinde nicht freiwillig selbst aktiv wird. Hier gibt es weiterhin unterschiedliche Meinungen.

Gemeindebund-Generalsekretär Walter Leiss hätte lieber eine Grenze bei 10.000 Einwohnern gezogen. Würde die Bestimmung nicht im Verfassungsrang stehen, wäre sie gleichheitswidrig, meinte hingegen der Verfassungsjurist Bernd Wieser. Die Einwohnergrenze gehe „gar nicht“.

Kritik an Ausnahme für Landtage

Experten und Expertinnen sahen beim Hearing zahlreiche Verbesserungen durch das geplante Gesetz – mit Einschränkungen. „Das vorliegende Gesetz ist nicht schön, es gibt mehr zu kritisieren. Aber wir brauchen es“, brachte es Datenschutzexperte Thomas Lohninger von Epicenter.Works beim Expertenhearing auf den Punkt. Öffentliche Einsicht und Kontrolle würden Korruption und Missstände vermeiden.

Wenig Verständnis gab es etwa dafür, dass Landtage von der Pflicht zur Auskunftserteilung ausgenommen seien. Da müsse es eine Gleichheit geben, forderte Lohninger. Sonst bleibe kein anderer Weg als zum Verfassungsgerichtshof (VfGH), aber das dauere drei Jahre: „Bis dahin bleibt die Blackbox.“ Es sei problematisch, dass laut Regierungsvorlage das Gesetz dann nicht zur Anwendung kommt, wenn es in anderen Bundes- oder Landesgesetzen besondere Informationszugangsregelungen gibt. Auch die Juristin Christiane Wendehorst würde die Landtage nicht von der Auskunftspflicht ausnehmen.

Waltraud Bauer-Dorner vom Verfassungsdienst im Amt der Landesregierung Steiermark hingegen bezeichnete es als „politischen Kompromiss“, dass Landtage nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen sollen. Auch eine Ausnahmeregelung für kleinere Gemeinden hält sie für „argumentierbar“. Dort sei oft kein Jurist, der Anfragen beurteilen könne.

Fristen „ambivalent“

Künftig soll innerhalb von einer Frist von maximal zwei Monaten nach Antrag die Auskunft erteilt werden. Markus Hametner vom Forum Informationsfreiheit sieht das „ambivalent“. Das sei zwar eine Verbesserung zu den bisher sechs Monaten, die Dauer sei aber dennoch „nicht nachvollziehbar“. Er erwartet trotzdem eine Beschleunigung der Rechtsentwicklung.

Um das Spannungsverhältnis zwischen Datenschutz und Recht auf Information aufzulösen, rät Lohninger zu einem Datenschutz- und Informationsbeauftragten in Personalunion. Hametner hält die mögliche Schaffung von Informationsbeauftragten für „wünschenswert“. Das könne Gemeinden bei der Entscheidung über einen Antrag helfen und sei auch internationaler Standard. Die ÖVP legte sich bisher aber gegen eine eigene Stelle eines Informationsbeauftragten quer.

„Kulturwechsel“ notwendig

In Kraft treten soll das Gesetz Mitte 2025. In der 18-monatigen Übergangsphase müssen nun vor allem Schulungen für Verwaltungspersonal abgehalten werden, wird von den Experten gefordert. Albert Posch, Leiter des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt, erwartet vor allem zu Beginn einen größeren Aufwand für die Verwaltung. Das werde sich aber einpendeln.

Einhergehend mit dem Paradigmenwechsel brauche es auch einen „Kulturwechsel als eine gemeinsame Aufgabe von vielen“, ist die Zivilrechtlerin Wendehorst überzeugt. Lohninger pocht zudem auf „stabile Regeln für die Informationsfreiheit“: „Das Grundrecht auf Information ist die Voraussetzung für eine moderne Informationsgesellschaft.“