Frau mit Kontoauszügen
ORF/Dominique Hammer
7,8 Prozent 2023

Inflation sorgt für Kritik an Regierung

Die Teuerungsrate ist im letzten Jahr zwar gesunken, mit 7,8 Prozent allerdings weiter so hoch gewesen wie seit Jahren nicht mehr. Für Kritik sorgte am Mittwoch nach Veröffentlichung der aktuellen Zahlen der Statistik Austria vor allem, dass die Inflationsrate in Österreich weit langsamer sinkt als in anderen europäischen Ländern.

Die Preise lagen im Vorjahr im Durchschnitt um 7,8 Prozent über dem Niveau von 2022 (8,6 Prozent), die Teuerungsrate sank damit um 0,8 Punkte, wie die Statistik Austria am Mittwoch mitteilte. Im Verlauf des gesamten letzten Jahres war sie zwar deutlich zurückgegangen, im Dezember zeigte der Trend allerdings wieder nach oben.

Nach Veröffentlichung der aktuellen Zahlen wurde Kritik an der Bundesregierung laut – aus unterschiedlichen Richtungen und mit unterschiedlichen wirtschaftspolitischen Forderungen. Die Regierung „führte Österreich bei der Jahresinflation auf den letzten Platz in Westeuropa und behauptete diesen ein ganzes Jahr“, hieß es in einer Aussendung der SPÖ. Die Maßnahmen der Regierung seien unzureichend gewesen. Jeder weitere Monat ohne Preissenkungen sei „eine Gefahr für Land, Leute und Wirtschaft“.

„Kostenlawine“ und teure „Gießkanne“

„Dass die Österreicher im Vorjahr unter einer weit höheren Teuerung leiden mussten als die Bürger der meisten anderen Euro-Ländern“, sei „der in Zahlen gegossene Beweis dafür, dass diese extreme Kostenlawine durch eine völlig falsche Regierungspolitik hausgemacht“ sei, so FPÖ-Chef Herbert Kickl in einer Aussendung. Die „Wurzeln“ dafür sah Kickl etwa in den Lockdowns während der CoV-Pandemie, die die Wirtschaft „abgewürgt“ hätten, und einem „EU-hörigen Mitziehen beim Sanktionsregime“ gegen Russland.

Grafik zur Inflation in Österreich über Euro-Zone
Grafik: APA/ORF; Quelle: Eurostat

NEOS ortete ein „komplettes Versagen bei der Bekämpfung der Teuerung“. Schuld daran, dass die Inflation höher als in anderen Ländern ist, sei „die verfehlte Politik“ von ÖVP und Grünen „mit ihrer expansiven Budgetpolitik“. Mit „den ineffizienten und nicht zielgerichteten Geldgeschenken muss endlich Schluss sein“, die „Gießkanne gehört weg“.

Preiseingriffe und Musterrechnungen

Die Bundesregierung habe es versäumt, „strategische und zielgerichtete Preiseingriffe zu setzen“, hieß es von der Arbeiterkammer (AK). „Die Bundesregierung verzichtete auf preisdämpfende Maßnahmen wie etwa eine effektive Mietpreisbremse, eine Wärmekostenbremse oder Eingriffe bei Gas und Nahrungsmitteln.“

Preisspirale drehte sich 2023 weiter

Die Inflation ist in Österreich im letzten Jahr zwar gesunken – die Preisspirale hat sich dennoch kräftig weitergedreht. Die Teuerungsrate lag mit 7,8 Prozent weiterhin auf einem Niveau wie seit Jahren nicht mehr und höher als in vielen anderen Ländern der Euro-Zone.

Hätte sich in Österreich die Teuerungsrate 2023 auf den Durchschnitt der Euro-Zone von 5,4 Prozent belaufen, „hätten die Menschen in Österreich für ihre Konsumausgaben 623 Euro weniger bezahlen müssen – pro Monat entspricht das 51,92 Euro“, rechnete das Momentum Institut vor. „Der Weg weist nach unten“, betonte dagegen Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) nach dem Ministerrat am Mittwoch und wies auf Maßnahmen der Regierung wie die Stromkostenbremse hin.

Weit über EZB-Ziel

7,8 Prozent Teuerung 2023 machten knapp das Vierfache des Zielwerts der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent aus. Ähnliche Werte hatte es laut Statistik Austria in den 1970er Jahren während der Ölpreiskrise gegeben. Zu Jahresbeginn 2023 lag die Inflationsrate bei 11,2 Prozent, sank bis November auf 5,3 Prozent und stieg schließlich im Dezember wieder auf 5,6 Prozent. Für heuer und das nächste Jahr liegen die Prognosen deutlich unter dem Jahresdurchschnitt 2023.

Grafik zur Inflation seit 1990
Grafik: APA/ORF; Quelle: Statistik Austria

Rückgang geringer als in vielen Euro-Ländern

Hauptverantwortlich für die hohe Teuerungsrate waren Preissteigerungen bei Lebensmitteln und in der Gastronomie sowie hohe Wohnkosten. „Mehr als die Hälfte der Inflation des Jahres 2023 ist auf starke Preisanstiege in der Gastronomie, bei Nahrungsmitteln, der Haushaltsenergie und der Wohnungsinstandhaltung zurückzuführen“, so der Leiter der Statistik Austria, Tobias Thomas. Die Inflationsrate sank auch weniger stark als in anderen der 20 Länder der Euro-Zone. Als ein Grund dafür gelten die in Österreich vergleichsweise hohen Energiepreise.

Wohnen und Haushaltsenergie bleiben Preistreiber

Die Preise für Wohnung, Wasser und Energie stiegen im Vorjahr im Durchschnitt um 11,1 Prozent (nach 12,6 Prozent 2022). Haushaltsenergie verteuerte sich zwar langsamer als 2022 (plus 36,8 Prozent), aber dennoch weiter deutlich um 16,5 Prozent. Heizöl (minus 14,0 Prozent) war deutlich billiger, Strom mit minus 2,5 Prozent geringfügig.

Auch bei festen Brennstoffen fiel der Preisanstieg mit plus 8,9 Prozent markant niedriger aus als 2022 (plus 58,4 Prozent). Der Preis für Erdgas stieg um 55,2 Prozent (gegenüber 80,8 Prozent 2022). Fernwärme (plus 50,5 Prozent) wurde deutlich teurer (plus 31,9 Prozent 2022). Die Mieten (Neuvermietung) schließlich stiegen um 7,9 Prozent.

Lebensmittel und Gastronomie deutlich teurer

Kräftig stiegen die Preise in Hotels und der Gastronomie: um durchschnittlich 12,2 Prozent (gegenüber plus 8,9 Prozent 2022). Das Schnitzel, das oft als Gradmesser herhalten muss, war im Schnitt um 13,3 Prozent teurer als noch ein Jahr zuvor. Essen in Kantinen wurde um 11,0 Prozent teurer.

Auf Rang drei der größten Preistreiber nach Wohnen und Gastronomie lagen im Vorjahr Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke mit plus 11,0 Prozent, ähnlich wie 2022. Die Preise für Grundnahrungsmittel entwickelten sich unterschiedlich. Butter etwa wurde um 8,2 Prozent billiger, Fleisch um 9,7 Prozent teurer.

Milch, Käse und Eier kosteten um 11,4 Prozent mehr als 2022. Schokolade und Süßwaren etwa wurden deutlich teurer – um 13,1 Prozent. Ähnliches gilt mit 12,5 Prozent auch für Brot und Getreideerzeugnisse sowie Gemüse (plus 13,1 Prozent) und Obst (plus 4,3 Prozent. Alkoholfreie Getränke schließlich wurden um 12,6 Prozent teurer.

Treibstoffe und Trendumkehr

In der von der Statistik Austria erhobenen zentralen Ausgabengruppe „Verkehr“ insgesamt fiel die Teuerung (plus 1,7 Prozent) deutlich moderater aus als 2022 mit plus 16,2 Prozent. Die Treibstoffpreise entwickelten sich volatil und sanken auf Jahressicht um 8,7 Prozent, waren gleichzeitig aber mit einem Anstieg zum Jahresende hin verantwortlich für eine Umkehr des Trends nach oben.

Hohe Kerninflation

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) und das Institut für Höhere Studie (IHS) hatten ihre Prognosen zur Jahresinflation 2023 bis 2025 im Dezember bei 7,9 (WIFO) bzw. 7,8 Prozent (IHS) für das vergangene Jahr, für 2024 bei 4,0 bzw. 3,9 und für 2025 bei 3,1 bzw. 3,0 Prozent angesetzt.

Die Kerninflation (Teuerung ohne Energie und Lebensmittel) werde weiterhin bei 5,0 Prozent liegen und damit deutlich über dem Schnitt der Euro-Zone, hieß es damals. Dazu kommen Unsicherheitsfaktoren wie der Krieg in der Ukraine und im Gazastreifen samt möglichen Auswirkungen auf die globalen Versorgungsketten.