Hochwassers im Gasteinertal
APA/EXPA/Jfk
Eine Milliarde Euro 2023

Große Unwetterschäden, wenig Prävention

Wetterextreme haben in Österreich im Vorjahr laut Schätzungen Schäden in Höhe von einer Milliarde Euro verursacht. Künftig dürften sie im ganzen Spektrum zwischen Dürre und Hochwasser noch häufiger auftreten, hieß es am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Die Bevölkerung sei allerdings nicht ausreichend auf Katastrophenfälle vorbereitet – obwohl es offenbar schon ein Bewusstsein dafür gibt.

Extremwetter mit Sturm, Hagel, Überschwemmungen auf der einen und Trockenheit auf der anderen Seite hätten 2023 „enorme Schäden“ verursacht, hieß es in einer Aussendung nach der gemeinsamen Pressekonferenz des Verbandes der Versicherungsunternehmen (VVO), des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) und der GeoSphere Austria unter dem Titel „Extremwetter: Versicherer rechnen mit weiteren Schadenszunahmen für 2024“.

Große Hitze im Sommer, Überschwemmungen wie zuletzt im Dezember „werden mehr und mehr zur neuen Normalität“, sagte Remi Vrignaud, Präsident des VVO. Vor dieser Realität und großen ökologischen und volkswirtschaftlichen Schäden könne man nicht mehr die Augen verschließen. Es brauche ein gesellschaftspolitisches Umdenken. Die Schäden dürften sich im letzten Jahr laut VVO auf rund eine Milliarde Euro summiert haben. Künftig erwarteten die Versicherer „eine starke Zunahme von Schadensereignissen“.

Vorbereitung auf den Fall der Fälle

Mit der Häufung von Wetterextremen komme natürlich auch dem Thema Prävention zunehmende Bedeutung zu, hieß es in der Aussendung. Fast 200-mal sei 2023 von der GeoSphere Austria die höchste Warnstufe für eine Gemeinde verhängt worden. Trotzdem mangle es an Vorbereitungen auf mögliche Katastrophenfälle.

Hochwasser in Maria Saal
APA/Wolfgang Jannach
Abgeschnitten von der Außenwelt: „Verbesserungspotenzial“ bei Eigenvorsorge

Der Wissensstand müsse „deutlich gehoben“ werden, hieß es unter Berufung auf Daten des jährlich vom KFV erhobenen „Naturgefahrenmonitors“. In Österreich gebe es im internationalen Vergleich etwa bei der Eigenvorsorge Verbesserungspotenziale, so der KVF. Ohne fremde Unterstützung hätte der Großteil der Bevölkerung nur für ein bis drei Tage Lebensmittel.

Das Thema beschäftigt

Das Thema beschäftigt aber doch, zumindest machen sich die Österreicherinnen und Österreicher über Wetterextreme Gedanken. Dabei zeigen sich auch regionale Unterschiede. Die Sorge vor Hochwasser dominiere in mehreren Bundesländern wie der Steiermark, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg, während in Wien und dem Burgenland mögliche Hitzewellen ein Thema seien.

Ausgetrocknetes Flussbett im Pitztal
ORF.at/Christian Öser
Murenabgang: Regional unterschiedliches Gefahrenbewusstsein

Die Mehrheit der Österreicher (69 Prozent) sorgt sich, „dass durch den Klimawandel die Naturkatastrophen zunehmen werden“, zugleich sei ein noch größerer Teil (79 Prozent) „aber auch bereit, auf bestimmte Dinge zu verzichten, um den Klimawandel zu bremsen“, wie der Direktor des KFV, Christian Schimanofsky, bei der Pressekonferenz betonte.

Die Zahlen sind das Ergebnis einer Umfrage mit 1.200 Teilnehmern. Es brauche aber mehr als Verzicht, nämlich aktives Handeln. Aktuell sei der Wissensstand in Sachen Naturkatastrophen in Kärnten, Salzburg und dem Burgenland am höchsten, in Wien, Niederösterreich und der Steiermark gebe es „noch Aufholpotenzial“.

Oft Warnstufe Rot, noch viel öfter Orange

Im Vorjahr sei fast jede Gemeinde in Österreich (insgesamt sind es 2.093) zumindest einmal von einer Wetterwarnung betroffen gewesen, hieß es von der GeoSphere Austria. Für Sturm, Starkregen und Schnee habe es 187-mal die Warnung Rot und 12.291-mal Orange gegeben, Zehnmal wurde mit Rot („Gefahr“) vor heftigen Gewitterzellen gewarnt, 18.389-mal lautete die Warnung auf Orange („Achtung“). Stufe zwei auf der Viererskala, Warnstufe Gelb, bedeutet „Vorsicht“, Stufe eins, Grün, schließlich „keine aktive Wetterwarnung“.

Die Warnungen zeigten eine hohe Genauigkeit, so der wissenschaftliche Generaldirektor der GeoSphere Austria, Andreas Schaffhauser. Das sei sehr wichtig, denn: „Je besser und verständlicher Warnungen vor großen Wetterereignissen sind, desto ernster werden sie genommen, und desto größer ist die Chance, dass die Menschen darauf reagieren.“

Die GeoSphere Austria entstand im Vorjahr als meteorologischer, klimatologischer und geologischer Dienst durch die Zusammenlegung der früheren Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und der Geologischen Bundesanstalt.

Neue zentrale Datenbank und Tipps für den Ernstfall

Wichtig sei auch eine funktionierende Kooperation unterschiedlicher Stellen wie Wetterdienst, Katastrophenschutz und Lawinenwarndienst etwa im Pilotprojekt „Austrian Multi-Hazard impact-based Advice“ (AMAS), das in diesem Jahr ausgeweitet werden soll.

Trockenes Maisfeld bei Neusiedl am See
ORF.at/Viviane Koth
Auch Phasen langer Trockenheit (Bild aus dem Nordburgenland 2023) sind Teil der „neuen Realität“

Aktuell sei außerdem eine einheitliche Schadens- und Ereignisdatenbank namens CESARE im Entstehen, berichteten GeoSphere Austria, VVO und KFV. Bisher werden Katastrophenfolgen dezentral erfasst, in der Datenbank im Auftrag der Plattform Austrian Strategy for Desaster Risk Reduction (ASDR) sollen sie zentral zusammenfließen.

Die drei Organisationen geben auch Tipps für den Katastrophenfall, angefangen bei der Einlagerung von Vorräten (für 14 Tage) über das richtige Verhalten etwa bei Hochwasser und Erdbeben bis zu Erster Hilfe. Die Hausapotheke sollte immer mit dem Notwendigen bestückt sein, Erste-Hilfe-Kenntnisse regelmäßig aufgefrischt werden.

Enorme globale Schadenssummen

Die globalen Schäden durch Naturkatastrophen im Jahr 2023 hatte die Risikoversicherungsgesellschaft Münchener Rück (Munich Re), der größte Rückversicherer weltweit, zuletzt auf fast 230 Milliarden Euro geschätzt. Es seien nicht nur ganz große Katastrophen wie etwa Hurrikans gewesen, die die meisten Schäden verursacht hätten, sondern viele Ereignisse hätten sich aufsummiert.

2022 hatte allein der Hurrikan „Ian“ in der Karibik und den USA Schäden von umgerechnet über 90 Milliarden Euro angerichtet. Im vergangenen Jahr bestimmten Unwetter und schwere Gewitter mit Hagel die Naturkatastrophenbilanz, vor allem in Nordamerika und Europa. „Normale“ Unwetter allein hätten im Vorjahr einen Gesamtschaden – soweit erhoben – von knapp 70 Milliarden Euro verursacht.