Rechnung liegt auf verpackten Lebensmitteln
ORF/Patrick Bauer
7,8 Prozent Teuerung

Preisspirale drehte sich 2023 kräftig weiter

Die Inflation ist in Österreich im letzten Jahr zwar gesunken – die Preisspirale hat sich dennoch kräftig weitergedreht. Die Teuerungsrate lag mit 7,8 Prozent weiterhin auf einem Niveau wie seit Jahren nicht mehr und höher als in vielen anderen Ländern der Euro-Zone. Hauptsächlich verantwortlich dafür waren erneut kräftig steigende Kosten etwa für Wohnen und Nahrungsmittel. Zuletzt zeigte die Kurve wieder nach oben statt nach unten.

Gegenüber 2022 sank die Teuerungsrate um 0,8 Punkte von 8,6 auf 7,8 Prozent, wie die Statistik Austria am Mittwoch in einer Aussendung mitteilte. Damit bewegt sie sich aktuell auf einem nach wie vor sehr hohen Niveau, das knapp dem Vierfachen des Zielwerts der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent entspricht.

Ähnliche Werte hatte es laut Statistik in den 1970er Jahren während der Ölpreiskrise (9,5 Prozent 1974 und 8,5 Prozent 1975) gegeben. Zu Jahresbeginn 2023 lag die Inflationsrate bei 11,2 Prozent, sank dann bis November auf 5,3 und stieg schließlich im Dezember wieder auf 5,6 Prozent. Für heuer und das nächste Jahr liegen rezente Prognosen deutlich unter dem Jahresdurchschnitt 2023 – allerdings mit Unsicherheitsfaktoren.

Rückgang geringer als in vielen Euro-Ländern

Hauptverantwortlich für die hohe Teuerungsrate waren laut aktuellen Daten Preissteigerungen bei Lebensmitteln und in der Gastronomie sowie hohe Wohnkosten. „Mehr als die Hälfte der Inflation des Jahres 2023 ist auf starke Preisanstiege in der Gastronomie, bei Nahrungsmitteln, der Haushaltsenergie und der Wohnungsinstandhaltung zurückzuführen“, so der Leiter der Statistik Austria, Tobias Thomas, in der Aussendung am Mittwoch.

Grafik zur Inflation seit 1990
Grafik: APA/ORF; Quelle: Statistik Austria

Die Inflationsrate sank auch weniger stark als in vielen anderen der 20 Länder der Euro-Zone. Als ein Grund dafür gelten die in Österreich vergleichsweise hohen Energiepreise. Gebremst haben die Teuerung die Treibstoffpreise, wobei dieser Effekt im Dezember allerdings nachließ und die Kurve wieder nach oben zeigte.

Wohnen und Haushaltsenergie bleiben Preistreiber

Die Preise für Wohnung, Wasser und Energie stiegen laut Statistik im Vorjahr im Durchschnitt um 11,1 Prozent (nach 12,6 Prozent 2022) und trugen insgesamt 2,18 Prozent zur Jahresinflation bei. Haushaltsenergie verteuerte sich zwar langsamer als 2022 (plus 36,8 Prozent), aber dennoch weiter deutlich um 16,5 Prozent. Heizöl (minus 14,0 Prozent) war deutlich billiger, Strom mit minus 2,5 Prozent geringfügig, die Wirkung der Strompreisbremse eingerechnet.

Auch bei festen Brennstoffen fiel der Preisanstieg mit plus 8,9 Prozent markant niedriger aus als 2022 (plus 58,4 Prozent). Der Preis für Erdgas stieg um 55,2 Prozent (gegenüber 80,8 Prozent 2022). Fernwärme (plus 50,5 Prozent) wurde deutlich teurer (plus 31,9 Prozent 2022). Die Mieten (Neuvermietung) schließlich stiegen um 7,9 Prozent.

Lebensmittel und Gastronomie deutlich teurer

Kräftig stiegen die Preise in Hotels und der Gastronomie: um durchschnittlich 12,2 Prozent (gegenüber plus 8,9 Prozent 2022). Für Wein war knapp 15 Prozent mehr zu bezahlen, das Schnitzel, das oft als Gradmesser herhalten muss, war im Schnitt um 13,3 Prozent teurer als noch ein Jahr zuvor. Essen in Kantinen wurde um 11,0 Prozent teurer.

Auf Rang drei der größten Preistreiber nach Wohnen und Gastronomie lagen im Vorjahr Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke mit plus 11,0 Prozent, ähnlich wie 2022. Die Preise für Grundnahrungsmittel entwickelten sich unterschiedlich. Butter etwa wurde um 8,2 Prozent billiger, Fleisch um 9,7 Prozent teurer.

Milch, Käse und Eier kosteten um 11,4 Prozent mehr als 2022. Schokolade und Süßwaren etwa wurden deutlich teurer – um 13,1 Prozent. Ähnliches gilt mit 12,5 Prozent auch für Brot und Getreideerzeugnisse sowie Gemüse (plus 13,1 Prozent). Obst kostet im Schnitt um 4,3 Prozent mehr. Alkoholfreie Getränke schließlich wurden um 12,6 Prozent teurer.

Treibstoffe und Trendumkehr

In der von der Statistik Austria erhobenen zentralen Ausgabengruppe „Verkehr“ insgesamt fiel die Teuerung (plus 1,7 Prozent) deutlich moderater aus als 2022 mit plus 16,2 Prozent. Die Treibstoffpreise entwickelten sich sehr volatil und sanken auf Jahressicht um 8,7 Prozent, waren gleichzeitig aber mit einem Anstieg zum Jahresende hin verantwortlich für eine Umkehr des Trends nach oben. Die monatliche Inflation stieg im Dezember von 5,3 wieder auf 5,6 Prozent. Der auf europäischer Ebene berechnete Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) lag nach 8,6 Prozent 2022 im Vorjahr bei 7,7 Prozent.

Hohe Kerninflation

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) und das Institut für Höhere Studie (IHS) hatten ihre Prognosen zur Jahresinflation 2023 bis 2025 im Dezember bei 7,9 (WIFO) bzw. 7,8 Prozent (IHS) für das vergangene Jahr, für 2024 bei 4,0 bzw. 3,9 und für 2025 bei 3,1 bzw. 3,0 Prozent angesetzt. Die Kerninflation (Teuerung ohne Energie und Lebensmittel) werde weiterhin bei 5,0 Prozent liegen und damit deutlich über dem Schnitt der Euro-Zone, hieß es damals.

Grafik zur Inflation in Österreich über Euro-Zone
Grafik: APA/ORF; Quelle: Eurostat

Die EZB sieht sich trotz der noch immer hohen Werte auf dem richtigen Weg in Richtung Zielwert, wie Präsidentin Christine Lagarde am Mittwoch zitiert wurde. „Wir sind auf dem richtigen Weg, wir bewegen uns in Richtung zwei Prozent“, sagte sie. Österreich ist davon aktuell noch weit weg.

Kritik an Maßnahmen der Regierung

Nach Veröffentlichung der Zahlen wurde Kritik an den Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Teuerung laut. Diese „führte Österreich bei der Jahresinflation auf den letzten Platz in Westeuropa und behauptete diesen ein ganzes Jahr“, so SPÖ-Klubobmann Philip Kucher. Jeder weitere Monat ohne Preissenkungen sei „eine Gefahr für Land, Leute und Wirtschaft“.

„Dass die Österreicher im Vorjahr unter einer weit höheren Teuerung leiden mussten als die Bürger der meisten anderen Euro-Ländern“, sei „der in Zahlen gegossene Beweis dafür, dass diese extreme Kostenlawine durch eine völlig falsche Regierungspolitik hausgemacht“ sei, so FPÖ-Chef Herbert Kickl in einer Aussendung.

NEOS ortete ein „komplettes Versagen bei der Bekämpfung der Teuerung“. Schuld daran, dass die Inflation höher als in anderen Ländern ist, sei „die verfehlte Politik“ von ÖVP und Grünen „mit ihrer expansiven Budgetpolitik“.

Die Bundesregierung habe es veräumt, „strategische und zielgerichtete Preiseingriffe zu setzen“, hieß es von der Arbeiterkammer (AK). Hätte sich in Österreich die Teuerungsrate 2023 auf den Durchschnitt der Euro-Zone von 5,4 Prozent belaufen, „hätten die Menschen in Österreich für ihre Konsumausgaben 623 Euro weniger bezahlen müssen – pro Monat entspricht das 51,92 Euro“, rechnete das Momentum Institut in einer Aussendung vor.