Tempo-30-Schild in einer Ortschaft
ORF/Lukas Krummholz
StVO-Reform

Weniger Hürden für Tempo 30

Gemeinden und Städte sollen Temporeduktionen künftig einfacher und damit auch schneller umsetzen können. Die Bundesregierung einigte sich auf eine entsprechende Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO), die am Mittwoch in Begutachtung ging.

„Geringeres Tempo bedeutet mehr Sicherheit und Lebensqualität für die Menschen vor Ort“, sagte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Mittwoch. Geschwindigkeitsreduktionen würden Gewesslers Angaben zufolge zu weniger Verkehrstoten, weniger klimaschädlichen Emissionen und geringerer Lärmbelästigung führen und durch den geringeren Treibstoffverbrauch den Menschen auch Geld sparen.

Bereits jetzt war es den Gemeinden möglich, im Ortsgebiet auf Tempo 30 anstatt 50 zu verringern, jedoch musste man dazu einige bürokratische Hürden nehmen und umfangreiche Gutachten erstellen lassen. Das soll sich durch die StVO-Novelle ändern.

Regierung strebt mehr Tempo-30-Zonen an

Eine Änderung der Straßenverkehrsordnung macht möglich, dass Städte und Gemeinden in Zukunft schneller Tempo-30-Zonen umsetzen können. Die Regierung will damit die Verkehrssicherheit in diesen Gebieten erhöhen.

„Maßgeschneiderte Lösungen“

„Durch die vorliegende Novelle wird es für die Bürgermeister in Zukunft einfacher sein, maßgeschneiderte Lösungen vor Ort zu erarbeiten und umzusetzen“, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), der nach dem Ministerrat gemeinsam mit Gewessler vor die Presse trat.

Die jeweils zuständige Straßenbehörde könne in Ortsgebieten in Bereichen mit besonderem Schutzbedürfnis wie vor Schulen, Kindergärten, Freizeiteinrichtungen und Spielplätzen, Krankenhäusern und Seniorenheimen die erlaubte Höchstgeschwindigkeit verringern – unter der Voraussetzung, dass die Maßnahme zur Erhöhung der Verkehrssicherheit von Fußgängern und Radfahrern geeignet ist.

„Wo es die Situation erfordert, aber nicht aus Jux und Tollerei“, sagte Karner. Im vergangenen Jahr hätten sich auf Gemeindestraßen rund 15.000 Verkehrsunfälle mit 80 Todesopfern ereignet, so der Innenminister.

Radarkontrollen durch Gemeinden

Durch die Reform soll für Gemeinden auch die Überwachung des Tempolimits erleichtert werden. So sollen diese Radarkontrollen künftig selbst durchführen dürfen. Voraussetzung ist eine entsprechende Übertragungsverordnung des Landes. Bisher konnten die Gemeinden nur dann Tempokontrollen durchführen, wenn sie über einen eigenen Gemeindewachkörper verfügen. Dadurch erwarte sich Karner auch eine Entlastung der Polizei.

Weiters werde es für die Gemeinden Möglichkeiten geben, Schulstraßen ähnlich einer Begegnungszone einzurichten. Auch sollen Rettungsfahrzeuge durch die neue Novelle auch dann im Halte- und Parkverbot stehen bleiben dürfen, wenn sie das Blaulicht nicht eingeschaltet haben.

„Langjährige Forderung“

Mehr als 280 Gemeinden und Städte sowie Organisationen wie der VCÖ und der Städtebund hatten sich im Vorfeld für eine Reform starkgemacht, die eine Umsetzung von Tempo 30 erleichtert. In der sechs Wochen dauernden Begutachtungsfrist kann die Öffentlichkeit Stellungnahmen zum Entwurf abgeben. Das Inkrafttreten ist für Sommer geplant.

Der Gemeindebund begrüßte die vorgestellte Novelle der Straßenverkehrsordnung. „Nun sollen endlich langjährige Forderungen des Gemeindebundes umgesetzt werden. Die Novelle ermöglicht mehr Verkehrssicherheit vor Schulen, Kindergärten, Hauptplätzen und anderen neuralgischen Punkten in den Kommunen. Nun bekommen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister die rechtlichen Rahmenbedingungen, um die Verkehrssicherheit in den Gemeinden und Städten weiter zu erhöhen“, sagten die Gemeindebund-Vizepräsidenten Andrea Kaufmann und Erwin Dirnberger.

Auch das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) begrüßte die Einigung auf den Entwurf. KFV-Messungen hätten gezeigt, dass sich 72 Prozent der Pkw-Lenkenden in Tempo-30-Zonen im Ortsgebiet nicht an das Geschwindigkeitslimit halten. Mehr als 15.000 Verkehrsteilnehmende verunglücken jährlich auf Gemeindestraßen im Ortsgebiet. „Die Einhaltung der Geschwindigkeitsbeschränkung entscheidet über Leben oder Tod. Der Anhalteweg ist bei Tempo 50 mehr als doppelt so lang wie bei Tempo 30“, so das KFV.

Offene Fragen zu autofreier Wiener City

Noch nicht geeinigt hat man sich bezüglich einer Verkehrsberuhigung der Wiener Innenstadt. Hier erwägt die SPÖ-NEOS-Stadtregierung, dass nur noch Anrainer, Wirtschaftstreibende und einige vom Verbot Ausgenommene mit dem Auto in den ersten Bezirk fahren dürfen. Kontrolliert werden soll das mittels Kameras, welche die Autokennzeichen erfassen.

Dafür braucht es aber eine gesetzliche Grundlage im Rahmen der StVO. Mitte Februar wird es laut Gewessler einen weiteren runden Tisch mit Experten und Expertinnen zum Thema geben, um Fragen rund um datenschutzrechtliche Bedenken zu klären. Karner ergänzte, dass hier kein „Bürokratiemonster“ auf die Polizei zukommen und diese nicht in Arbeit untergehen dürfe.

Auf Nachfrage einer Journalistin verneinte Gewessler, dass als nächster Schritt Tempo 100 auf Autobahnen anstehen könnte. Dafür gebe es der Ministerin zufolge derzeit keine parlamentarische Mehrheit.